Für den US-Präsidenten Donald Trump ist offenbar schon länger klar: Es gibt in seinem Land nur deshalb so viele Corona-Fälle, weil so viel getestet wird.
Aber nicht nur in Amerika ist dieses Argument häufig genannt. Besonders oft trifft man es auch in den Kommentarspalten von Corona-Gegnern in Deutschland, beispielsweise aktuell unter den Diskussionen rund um die Demonstration gegen Corona-Regeln in Berlin.
Richtig ist: In Deutschland wird immer mehr getestet, wie der ARD-Faktenfinder ausführlich in Tabellen anhand der Daten des Robert Koch Insituts nach den ersten Anstiegen in der Urlaubszeit in Deutschland darlegte. Der Anstieg lag auch an den Corona-Regelungen, die für Menschen getroffen wurden, die aus dem Urlaub zurück kamen.
Tatsächlich steigt die Zahl der Testungen. Die Kapazität wird seit Monaten ausgebaut, zudem gibt es mittlerweile eine Testpflicht für Urlauber, die aus Risikogebieten zurückkehren.
Aber auch nach der Urlaubszeit im Oktober:
Gibt es Corona nur, weil getestet wird?
Gegenfrage, was ist dran an folgender Annahme:
Wer keinen Schwangerschaftstest macht, ist nicht schwanger.
Klar, nicht viel. Das Argument der Tests also zu nutzen, um überhaupt die Existenz des Coronavirus und der gesamten Pandemie in Frage zu stellen, ist faktisch nicht haltbar. Tests werden von Wissenschaftlern entwickelt, um zu zeigen, was da ist. Es funktioniert nicht umgekehrt, dass etwas nur existiert, weil man Methoden entwickelt hat, mit denen man es nachweisen kann.
Zugegeben: Die Leugnung der gesamten Pandemie beschränkt sich wohl selbst in den sozialen Netzwerken auf einen sehr radikalen oder von Verschwörungstheorien extrem überzeugten Kreis. Häufiger steht die Annahme, dass die Pandemie durch die Zahlen dramatisiert würde und Corona-Fälle nur deshalb steigen, weil mehr getestet würde.
Steigen die registrierten Corona-Fälle nur, weil mehr getestet wird?
Wer infiziert ist, geht nur in die Statistik ein, wenn er positiv auf Covid-19 getestet wurde. Es kann also nur registrierte Fälle geben, wenn getestet wird – und durchaus mehr Fälle, wenn mehr getestet wird. Insbesondere zu Beginn einer Pandemie kann es deshalb zu sprunghaften Anstiegen kommen. Wenn die Test-Verfahren dann ausgeweitet werden, können die höheren Fallzahlen weiter steigen, wie das Robert Koch Institut erläutert:
Eine Ausweitung der Testindikationen (z.B. für Reiserückkehrer) oder eine Erhöhung der Zahl durchgeführter Tests (z.B. im Rahmen von Ausbrüchen oder Studien) kann zu einem Anstieg der Fallzahlen führen, da zuvor unentdeckte Infizierte (auch ohne oder mit nur sehr milden Symptomen) erkannt werden. Das heißt aber nicht, dass umgekehrt die beobachteten steigenden Fallzahlen nur mit dem vermehrten Testaufkommen zu erklären wären, geschweige denn mit einem vermeintlich hohen Anteil an falsch-positiven Ergebnissen der PCR-Testung.
Es ist also – wie so oft in der Wissenschaft und speziell im Umgang mit dem Coronavirus – nicht so einfach, wie es vielleicht auf den ersten Blick aussehen mag. Im Verlauf einer Pandemie ist das Verhältnis zwischen Tests und Infektionszahlen wichtig, um zu beurteilen, ob die Zahlen ausschließlich auf ein Mehr an durchgeführten Tests zurückzuführen ist.
Am Anfang einer Pandemie kann das durchaus sein, dass durch Tests die Zahl bestätigter Infektionen nach oben schnellt. Dass aber bei weiterer steigender Anzahl von Tests nicht automatisch die Zahl bestätigter Infektionen steigt, zeigt die Statistik. Wir testen heute in Deutschland sehr viel mehr als beispielsweise im März oder April – die Infektionszahlen sind aber niedriger als damals.
Hinzu kommt, dass die Kriterien für einen Test in Deutschland im Verlauf der Pandemie geändert wurden. Anfangs wurden nur Menschen mit starken Symptomen getestet, was für die statistische Interpretation wichtig ist. Der Volksverpetzer bemerkte bereits in einem Faktencheck, dass trotz der geänderten Kriterien kein sprunghafter Anstieg der registrierten Infizierten-Zahlen zu bemerken war – also eher ein Argument gegen den sofortigen Anstieg bei zunehmenden Tests.
Die Diskussion zeigt, dass einzelne Zahlen in Relation zu anderen Werten gesehen werden müssen. Die höhere Zahl der erfassten Neuinfektionen kann nicht allein mit der höheren Zahl der Testungen erklärt werden. Zudem werden in anderen europäischen Staaten ebenfalls mehr Neuinfektionen erfasst, was ebenfalls dafür spricht, dass sich das Infektionsgeschehen erhöht hat. Aber auch die Zahl der registrierten Infektionen allein reicht nicht, um das Ausbruchsgeschehen differenziert zu erfassen.
Richtig ist also, dass heute viel mehr Infektionen registriert werden als zu Beginn der Pandemie. Auch solche, von denen der Patient oder die Patientin selbst gar nicht viel merkt. Falsch bleibt dennoch, dass die Fälle nur deshalb oder im gleichen Verhältnis ansteigen würden – nur weil breiter getestet wird. Beim BR-Faktenfuchs heißt es dazu schlussfolgernd:
Zu sagen: 'Je mehr man testet, desto mehr Fälle findet man' ist also extrem verkürzt. Das Infektionsgeschehen entwickelt sich losgelöst von den Tests.
Warum steigen die Infektionszahlen in Deutschland dann?
Das Robert Koch Institut hat eine Studie herausgegeben, die zeigt, wo sich die meisten Menschen mit Corona infizieren. Die aktuellen Zahlen seien demnach vor allem auf Reiserückkehrer, Ansteckung bei Familienfeiern oder in Gesundheitseinrichtungen zurückzuführen.
Gibt es nur so viele Fälle, weil PCR-Tests falsche Ergebnisse liefern?
Auch die Zuverlässigkeit der sogenannten PCR-Tests wird im Netz schon lange hinterfragt. Unter anderem in dem Youtube-Video Die Zerstörung des Corona Hypes.
Weil PCR-Tests, mit denen Corona bei Patienten nachgewiesen werden soll, hochsensibel sind, stellt Student Sebastian in seinem Video fest: „Es wäre nicht das erste Mal, dass durch einen überempfindlichen PCR-Test eine Epidemie gemessen wird, die es gar nicht gibt.“ Weiter: „Und sollte es uns nicht ein bisschen beunruhigen, dass auch der – übrigens von unserem werten Herrn Drosten entwickelten PCR-Test auf Corona im Schnellverfahren entwickelt und nicht amtlich validiert wurde?“
Uwe Gradwohl aus der SWR-Wissenschaftsredaktion hat sich damit für SWR3 befasst: „Richtig ist zunächst mal, dass zum Nachweis des SARS-CoV-2-Virus PCR-Tests eingesetzt werden. Richtig ist auch, dass es einen statistischen Effekt gibt, der dazu führt, dass gerade bei positiven Testergebnissen (Patient ist infiziert) Skepsis angebracht ist.“
Die Tests müssten nämlich zwei Dinge gleichermaßen gut leisten:
- Sie müssen zum einen zuverlässig bei Infizierten Alarm schlagen (eine hohe Sensitivität besitzen) und
- genauso zuverlässig bei Nicht-Infizierten ein negatives Ergebnis anzeigen (eine hohe Spezifität besitzen).
Ersteres können die Tests in der Regel sehr gut. Der Nachweis der Nicht-Infektion gelingt aber weniger gut und so werden Patienten, die eigentlich negativ sind, dann als Virusträger ausgewiesen. Diese „Falsch-Positiven“ können in der Statistik zu einem Problem werden – nämlich genau dann, wenn in der untersuchten Bevölkerung viele Echt-Negative vorhanden sind und deshalb allein aufgrund der Masse an Testungen auch eine große Menge falsch positiver Ergebnisse zustande kommen muss. Genau diese Situation liegt bei SARS-CoV-2 vor.
Das ist jedoch auch den Entwicklern der Tests und den Anwendern durchaus bewusst.
SWR-Wissenschaftsexperte Uwe Gradwohl erklärt: „Die PCR-Tests reagieren nicht nur auf einen Zielabschnitt im Genmaterial des Virus, sondern auf zwei. Das erhöht ihre Empfindlichkeit deutlich. Dazu kommt, dass positive Ergebnisse noch mit einem zweiten Test gegen gecheckt werden können. Dem an der Charité von Professor Drosten entwickelten Test bescheinigt das Ärzteblatt eine Spitzenposition hinsichtlich seiner Genauigkeit. Ein weiterer, etwas anderer PCR-Test der Charité soll dem Ärzteblatt zufolge zwar bei winzigen Virusmengen weniger gut funktionieren, er wird aber in der Regel nur als Zweittest eingesetzt, um positive und falsch positive Testergebnisse voneinander zu trennen.“
Insgesamt lässt sich sagen: Die im Fall des neuen Coronavirus eingesetzten PCR-Tests sind deshalb von so großer Genauigkeit, dass sie in der Praxis nicht dazu führen, dass eine Schwemme von falsch positiven Ergebnissen die Statistik der sich ausbreitenden Pandemie verzerren würde.