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Ferdinand Vögele
Ferdinand Vögele (Foto: SWR3)

Bundesweit sollen gefälschte Impfpässe über den Messengerdienst Telegram zum Verkauf angeboten werden – das hat das ARD-Politikmagazin Report Mainz herausgefunden und mit einem der Händler gesprochen. Der sagt, er wolle seine Grundrechte zurück.

Die zwei gefälschten Impfpässe, die Report Mainz vorliegen, sehen täuschend echt aus: Es handelt sich dabei um die gelbe internationale Bescheinigung über Impfungen – mitsamt Stempel vom Impfzentrum Frankfurt und zwei Aufklebern mit der Aufschrift „Comirnaty“, also dem Impfstoff von Biontech/Pfizer. Auch die Chargennummer fehlt nicht.

Gefälschte Impfpässe werden in Telegram beworben

Laut der Recherche werden die Impfpässe in ganz Deutschland zum Verkauf angeboten. In Telegram-Gruppen werden sie auf Fotos gezeigt und beworben. Die Stempel, die ebenfalls zu sehen sind, zeigen, dass die Pässe aus großen deutschen Impfzentren kommen. Sie stammen zum Beispiel aus Bonn, Frankfurt, aber auch Augsburg Frankenthal – aber auch Impfpässe aus Düsseldorf und München werden angeboten.

Report Mainz hat mit einem Händler gesprochen

Er wolle sich selbst nicht impfen lassen aber trotzdem seine Grundrechte zurück, sagt ein Händler, den Report Mainz ausfindig machen konnte. Dabei prahlt er, „Land unter mit Anfragen“ zu haben. An einem Tag habe er mehr als 30 Stück verkauft. Seine Kunden kämen aus dem gesamten Bundesgebiet.

Experten: Das ist gewerbsmäßiger Betrug

Laut Experten handelt es sich dabei um gewerbsmäßigen Betrug. Auf Nachfrage von Report Mainz erklärt das Landeskriminalamt Hessen, man habe den Handel mit gefälschten Corona-Impfbescheinigungen im Fokus und werde dagegen „selbstverständlich strafrechtlich ermitteln“.

Sowohl das Herstellen, das Vertreiben, aber auch die Nutzung solcher gefälschten Gesundheitszeugnisse ist strafbar.

Wer einen gefälschten Impfausweis nutzt, macht sich strafbar

Sowohl das Herstellen, das Vertreiben, aber auch die Nutzung solcher gefälschten Gesundheitszeugnisse sei strafbar. Außerdem erklärt das LKA Hessen, dass Blanko-Impfpässe freiverkäuflich seien. Diese Tatsache führe zum vermehrten Angebot gefälschter Zeugnisse.

In den Impfzentren ist man geschockt

Michael Heiland, städtischer Leiter des Impfzentrums Frankfurt ist geschockt und erklärt: „Ich habe mir nicht vorstellen können, dass es so was gibt.“ Auch Benedikt Hart, Leiter des Impfzentrums von Seiten des Deutschen Roten Kreuzes, wusste nicht, dass gefälschte Impfpässe, die als Originale aus dem Frankfurter Impfzentrum gehandelt werden, im Netz angeboten werden. Er sagt: „Das ist beschämend, das ist furchtbar, ich kann es gar nicht fassen, ich bin sprachlos.“ Er konnte direkt erkennen, dass die Pässe gefälscht sind und erklärte gegenüber Report Mainz, dass man im Impfzentrum andere Stempel verwenden würde.

Das ist beschämend, das ist furchtbar, ich kann es gar nicht fassen, ich bin sprachlos.

Jeder Arzt im Impfzentrum habe einen eigenen Stempel – mit einer nur ihm zugeteilten Nummer, die das Impfzentrum auch nicht verlasse. Doch das könne nur er erkennen. Direkt vor Ort kündigten die Verantwortlichen von Stadt und DRK an, dass sie Anzeige erstatten werden.

Wie können Fälschungen von Impfausweisen verhindert werden?

Als Report Mainz das hessische Innenministerium mit der Recherche konfrontiert hat, hat das Ministerium auf den digitalen Impfpass verwiesen, den die Bundesregierung in Auftrag gegeben hat. Er solle die Fälschungssicherheit erhöhen. Außerdem werde die in allen Impfzentren und auch den Arztpraxen dokumentiert und digital archiviert.

Auch das Impfzentrum Frankenthal fordert, dass fälschungssichere Dokumente ausgestellt werden müssten, falls mit einer Impfung Privilegien einhergehen.

Aus weiteren Impfzentren heißt es außerdem, dass die Ärzte unterschiedliche Stempel nutzen. Oftmals lassen sich diese aber nur von den Fachkundigen vor Ort erkennen. Im Restaurant oder bei Grenzkontrollen, wird es allerdings schwierig, die Fälschung sofort zu erkennen.

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