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Kim Patro
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Stefan Scheurer
Stefan Scheurer (Foto: SWR3)

Ein Chatbot mit künstlicher Intelligenz löst Aufgaben besser als mancher Mensch. Er kann zum Beispiel Hausaufgaben erledigen – oder eine Rede für den Stadtrat in Landau schreiben.

Wahrscheinlich hast du schon mal mit einer Hotline telefoniert oder mit einem Chatbot geschrieben, um ein Problem zu lösen. Oft bleibt das ohne Erfolg – selbst Alexa und andere bekannte Sprachassistenten scheitern häufig an ihren Aufgaben. Das kann sich bald ändern: mithilfe von künstlicher Intelligenz – auch KI genannt.

Warum ChatGPT eine Revolution ist

ChatGPT gilt als nächste große Revolution, denn das Chat-System gibt nicht nur passende Antworten auf Fragen. Es ist kreativ. Man kann mit ihm Bewerbungsgespräche üben, Fahrradbremsen reparieren oder fragen, welcher Kaffeevollautomat der beste ist – abgestimmt auf die eigenen Vorlieben. Jede Antwort ist einzigartig. Jede Frage wird außerordentlich gut verstanden, fast schon beängstigend.

Stadträtin trägt Haushaltsrede vor, die von einem Chatbot geschrieben wurde

Die Landauer Stadträtin Katharina Kerbstat (Die Partei) hat sich für ChatGPT etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Sie hat den Chatbot gebeten, eine Rede für sie zu schreiben. Dafür gab sie der KI bestimmte Schlagwörter wie zum Beispiel „Haushaltsrede“, „Klima“ oder „Herausforderungen“ mit auf den Weg. Das Ergebnis: ein 440 Wörter langer Text, den Kerbstat bei der Stadtratsitzung vorstellte. Die Rede gibt es hier zum Nachlesen.

Sind die Möglichkeiten mit ChatGPT grenzenlos?

Wer sich die Videos im Netz zum Können von ChatGPT ansieht, versteht sofort, dass unendlich viele Einsatzzwecke entstehen können: ChatGPT ist der kreative Hilfsarbeiter, den nichts überfordert. Ein Problem in Excel lösen? Dieses Youtube-Video zeigt in gerade Mal ein paar Minuten die dramatische Stärke von ChatGPT.

Screenshot aus einem YouTube-Video, links ist eine Excel-Tabelle zu sehen, rechts die Beauftragung von ChatGPT, damit er das Excel programmiert. (Foto: YouTube-Kanal Jakob Neubauer https://www.youtube.com/watch?v=ch3oSMrQQgY)
Genau das ist die Revolution: ChatGPT unterhält sich nicht nur mit dir. Wenn du möchtest, kann die künstliche Intelligenz auch programmieren wie hier bei Excel. Du musst nur schreiben, was du genau brauchst. Vom Kochrezept bis zur Hochzeitsansprache ist alles möglich – und wenn sie nicht witzig genug ist, bittest Du ChatGPT, sie nochmal witziger zu machen.

Na klar! Das Tool kann nicht nur Texte zusammenfassen, sondern sogar der einen Schülerin eine andere Zusammenfassung liefern als dem anderen Schüler. Zudem lassen sich beliebige Fragen eintippen, und schon kommt eine kreative, intelligente Antwort.

OpenAI führt Premium-Modell von ChatGPT ein

ChatGPT ist grundsätzlich kostenfrei nutzbar. Laut dem Entwickler OpenAI wird das auch so bleiben. Allerdings testet der Betreiber OpenAI gerade ein Premium-Modell mit dem Namen „ChatGPT Plus“ in den USA. Der Service kostet 20 US-Dollar im Monat und bietet den Nutzern unter anderem einen verbesserten Zugang zu den ChatGPT-Diensten und schnellere Antwortzeiten. Wann das Premium-Angebot nach Deutschland kommen wird, ist nicht bekannt.

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Interview mit Emanuel Bayer von der DHBW Mannheim

Das, was ein Bot macht – Daten sammeln und servieren – ist das Fachgebiet von Emanuel Bayer. Er ist Professor für datengetriebenes Marketing an der DHBW Mannheim. Im Interview erklärt er uns, was mit KI möglich ist und wo die Grenzen liegen:

SWR3: „Werden wissenschaftliche Arbeiten durch KI ab sofort obsolet?“

Bayer: „Na ja, momentan würde ich noch nicht so weit gehen, zumindest noch nicht basierend auf der aktuellen Version ChatGPT, die wir zur Verfügung haben. ChatGPT wurde vor allen Dingen mit frei verfügbaren Texten aus dem Internet trainiert. Das heißt, ich gehe stark davon aus, dass beim Training von ChatGPT nur wenige frei verfügbare wissenschaftliche Quellen herangezogen wurden.

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ChatGPT macht wissenschaftliche Fehler – und flunkert

In diesem Zusammenhang ist übrigens eine Sache interessant: Wenn man ChatGPT bittet, einen Text zu verfassen und den mit wissenschaftlichen Quellen zu belegen, dann macht er das auch und erstellt sogar ein Literaturverzeichnis. Und das sieht auch ziemlich echt aus. Wenn man dann aber mal ein bisschen nachforscht, stellt man fest, dass es die Publikationen, die da angegeben werden, gar nicht gibt. Also fällt man doch auf die Schnauze, wenn man das für seine Bachelorarbeit zum Beispiel nutzt.

SWR3: „Wenn man die künstliche Intelligenz mit den richtigen Infos füttert, wäre es doch nur eine Frage der Zeit, bis es auch bei wissenschaftlichen Arbeiten funktionieren könnte?“

Bayer: Ja. Microsoft hat angekündigt, 10 Milliarden in die Firma von ChatGPT, OpenAI, zu investieren. Mit 10 Milliarden kann man schon einiges machen, mal ganz theoretisch.

In dieser Abbildung sind die auf einem Telefonbildschirm angezeigte ChatGPT-Website und das auf einem Bildschirm im Hintergrund angezeigte Microsoft-Logo zu sehen (Foto: IMAGO, s)
Die Antworten sind kreativ, aber der Bot kann schon auch mal flunkern, wenn es um die Wahrheit geht.

Sollte sich Microsoft überlegen, den gesamten Wissensstand, den wir in der Menschheit haben – also alle Fachbücher, alle wissenschaftliche Zeitschriften – zu nutzen, um diese KI zu trainieren, dann kann es natürlich in Zukunft schon eine Situation geben, in der gerade solche Passagen von wissenschaftlichen Arbeiten wie zum Beispiel die Literaturübersicht besser von dem Chatbot geschrieben werden kann als von den meisten natürlichen Personen.

Aber in wissenschaftlichen Arbeiten wollen wir in der Regel Neues herausfinden. Wir wollen unsere Forschungsfragen beantworten. Und genau das bleibt meines Erachtens auch künftig den Menschen überlassen. Das heißt: Die Aufgabe, neue Erkenntnisse zu generieren, die wird uns ChatGPT nicht abnehmen können.

Schüler nutzen ChatGPT bereits für Hausaufgaben

Auch Schulen sind schon nervös, denn Abschreiben bei Wikipedia war gestern: Der Bayerische Realschullehrerverband fordert, dass Lehrkräfte im Umgang mit künstlicher Intelligenz geschult werden. Bildungsexperte Armin Himmelrath dazu im SWR3-Interview:

SWR3: „Ist es denn überhaupt realistisch, jetzt mit Schulungen als Lösung zu kommen? Das Deutsche Bildungssystem ist ja nicht gerade berühmt für seine Schnelligkeit.“

Himmelrath: Man muss ja sagen, dass dieser Ruf nach Schulungen eigentlich ein guter ist und ich fast erwartet hätte, dass erstmal alle sagen: ‚Um Gottes Willen, wir müssen ChatGPT irgendwie stoppen. Wir müssen es verbieten. Wir müssen es aus den Schulen raushalten!' Dass jetzt aus Lehrer- und Lehrerinnen-Verbänden heraus die Anregung kommt, „wir sollten uns darüber wirklich dringend Gedanken machen“, das ist eigentlich ein gutes Signal.

SWR3: „Jetzt haben wir aus New York gehört, dass ChatGPT von öffentlichen Schulen verbannt werden soll, sonst würden die Schüler keine kritischen Denk- und Problemlösungsfähigkeiten aufbauen. Ist das realistisch, so etwas einfach zu verbieten?“

Himmelrath:Nein, das lässt sich natürlich auf Dauer nicht verbieten. Und wir sehen das ja zum Beispiel an Schulen, die bis heute versuchen, Handyverbote auf dem Schulhof aufrechtzuerhalten. Das funktioniert wirklich nur bedingt. Und genauso wird das natürlich mit ChatGPT auch laufen. Wenn wir sagen ‚das verhindert das selbständige Denken', kann man es natürlich auch andersrum drehen und sagen: Es zeigt, wo bisher selbständiges Denken nicht nötig war.

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SWR3: „Sie sehen es also auch als Chance. Wie finden wir denn diesen Umgang mit KI im Bildungssystem? Das klingt ja so, als sei das bald nicht mehr zu trennen?“

Himmelrath: Ich glaube, das ist schon heute nicht mehr zu trennen. Denn auch wenn wir das noch nicht ‚künstliche Intelligenz' nennen: Wir haben ja alle schon mit dem Handy einen hochleistungsfähigen Computer in der Tasche. Schülerinnen und Schüler nutzen das natürlich. Wenn die Mathelehrerin schlecht erklärt oder der Physiklehrer, dann gehen sie halt auf Youtube und schauen sich da die Filme an und holen sich die Infos – und auch die Didaktik, die sie brauchen.

Von daher sehe ich es ehrlicherweise gar nicht so kritisch. Man muss ein bisschen aufpassen, dass die Politik nicht hergeht und das kapert. Ich weiß, dass es in Bayern zum Beispiel seit längerem schon ein Pilotprojekt zu KI in der Schule gibt. Da sollten sich 15 Schulen schon mal damit beschäftigen. Bis heute haben wir außer dieser Ankündigung des bayerischen Schulministeriums vor etlichen Monaten dazu nicht viel mehr gehört. Und das ist eher ein Zeichen dafür, dass die Schulen damit möglicherweise auch ein bisschen alleine gelassen werden.

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