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Marcus Barsch
SWR3 Moderator Marcus Barsch (Foto: SWR3)
Mirja Raff
Mirja Raff (Foto: SWR3)

Beim Baden ertrunken – viel zu oft werden wir mit so einer Meldung konfrontiert. Wie lässt sich das verhindern und was kann ich tun?

Das Problem ist: Ertrinken ist ein lautloser Tod!

Rettungstaucher (Foto: Rettungstaucher.org)
Rettungstaucher Rettungstaucher.org

Laut Stefan Predikant war es in vielen bekannten Fällen so, dass direkt neben spielenden Kindern ein Kind untergegangen ist und niemand hat es mitbekommen. Um Hilfe rufen oder winken geht nicht, weil das der Körper in diesem Moment gar nicht leisten kann.

„Jemand, der wirklich in Problemen steckt, dessen Kopf ist immer auf Höhe der Wasserlinie. Der guckt gar nicht mehr raus. Der Körper sagt: Erstmal atmen, dann sprechen. Und solange man darum kämpft überhaupt Luft zu bekommen, kann man nicht um Hilfe rufen oder auf sich aufmerksam machen. Die Hände braucht man, um den Kopf über Wasser zu halten“, so Predikant.

Was tun, wenn mir die Kräfte ausgehen?

Am besten so früh wie möglich auf sich aufmerksam machen. Nicht sagen: „Ach, ich kann noch hundert Meter schwimmen.“ Und dann feststellen: 'Okay, ich hab mich überschätzt.' Solange man noch rufen kann, sollte man auch wirklich um Hilfe rufen!

Aufpassen, wenn bei Kindern plötzlich Stille herrscht!

Gerade Eltern sollten besonders aufpassen und auf Warnsignale achten. Der Tod durch Ertrinken ist der zweithäufigste Unfalltod (nach Verkehrsunfällen) bei Kindern. Bei Kleinkindern reicht schon oft eine Wassertiefe von drei bis fünf Zentimetern aus. Stefan Predikant rät Eltern, immer wieder hinzuschauen und in regelmäßigen Abständen darauf zu achten, wo die Kinder sind.

Gerade für Eltern gibt es die alte Regel: Wenn man nichts mehr hört, passiert etwas Schreckliches. Kinder, die im Wasser sind, die sind laut, die spielen, die planschen, die schwimmen, die machen irgendwas. Sobald ich nichts mehr höre, dann muss ich mir Gedanken machen!

Das musst du tun, wenn jemand zu ertrinken droht!

  1. Notruf absetzen! Auch wenn man es schafft, die ertrinkende Person an Land zu ziehen, sollte sie danach ärztlich versorgt werden.
  2. Wer ein sicherer Schwimmer ist, kann versuchen die Person zu retten, sollte zuvor jedoch mindestens Schuhe und Hose ausziehen. ABER: Achtung vor Strömungen. Selbst erfahrene Schwimmende können jedoch niemals gegen die Strömung anschwimmen, deshalb sollte man beim Rettungsversuch die Strömung für sich nutzen und flussabwärts schwimmen. Im Rhein bringt man sich selbst in Gefahr, auch als gute Schwimmer auf keinen Fall ins Wasser gehen! „Im Rhein in der Schifffahrtsrinne zu schwimmen ist wie auf der Autobahn auf der Überholspur joggen zu gehen. Wer am Rhein auch nur planschen geht, begibt sich in Gefahr.“ – Andreas Lerg, Vorsitzender der DLRG Ortsgruppe Oppenheim
  3. Etwas Schwimmbares ins Wasser mitnehmen, z. B. eine Luftmatratze. Alles, was Auftrieb gibt, ist hilfreich. Der häufigste Grund für Ertrinken ist Erschöpfung.
  4. Wer sich schwimmend an den Ertrinkenden annähert, sollte ihn von hinten anschwimmen. Der Ertrinkende versucht sich an alles zu klammern. Wenn man ihn von vorne anschwimmt, klammert er sich fest. Man hat – wenn man kein Rettungsschwimmer ist – nur wenig Chancen, sich daraus zu befreien.
  5. Wer nicht schwimmen kann oder sich selbst beim Rettungsversuch in Gefahr begeben würde, läuft am Flussufer mit der Strömung mit. Mut zusprechen ist dabei sehr wichtig.

Warum ertrinken so viele Menschen?

Nur für Schwimmer (Foto: dpa/picture-alliance)
Nur für Schwimmer dpa/picture-alliance

Ein Grund ist, dass Kinder immer schlechter und oft viel zu spät Schwimmen lernen. Schon vor der Corona-Pandemie war die Lage prekär, jedoch fielen durch Lockdown und Kontaktbeschränkungen 70% der Schwimmkurse und -prüfungen aus. Ca. 100.000 Kinder konnten deshalb in den letzten beiden Jahren nicht mit Hilfe professioneller Lehrenden schwimmen lernen. Diese Situation und die große Anzahl an schließenden Schwimmbädern trägt dazu bei, dass durchschnittlich nur noch 6 von 10 Kindern im Grundschulalter schwimmen können. Bei einer Personenbefragung kam heraus, dass sich 52% der Deutschen selbst als schlechte Schwimmer:innen oder sogar Nicht-Schwimmer:innen bezeichnen.

Aber es gibt laut Stefan Predikant noch einen anderen Grund: „Wir sind alle mobil und gehen an Gewässer, die wir nicht kennen. Früher war ich nur bei mir im Ort. Mittlerweile fahre ich auch an einen See, der 50 Kilometer weit weg ist, weil er viel schöner ist – aber ich kenne dieses Gewässer nicht.

Es kann außerdem in unbekannten Gewässern oft passieren, dass die Abbruchkante nicht weit vom Ufer entfernt ist und es auf einmal sehr schnell sehr tief werden kann.

Vorsicht vor zu kaltem Wasser!

Jeder See wird ab einer gewissen Tiefe sehr kalt. Das kann auch schon bei zwei bis drei Metern passieren. Und da lauert die Gefahr: „Man kommt aus der Sonne. Der Körper ist aufgewärmt. Das heißt: Die Adern sind weit. Manchmal, wenn Alkohol dazu kommt, entsteht das gleiche Problem: Die Adern sind weit. Ich springe dann aufgewärmt ins Wasser, es kühlt sofort runter, das kann dann zu einem Herzinfarkt führen. Was an Land heißen würde: Ich falle um, jeder bekommt es mit und kann mir helfen. Unter Wasser heißt es natürlich: Keiner bekommt es mit, ich bin weg“, warnt Stefan Predikant.

Mehr Infos gibt es auf der privaten Seite der Rettungstauchergruppe Main-Taunus-Kreis

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