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Da fühlt man sich schon hundeelend und dann das: Es wird geschnäuzt, gehustet und gekrächzt. Niemand schleppt sich gerne krank ins Wartezimmer. Doch jetzt gibt es Abhilfe: TeleClinic bietet ärztliche Beratung im Netz – mit Rezeptausstellung. Die Landesärztekammer hat das landesweite Modellprojekt genehmigt.

Seit Oktober ist diese Art der Behandlung möglich. Der Dienst wird direkt mit kooperierenden privaten und gesetzlichen Versicherungen abgerechnet. Wir haben den Service mal ausprobiert.

Kai Karsten aus dem SWR3-Team macht den Test

TeleClinic möchte es Ärzten ermöglichen, im Zeitalter der Digitalisierung ihre Leistungen ganz normal übers Netz anzubieten. Katharina Jünger ist eine der Gründerinnen. Dadurch können auch Patienten erreicht werden, die vielleicht nicht um die Ecke wohnen. Den Patienten stehen 150 Fachärzte aus ganz Deutschland zur Verfügung, die mindestens acht Jahre Erfahrung auf ihrem Gebiet haben.

Die müssen auch kleine Testcases machen, wenn sie anfangen, und erhalten durchgehend Feedback, ob die Sprachqualität gut ist, ob der Patient sich verstanden fühlt. Qualität ist ein wichtiger Punkt für uns.

Wie funktioniert der digitale Arztbesuch?

Screenshot TeleClinic (Foto: Screenshot TeleClinic)
Screenshot TeleClinic

Man kann auf der Seite entweder chatten oder Sprach- bzw. Videoanrufe tätigen. Im ersten Schritt gelangt man an eine medizinische Assistentin – ähnlich der Empfangsdame in einer Praxis – die das Anliegen aufnimmt. Diese schaut, ob der Patient schon angemeldet ist, fragt, was dem Patientenfehlt und kann strukturiert einschätzen, wie die Klinik weiterhelfen kann. Es kann sein, dass ein Krankenwagen bestellt werden muss oder man an die 112 weitergeleitet wird, das ist aber eher selten der Fall.

Mit dem richtigen Ticket zum Facharzt

In der Regel ist es so, dass die medizinische Assistenz auf Grundlage der Anamnese ein Ticket erstellt. Hat der Patient zum Beispiel einen Hautausschlag auf seinem Arm, kann er noch ein Foto dazu hochladen und dann wird dieses Ticket bundesweit oder momentan noch an Baden-Württembergische Ärzte rausgeschickt. Alle Ärzte, die in diesem Fachbereich tätig und die auf der Plattform registriert sind, die bekommen dieses Ticket. In diesem Fall würde es an alle Dermatologen rausgehen.

Und dann läuft das so ab:

  • Die Ärzte bekommen auf ihrem Handy eine Nachricht à la: „Es gibt da einen Patienten, der möchte heute bis 23 Uhr im Bereich der Dermatologie beraten werden“.
  • Wer Zeit hat, antwortet mit „ja“ auf die Anfrage. Der Arzt, der zuerst mit „ja“ antwortet, bekommt das Ticket zugewiesen.
  • Als Patient sieht man in der App, dass der Arzt soundso sich um 22.30 Uhr per Videoanruf melden wird. Der
  • Arzt bekommt kurz davor auch nochmal eine Erinnerung.
  • Dann ruft er an und muss die ganze Beratung auf der TeleClinic-Plattform dokumentieren. Auf dieser sieht er auch, was die medizinische Assistenz davor notiert hat. Diese hat schon nach Vorerkrankungen oder Beschwerden gefragt, der Arzt kann sich das Foto anschauen und kann dementsprechend beraten und ein Rezept ausstellen.
  • Anschließend loggt er sich wieder aus und das Anliegen ist hoffentlich geklärt.

Terminversprechen innerhalb von 24 Stunden

Bei Fachärzten dauert es manchmal drei Monate, bis man einen Termin bekommt. Der Vorteil der digitalen Plattform ist, dass eine dezentrale Infrastruktur aufgebaut worden ist. Überkapazitäten, die an einem Ort sind und höhere Nachfragen, die an einem Ort vorherrschen, können miteinander gemacht werden. Es gibt immer mal wieder Leerlauf oder es gibt Ärzte, die nur halbtags arbeiten.

Wir haben viele hochqualifizierte weibliche Ärzte (Medizin wird ja immer weiblicher), die vielleicht ein Kind bekommen und halbtags von zuhause aus was machen. Flexibilität in der Arbeitswelt von Ärzten ist ganz wichtig.

Erste Erfahrungen

Der „digitale Arzt“ wird viel von Familien genutzt. Laut Jünger sei das auch eine erwartete Powergruppe gewesen. „Eltern haben häufig ein Anliegen, auch abends, nachts, oder am Wochenende.“ Mithilfe der Plattform kann die Fahrt in die Notfallaufnahme im besten Fall erspart bleiben.

Das ist natürlich auch für Ärzte sinnig, weil viele Ärzte klagen darüber, wie unnötig voll die Notfallkliniken oft sind mit Kleinigkeiten, womit man auch noch einen Tag hätte warten können.

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