Die Skala auf dem PCR-Test
Viele Menschen infizieren sich mit dem Coronavirus, aber nicht alle sind gleich ansteckend. Es kann sein, dass wir engen Kontakt zu Menschen hatten, die das Virus in sich trugen und uns trotzdem nicht anstecken. Genauso kann es passieren, dass wir uns bei Menschen anstecken, die wir nur kurz und mit Abstand gesehen haben. Das Ansteckungspotenzial ist unterschiedlich und wird im Zuge des PCR-Tests ermittelt: durch den sogenannten CT-Wert (übersetzt: Cycle-threshold-Wert). Was er genau bedeutet und wieso der CT-Wert in der Praxis eher als Richtwert verstanden werden sollte, haben wir die SWR-Wissenschaftsredaktion gefragt.
- Was bedeutet die CT-Wert-Skala?
- Sind Absonderung und Quarantäne vom CT-Wert abhängig?
- Wie schnell steigt der Wert bei einer Infektion?
- Wie lange bin ich nach einer Infektion noch ansteckend?
- Wie verlässlich ist der CT-Wert?
- Ab welchem Wert schlagen Schnelltests an?
- Kommen strengere Corona-Regeln bei einem niedrigeren CT-Wert?
- Skala: Kann ich bei einem hohen CT-Wert (>30) noch anstecken?
- Habe ich bei Omikron automatisch einen niedrigen CT-Wert?
- Sind CT-Werte vergleichbar?
- Sind meine Symptome bei einem niedrigen CT-Wert stärker?
SWR3-Reporter Josh Kochhann hat im Januar ein Labor besucht, das PCR-Tests auswertet. Laborleiter Dr. Peter Gohl erklärt, wie der CT-Wert ermittelt wird, und unter welchen Bedingungen das Labor seit dem Aufkommen der Omikron-Variante arbeitet:

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Reportage: So läuft eine PCR-Analyse im Labor
Was bedeutet die Skala beim CT-Wert?
Eine Probe wird im Labor nicht nur einmal, sondern gleich mehrmals untersucht. Der CT-Wert gibt an, wie viele Durchläufe nötig waren, um die Viren nachzuweisen. Je mehr Zyklen nötig sind, desto geringer ist also die Viruslast. Ein niedriger CT-Wert weist im Umkehrschluss darauf hin, dass eine hohe Viruslast festgestellt wurde. Sie wurde schon bei den ersten Messzyklen erkannt. Bei einem CT-Wert größer als 30 wird die Viruslast als sehr gering eingestuft.
Der CT-Wert ist die aktuell einfachste und günstigste Methode, um die Viruslast zu überschlagen, aber er hat eine gewisse Ungenauigkeit.
Ab einem sehr hohen CT-Wert wird das Ergebnis weiter uneindeutig, beispielsweise bei Messwerten wie 50 oder 60. Mehr Messzyklen werden in Laboren deshalb aber auch nicht durchgeführt.
Spielt der CT-Wert eine Rolle bei der Absonderung, Quarantäne- oder Isolationszeit?
Die Absonderungsregel hat Quarantäne- und Isolationsregelungen abgelöst. Sie werden einheitlich behandelt:
Wer sich mit dem Corona-Virus infiziert hat, muss sich in „Absonderung“ begeben. Das heißt: für fünf Tage so gut es geht zuhause bleiben und den Kontakt zu anderen Menschen einschränken. Das eigene Heim darf unter Auflagen allerdings auch verlassen werden: Wer eine Maske trägt und 1,5 Meter Abstand hält, darf auch positiv getestet raus. Eine vollständige Isolation wird nicht mehr vorgeschrieben.
CT-Wert unter 30: Wie lange muss ich in Absonderung?
Wer sich nachweislich infiziert hat und in Absonderung ist, kann einen PCR-Test machen. Sollte der negativ sein, darf man die Absonderungsmaßnahmen beenden. Aber: Auch wenn der PCR-Test wieder positiv ausfällt, kann ein Ende drin sein. Das ist nämlich bei einem CT-Wert von über 30 der Fall. Dann gilt die Viruslast als so gering, dass man als nicht mehr ansteckend gilt. Der CT-Wert hat also durchaus einen Einfluss auf die Dauer der Absonderung.
Achtung: Kein CT-Wert bei „PoC-NAT“-Tests!
Sogenannte PoC-NAT-Tests scheinen für viele eine schnelle Alternative zum PCR-Test zu sein: Schon nach 15 Minuten liefern sie das Ergebnis und sind dabei zuverlässiger als Schnelltests. Die Probe muss nicht erst in ein Labor geschickt werden, sondern kann mithilfe eines speziellen Geräts direkt in der Teststelle analysiert werden. David Beck erklärt, was das für Tests genau sind:

Highlights anhören Was können PoC-NAT-Tests?
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In Apotheken, bei Teststellen oder auch in Flughäfen werden Tests angeboten, die ähnlich wie PCR-Tests sind, aber eben PoC-NAT heißen. Dabei braucht es keine Laboruntersuchung, sondern nur ein mobiles Gerät. David Beck aus der SWR3-Wissenschaftsredaktion erklärt die Unterschiede.
Das klingt prinzipiell gut, hat aber einen Haken: Über PoC-NAT-Tests kann keine Viruslast ermittelt werden. Über ein positiv-negativ Ergebnis geht der Test also nicht hinaus. Ein PCR-Test kann damit nicht ersetzt werden. Außerdem wird der Test nicht in allen Ländern anerkannt. SWR Aktuell geht in einem Beitrag ausführlich auf die Unterschiede zwischen PCR und NAT ein:
Engpass bei der Corona-Testung PoC-NAT-Test: Schnelle Alternative zum PCR-Test?
In der Diskussion um Corona-Tests scheinen PoC-NAT-Tests Vorteile zu bieten. Anbieter versprechen ein Ergebnis, das fast so sicher wie ein PCR-Test ist und schon nach 15 Minuten vorliegt.
Verlauf des CT-Werts: Wann steigt und sinkt er bei einer Infektion?
Direkt nach einer Infektion ist die Viruslast meistens noch ein paar Tage sehr niedrig und steigt dann sehr schnell an. Deshalb werden Infektionen in den ersten Tagen meist gar nicht erkannt. Wer sich am Folgetag noch einmal testet, kann schon ein ganz anderes Ergebnis bekommen. In ein paar Stunden könne sich die Viruslast deutlich erhöhen, erklärt David Beck. Die Viruslast sinkt nach diesem schnellen Anstieg nur langsam. Bis ein Test wieder negativ ist, kann es also dauern. Wie schnell sich die Viruslast ändert, ist von Person zu Person aber unterschiedlich und kann nicht allgemeingültig gesagt werden.
Fünf Tage Absonderung: Wie lange bin ich nach einer Infektion noch ansteckend?
Fakt ist: Nur weil die vorgeschriebene Absonderungszeit um ist, heißt das nicht, dass auch das Virus nicht mehr weitergegeben werden kann. Bis keine infektiösen Viren mehr weitergegeben werden, vergeht einige Zeit – und die ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Verschiedene Faktoren können das beeinflussen:
- Die Virenlast: Ist jemand stark erkrankt und trägt viele Viren in sich, ist der Körper länger beschäftigt als bei einer sehr geringen Virenlast.
- Außerdem spielt das Immunsystem eine Rolle: Wie schnell kann es die Viren bekämpfen? Wer ein eher schwaches Immunsystem hat, trägt länger Viren in sich und kann die deshalb auch länger weitergeben.
- Auch die jeweilige Corona-Variante beeinflusst die Ansteckungsdauer. Die Omikron-Varianten sitzen beispielsweise eher im oberen Rachenraum, bei anderen Varianten ist dagegen die Lunge stärker belastet. Je höher die Viren im Rachenraum sitzen, desto leichter können sie auch bei einer geringen Viruslast an andere Menschen übertragen werden.
Eine Impfung sorgt übrigens auch nicht dafür, dass das Virus nicht weitergegeben werden kann. Hier wird zwischen „klinischer Immunität“ und „steriler Immunität“ unterschieden:

Highlights anhören Kann ich andere nach meiner Impfung noch anstecken?
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Die Impfung sorgt für einen milderen Verlauf, aber wirkt sie sich auch auf die Infektionsgefahr aus?
Genauigkeit des CT-Werts: (kein) berechtigter Zweifel am Labor-Ergebnis?
PCR-Tests werden in Laboren unter den bestmöglichen Bedingungen durchgeführt – kein Vergleich zur Analyse zuhause auf dem Küchentisch. Das liegt nicht nur an den Geräten, die dabei zum Einsatz kommen, sondern auch an der sterilen Testumgebung. Was das Labor aber nicht ändern kann, ist die Durchführung des Tests. Hier lauern also trotzdem Fehlerquellen. PCR-Tests werden von geschultem Personal durchgeführt – auch das können die meisten Haushalte vor der Arbeit oder Schule zuhause nicht leisten. Das Restrisiko besteht aber: Sollte die Probe für den PCR-Test falsch genommen werden, kann am Ende auch ein falscher CT-Wert auf dem Papier stehen.
So oder so muss man sich aber in Erinnerung rufen, was der CT-Wert bedeutet: Er gibt lediglich die gemessene Virenlast an. Auf dieser Basis Schlüsse auf das Pandemiegeschehen zu ziehen, ist laut eines Forscherteams der Universität Duisburg Essen nicht ratsam. In einer Studie haben sie nämlich festgestellt, dass eine durchschnittlich höhere Virenlast nicht unbedingt heißt, dass wieder Geschäftsschließungen oder Lockdowns kommen müssen.
Ab welchem CT-Wert schlägt ein Schnelltest an?
Zunächst ist wichtig, zu unterscheiden, um welche Art von Test es sich handelt. Das Paul-Ehrlich-Institut unterscheidet zwischen PCR-Tests und Antigen-Tests, den sogenannten Schnelltests.
PCR-Test: Dabei kann ein sensitiver Nachweis einer Infektion, auch bei niedriger Viruslast im Nasen- oder Rachenraum, erfolgen. Bei einem CT-Wert von 25, das entspricht 106 Viruspartikeln pro Milliliter in der Probe, kann schon eine Infektion nachgewiesen werden. Das Ergebnis des Tests liegt nach etwa 24 Stunden vor.
Antigentest oder Schnelltest: Bei diesem Test muss die Viruslast höher sein und einen CT-Wert von unter 25 aufweisen. Das Ergebnis liegt nach etwa 30 Minuten vor.
Strengere Corona-Regeln, wenn viele Menschen einen niedrigen CT-Wert haben?
Das könnte man meinen! Wenn viele Menschen in der Gesellschaft eine hohe Virenlast in sich tragen, müssten doch auch Regeln zur Pandemiebekämpfung wiederkommen! Dass es so einfach nicht ist, zeigt eine Studie der Universität Duisburg Essen. Fachleute haben rund 190.000 Proben untersucht und kamen zu einem überraschenden Ergebnis: Unter den positiv getesteten Personen waren fast 78 Prozent wahrscheinlich nicht mehr ansteckend. Trotzdem steigt mit diesen positiv getesteten Menschen aber die 7-Tage-Inzidenz. Diese Inzident reiche deshalb nicht als Maßstab, um Maßnahmen zu beschließen, findet Epidemiologe Andreas Stang:
Geeigneter wären zum Beispiel verlässliche Angaben zur Intensivbetten-Belegung sowie zur Mortalität, also zu der jeweiligen Zahl der Todesfälle in Zusammenhang mit Covid-19.
Das Robert Koch-Institut (RKI) widerspricht auf diese Aussage nicht und weist auf Anfrage der Tagesschau darauf hin, dass zur „Bewertung der Lage – neben der Inzidenz – schon immer verschiedene weitere Faktoren mit einbezogen“ würden. Das Institut verweist unter anderem auf Situationsberichte zur pandemischen Lage.
Das Bundesgesundheitsministerium stellte allerdings klar, dass die 7-Tage-Inzidenz trotzdem eine zentrale Rolle habe, weil „zwischen der Sieben-Tage-Inzidenz und anderen für die Beurteilung des Pandemiegeschehens relevanten Faktoren eine Korrelation besteht, so dass der Inzidenzwert auch diese Faktoren mit abbildet.“
Skala: Kann ich bei einem hohen CT-Wert (>30) noch jemanden anstecken?
Das Prinzip hinter dem CT-Wert: Je kleiner der Wert, desto höher die Virenlast im Körper. Eigentlich klingt es logisch, dass Menschen mit nur wenigen Viren im Körper auch mit viel geringerer Wahrscheinlichkeit ansteckend sind. Grundsätzlich gilt aber auch: Wer Viren in sich trägt, kann sie auch weitergeben. Ein Wert über 30 heißt deshalb nicht automatisch, dass man andere Menschen nicht mehr anstecken kann.
Beim Norovirus können zehn Viren ausreichen, um eine Infektion auszulösen. Solange ich noch Viren ausstoße, kann ich auch andere anstecken, wenn es schlecht läuft. Es wird aber immer unwahrscheinlicher.
Man sollte sich deshalb des Risikos bewusst sein. Masken und Abstand zwischen den Personen verringern die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung. Grundsätzlich gibt es aber die Möglichkeit einer Ansteckung. Gerade wer mit Risikopatienten zu tun hat, sollte sich dessen nochmal mehr bewusst sein.
Habe ich mit Omikron einen niedrigen CT-Wert?
Die Omikron-Variante ist ansteckender. Das heißt, es kann schneller zu einer Infektion kommen. Sie setzt vor allem an den oberen Atemwegen an und muss nicht erst tief in die Lunge eingeatmet werden. Und genau dort, in den oberen Atemwegen, wird die Probe genommen. Weil sich hier mehr Viren befinden als bei früheren Varianten, kann es durchaus zu einem niedrigeren CT-Wert kommen.
Die Corona-Variante steht aber gar nciht unbedingt auf dem PCR-Test. Das liegt daran, dass Labore nicht alle Proben auch auf Varianten testen. Was hier Vorgaben sind und warum Labore so vorgehen, erklärt Dr. Peter Gohl:

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Bei der Analyse von Proben aus PCR-Tests wird eine mögliche Viruslast bestimmt und in Form des Ct-Werts festgehalten. Aber werden auch alle Proben auf die Corona-Varianten getestet?
Sind CT-Werte vergleichbar?
Die CT-Werte, die auf den PCR-Testergebnissen stehen, wurden in Laboren mit wissenschaftlichen Methoden ermittelt. Das bedeutet: Die Messungen entstehen unter den besten Bedingungen, die eben machbar sind. Unter klinischen Bedinungen werden so viele Fehlerquellen wie möglich ausgeschlossen und die Testungen finden unter ähnlichen Bedingungen statt. David Beck sagt dazu:
Sie sind aktuell das beste Mittel für uns, um Viruslasten zu vergleichen.
Im gleichen Atemzug weist er aber auch darauf hin, dass dieser Vergleich eher grob sei. Für einen genaueren Vergleich müsse man exakt gleiche Bedingungen schaffen. Das geht über die Standards im Labor hinaus: Zum Beispiel, die zu vergleichenden Proben gleichzeitig und in der selben Maschine untersuchen. Da diese Bedingungen aber nicht geleistet werden können, müssen die Ungenauigkeiten in Kauf genommen und bei Vergleichen berücksichtigt werden.
Sind meine Symptome bei einem niedrigen CT-Wert stärker?
Omikron sitzt eher in den oberen Atemwegen. Das kann bedeuten, dass ich einen niedrigen CT-Wert habe, weil ich im Rachen und der Nase mehr Viren habe, aber kaum welche in der Lunge. Das ist dann vergleichsweise ungefährlich. Erkältungssymptome können zwar sehr stark sein, die Lunge selbst wird aber weniger angegriffen.
Die Delta-Variante saß eher in der Lunge. Mit wenig Viren im Rachen war also ein hoher CT-Wert möglich. Aber die vielen Viren in der Lunge werden im Test nicht erkannt und können starke Symptome hervorrufen, beispielsweise Atemnot und Lungenentzündung. Wenn die Viren bis zum Herzmuskel kommen, kann es sein, dass der Test schon lange negativ ist, und es trotzdem zu einer Herzmuskelentzündung kommt. Stark können die Symptome also in beiden Fällen sein, aber eben anders.
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