Die Lage in Sachsens Krankenhäusern wird wegen der angespannten Corona-Situation immer schlimmer. Jetzt muss sich der Freistaat laut Landesärztekammer auf eine Triage vorbereiten. Es stünden nur noch wenige Betten auf den Intensivstationen zur Verfügung, sagte Kammer-Präsident Erik Bodendieck NDR Info.
Wenn sich daran nichts ändere, müsse über eine Auswahl nachgedacht werden, wer behandelt werde und wer nicht. „Wir müssen triagieren und das werde ich diese Woche mit meinen Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken noch mal besprechen.“ Sachsen sei in jedem Fall auf die Hilfe anderer Bundesländer angewiesen.
Auch in Österreich ist die Lage besorgniserregend. Seit Montag gilt im ganzen Land ein Lockdown, im Bundesland Salzburg sind die Intensivstationen so überlastet, dass die erste Klinik ein sechsköpfiges Triage-Team zusammengestellt hat.
Triage: Was ist das?
Unter dem Begriff Triage versteht man, dass Mediziner wegen knapper Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen. Laut einem Sprecher der Kliniken soll das Team künftig darüber beraten, wer noch intensivmedizinisch behandelt werden kann und wer nicht.
Im schlimmsten Fall muss das Team also entscheiden, wer noch gute Überlebenschancen hat und wem vermutlich nicht mehr geholfen werden kann. Wie genau eine Triage abläuft, erklärt Lungenarzt Jens Mathews im Video.
Triage: Wie wird darüber entschieden?
Ist eine Klinik gezwungen, eine Triage anzuwenden, dann entscheiden mehrere Faktoren. Entscheidend ist unter anderem, wie viele Patienten mit schweren Symptomen in einer Klinik liegen und wie schlecht ihr Zustand ist.
Dann muss das Triage-Team entscheiden, ob der Patient überhaupt erst aufgenommen oder abgewiesen wird. Aber auch in den Kliniken müssen die Triage-Teams schwere Entscheidungen treffen.
Steht es um einen Patienten in der Klinik so schlecht, dass ihm nicht mehr geholfen werden kann, werden die Ressourcen dann auf Patienten verteilt, denen noch zu helfen ist. Allerdings wollen es die Kliniken nicht darauf anlegen, tatsächlich in diese Situation zu kommen.
Erste Kliniken in Bayern verlegen Patienten
In Bayern und Sachsen verlegen die ersten Kliniken Patienten in andere Kreise, weil die Intensivstationen mit Corona-Patienten überlastet sind. Im bayerischen Landkreis Rottal-Inn wurden schon Mitte November 23 Patienten in nordbayerische Kliniken verlegt.
„Die Verlegung wurde erforderlich, da die Rottal-Inn Kliniken durch die hohen Inzidenzzahlen im Landkreis an die Grenze der Versorgungsmöglichkeiten von Covid-19-Patienten stießen“, schrieb das Klinikum auf Instagram. Durch die Entlastung könne man die Covid-Patienten besser versorgen.
Von Entspannung kann durch die Verlege-Aktion laut Klinik aber niemand sprechen. Im Gegenteil: Die Rottal-Inn-Kliniken suchen händeringend Personal, um sich auf die vielen Corona-Patienten vorzubereiten.
„Wir bitten daher alle Personen mit pflegerischer oder ärztlicher Ausbildung, sich hinsichtlich einer möglichen Unterstützung der Patientenversorgung bei uns zu melden“, heißt es in einer Anzeige vom Montag auf Instagram. Jede Hand helfe, diese schwierige Situation zu bewältigen.
Aber auch in den Rottal-Inn-Kliniken nimmt trotz der angespannten Lage niemand das Wort Triage in den Mund. Noch sei das Klinikum in der Lage, alle Covid-Patienten ausreichend zu versorgen.

Wo wird die Triage schon angewendet?
In einem Bereich wird die Triage aber schon seit Monaten angewendet: Im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Im Mai 2021 berichtete der Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte der Rheinische Post von den schlimmen Zuständen in der Kliniken.
Es gibt psychiatrische Erkrankungen in einem Ausmaß, wie wir es noch nie erlebt haben. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien sind voll, dort findet eine Triage statt. Wer nicht suizidgefährdet ist und „nur“ eine Depression hat, wird gar nicht mehr aufgenommen.
Der Verband kritisierte schon damals, dass Kinder und Jugendliche in der Pandemie politisch vernachlässigt wurden. Kitas und Schulen waren wochenlang geschlossen, diese Einschränkungen seien in der ersten Phase noch nachvollziehbar gewesen.
„Aber inzwischen haben wir gelernt, dass Kinder die Infektion deutlich weniger weitertragen und selbst deutlich seltener erkranken als Erwachsene“, sagte BVKJ-Sprecher Maske in einem Interview im Mai 2021. Das habe aber dazu geführt, dass immer mehr Kinder und Jugendliche das Eingesperrt sein nicht mehr verkrafteten.