Die Aussagen des Ärztlichen Direktors, Chefarzt Mathias Mengel vom Klinikum Oberlausitzer Bergland in Zittau, haben am Mittwoch für Aufsehen gesorgt. Mengel hatte dem Portal t-online gesagt: „Wir waren in den vergangenen Tagen schon mehrere Male in der Situation, dass wir entscheiden mussten, wer Sauerstoff bekommt und wer nicht.“
Es werde versucht, die Patienten, für die es keine Versorgung gibt, in eine andere Klinik zu verlegen. „Aber wir sind im Epizentrum, manche Häuser nehmen gar nicht mehr auf.“ Die Entscheidung könne auch bedeuten, dass es für einen nicht verlegungsfähigen Patienten dann keine entsprechende Hilfe mehr gebe.
Corona-Notstand: jede sechste Pflegekraft im Krankenstand
Die Klinik selbst ging in einer Stellungnahme am Mittwoch weniger auf die Mengel-Aussagen ein, machte viel mehr klar: „Die Situation in unserem Haus ist ernst“. Zwar gebe es aktuell circa 100 Behandlungs-Betten für Corona-Patienten. Allerdings könne man die nicht voll belegen, weil das nötige Personal fehle – von 600 Pflegekräften seien etwa 100 im Krankenstand.
Stattdessen müssten die Behandlungsmöglichkeiten patienten- und kapazitätsentsprechend eingesetzt werden. Dabei gehe es um einfache Sauerstoffzufuhr, Nutzung von Beatmungsgeräten, Beatmung über Intubation oder im Falle jüngerer und verlegungsfähiger Patienten auch die Verlegung in andere Krankenhäuser.
Einige Medien hatten am Mittwoch berichtet, dass in der Klinik in Zittau Patienten verstorben seien, weil sie keinen Sauerstoff bekommen hätten. „Es wurde auch berichtet, dass uns der Sauerstoff ausgegangen sei – das ist aber nicht der Fall“, sagte Jana-Cordelia Petzold vom Gesundheitszentrum des Landkreises Görlitz SWR3.
Klinikum: Missverständnis in der Corona-Berichterstattung
Petzold spricht von einem Missverständnis in der Berichterstattung. Denn es gibt einen Unterschied zwischen einer unterstützenden Sauerstoffgabe und einer sogenannten Triage. Die Aussagen des Ärztlichen Leiters seien auf eine unterstützende Sauerstoffgabe bezogen gewesen.
Bei einer Triage wird entschieden, wie unter den eingeschränkten personellen Ressourcen situationsgerecht jedem Patienten die bestmögliche Therapie zuteil wird. Zudem erhalten alle schwer erkrankten Patienten oder deren Angehörige bei Aufnahme ein Einstufungsblatt, in dem festgelegt werden kann, ob aus Sicht des Patienten die komplette Bandbreite der therapeutischen Optionen oder möglicherweise eine abgestufte Therapieintensität gewünscht wird.
Leitstelle Ostsachsen: Kein bekannter Triage-Fall in Sachsen
Momentan sei die Lage in Sachsen zwar angespannt, einige Krankenhäuser seien auch an der Kapazitätsgrenze. Aber es gebe noch freie Intensiv-Betten auf Corona-Stationen in Sachsen, bestätigte Holger Ostermeyer vom Uniklinikum Dresden SWR3.
Im Uniklinikum sitzt auch die Krankenhausleitstelle für Ostsachsen. „Wir Koordinieren unter anderem die Verlegungen von COVID-19-Patienten in andere Kliniken, wenn ein Krankenhaus des Clusters Dresden/Ostsachsen keine freien Betten mehr hat. Aber wir hatten bis jetzt unseres Wissens nach noch keinen Fall von Triage-Überlegungen in Sachsen.“
Landkreis Görlitz mit Corona-Inzidenzwert über 600
Der Landkreis Görlitz, in dem Zittau liegt, ist einer der Corona-Hotspots in Deutschland. Das Robert-Koch-Institut teilte am Donnerstagmorgen mit, der Landkreis Görlitz und zwei weitere Landkreise seien mittlerweile bei einem Inzidenzwert von über 600. Das bedeutet: Bei 252.000 Einwohnern im Landkreis Görlitz ist bei mehr als 1.500 in den letzten sieben Tagen eine Infektion dem Corona-Virus nachgewiesen worden.
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