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AUTOR/IN
Kristian Thees
SWR3 Moderator Kristian Thees (Foto: SWR3)

Verfall einer Familie

Ich bin ein Fan von den Buddenbrooks, wenn auch erst im 3. Anlauf. Die ersten beiden Male hatte ich nur bis Seite 12 und bis Seite 22 geschafft. Aber es ist einen tolle Geschichte, die sich lohnt, vor allem weil der Kinofilm Anfang des Jahres die Geschichte so zerstückelt hat, dass sie überhaupt nicht mehr zu verstehen war.

Was ist so toll an diesem Buch (und ich bin kein Fan von Klassikern)?

Es ist die spannende Geschichte (wenn man erst mal bis Seite 80 geschafft hat). einer Kaufmannsfamilie in Lübeck über mehrere Generationen. Repräsentatives Stadthaus. Die Handelsgeschäfte laufen erfolgreich. Aber dann passieren Unglücke: Schiffe sinken, die Ernte wird verhagelt, es geht bergab, das Geld wird knapp, und all das nagt an der Familie.

Aber das eigentlich Herausragende an diesem Buch ist die Art und Weise, wie die Figuren beschrieben werden - mit viel Witz und Liebe zum Detail.

Zwei der schillerndsten Figuren sind die beiden Ehemänner von Antonie Buddenbrook, die sie nicht aus Liebe heiratet, sondern aus Pflichtgefühl dem Familiennamen gegenüber. Zum einen Bendix Grünlich, den Toni sofort verabscheut, weil er sich so geschwollen ausdrückt ("Das putzt ungemein"). Oder später der Bayer Alois Permaneder "kurzgliedrig und beleibt", der mit seinem überhängenden Schnurrbart etwas "seehundartiges" hat.

Oder die Leiterin des Mädchenpensionats Sesemi Weichbrodt, die immer sagt: "Sei glöcklich, du gutes Kend" und dann gibt es einen knallenden Kuss auf die Stirn, den alle Mädchen fürchten.

Das Buch hat ganz viel Humor. Thomas Mann spielt viel mit Dialekten: Französisch, Spanisch und natürlich auch Lübecker Niederdeutsch. Herrlich die Szene, als die einfachen Bürger plötzlich auf die Straße gehen und nach Revolution schreien ("Wi wull nu ’ne Republike, seg ick man bloß"), obwohl sie gar nicht wissen, was gemeint ist und Konsul Buddenbrook nur auf die Türschwelle tritt und zu dem Lagerarbeiter sagt: "Öwer du Döskopp ... Ji heww ja schon een!". Darauf die Erwiderung: "Je, Herr Kunsel, denn wull wi noch een." Und alles lacht.

Zugegeben, wenn dieses Buch zu Hause im Regal steht, "es putzt ungemein", aber noch besser ist es, dieses Buch zu lesen. Die Buddenbrooks.

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