Stand
AUTOR/IN
Julia Rubin
SWR3

„Was ihr Frauen beim Frisör macht, genießen wir beim Barbier – nur viel mehr!“ So klingt das, wenn Männer von ihrem Barbier schwärmen. Viele Männer kümmern sich dort um ihre Schönheit – und zwar stundenlang… und damit die Männer ihre Ruhe haben, sind beim Barbier in Ingelheim Frauen eigentlich verboten. SWR3-Reporterin Julia Rubin durfte ausnahmsweise dabei sein.

„Draußen ist genug Stress, hier drin ist kein Stress“ – das ist die Ansage von Barber Daniel über seinen Barbershop. Wer hier reinkommt, soll abschalten, sich Zeit nehmen, das Alltagschaos draußen lassen. Und damit das auch funktioniert, hat Daniel strenge Regeln aufgestellt.

Besuch im Barber-Shop (Foto: SWR3)

Regel Nr. 1: keine „Ladies“

Frauen dürfen in Daniels „Barberknecht“ nur rein, wenn sie was für ihre Männer kaufen wollen. Produkte oder Gutscheine, und danach – zack – wieder raus. Der Shop ist ein Rückzugsort für Männer, da haben wir Frauen nichts verloren. Dass ich als Reporterin ein paar Stunden hier verbringen darf, ist eine große Ausnahme, betont Daniel. Denn eigentlich sollen die Männer unter sich bleiben, dann reden sie anders und benehmen sich anders („Oder vielleicht einfach normal?“ frage ich mich).

Ab und zu läutet der Barber die goldene Glocke, dann gibt's Schnaps aufs Haus für alle, im Kühlschrank außerdem kühles Bier und an der Theke wird frischer Kaffee gekocht. Whiskey morgens um 10 Uhr? Auch kein Problem. Einen Schnaps – am Ende des Interviews – durfte ich mit den Jungs sogar mittrinken. Wahrscheinlich waren sie froh, dass ich danach endlich wieder gehen wollte.

Noch 'ne Regel: Handy aus und weg damit

Auch damit will Daniel klarmachen: Wer auf dem Stuhl des Barbiers sitzt, soll sitzen. Mehr nicht. Und wer das Handy trotzdem rausholt, zahlt 5 Euro in die Bierkasse. Daniel will, dass die Leute genießen. Vielleicht auch mit den Jungs reden, die noch auf dem Sofa sitzen und warten. Und es sitzen immer welche da und warten. Das gehört dazu.

An Tagen ohne feste Termine stehen die Leute in Ingelheim schon Schlange, bevor Daniel seinen Laden überhaupt öffnet. Fünf, sechs Jungs – keine Seltenheit. Wer zuerst da ist, kommt zuerst dran. Und die anderen? Müssen warten, bis zu 9 Stunden! Denn der Barbier lässt sich Zeit, um genau zu sein: zwei Stunden für Bart und Haare. „Das macht einen guten Barbier aus“, grinst Daniel. „Zeit nehmen und drauf achten, was dem Mann auf dem Stuhl guttut.“

Männer-Auszeit im Barbershop

Besuch im Barber-Shop (Foto: SWR3)
Barbershot im Barbershop? Je länger die Wartezeit, desto besser! Gehört beim Besuch im Barbershop dazu.

Die Kunden kommen aus Mainz, Frankfurt, Ingelheim und eine Kölner Männertruppe macht regelmäßig einmal im Monat einen Ausflug nach Ingelheim, einen schönen Tag im Barberknecht, so heißt der Laden von Daniel. Je länger die Wartezeit, desto mehr genießen sie es.

Daniel Hermes ist 33, gelernter Frisör, seinen Barbershop hat er Ende letzten Jahres eröffnet. Für Daniel ist das kein Beruf, sondern eine Berufung. „Barbier sein“ lebt er – und so kam es auch schon vor, dass Daniel bis 3 Uhr nachts Bärte und Haare geschnitten hat, die Warteschlange war einfach zu lang. „Aber wenn ich den Shop offiziell um 22 Uhr schließe, je nach Warteschlange schicke ich die Leute, die nach 18 Uhr kommen, auch wieder nach Hause. Sonst könnte ich bis zum nächsten Morgen durcharbeiten.“

„Was gibt es Besseres, als einfach mal meine Ruhe zu haben?“

Mike ist vor drei Stunden hierhergekommen, in zwei Stunden wird er an der Reihe sein. „Herrlich“, schwärmt er. „Ihr Frauen geht doch auch zum Frisör, dafür genießen wir Männer hier den Barbier – nur eben viel entspannter und länger“, sagt er. „Zuhause sind Frau und Kind und Ende August kommt Kind Nummer 2 – was gibt es Besseres, als hier einfach mal meine Ruhe zu haben?“

Wer die Wartezeit umgehen will, für den gibt es beim Barberknecht eigentlich auch feste Termine. Die für 2018 sind allerdings alle bereits ausgebucht. Und neue Termine für das nächste Jahr? Werden erst bei einem Special Event Mitte Oktober vergeben. Dann also doch einen Versuch starten an den sogenannten „Walk in“-Tagen, also die ohne Termin. Die sind ohnehin viel besser, denn wer will schon zum Barbier ohne die entspannte Wartezeit?

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Julia Rubin
SWR3

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