Reicht deine Rente später zum Leben?
Jetzt wird es ernst, und es geht alle an: Wer heute jung ist, wird später kaum mehr Rente beziehen. Wir zahlen alle ein und bekommen im Alter viel zu wenig raus. Und stimmt das wirklich? Wer genau muss sich Sorgen machen?
Oder sind das alles nur Schauermärchen von irgendwelchen Finanzfirmen, die uns zum Abschluss ihrer Spar-Verträge bewegen wollen? Der Staat muss ja auf uns aufpassen? Wie die Lage wirklich ist, erklären wir im Faktencheck.
Warum muss ich an meine Rente denken?
Nach der aktuellen Studienlage sieht es so aus, dass junge Menschen kaum fürs Alter vorsorgen – und dass sie sich nicht genug mit der Rente beschäftigen. Das hat zum Beispiel das Marktforschungsinstituts GfK ganz aktuell gezeigt: Den 18 bis 32-Jährigen ist schon bewusst, dass Altersvorsorge wichtig ist. Aber fast die Hälfte von ihnen tut nichts dafür. Warum das so ist, sagt die Studie nicht. Aber klar ist: Wer studiert oder ein Ausbildungsgehalt von 1000 Euro bekommt, kann für später nicht so viel Geld zurücklegen.
Diese Studie wurde übrigens von Generali in Auftrag gegeben, einer der größten Versicherungsfirmen in Deutschland. Die verdienen ihr Geld natürlich mit Versicherungen und Produkten rund um Altersvorsorge.
Tatsächlich sind nach unserer Recherche die meisten Studien, die sich mit Jugend und Rente auseinandersetzen, finanziert von Versicherungskonzernen. Heißt das, dass die Angst vor der ausfallenden Rente von den Versicherern geschürt wird?

Wie funktioniert die Rente in Deutschland?
Unser Rentensystem ist ein Umlagesystem. Das heißt: Das Geld, das ich und mein Arbeitgeber jetzt in die Rentenkasse einzahlen, wird direkt an die Rentner von heute ausgezahlt. Das hat früher auch Sinn gemacht, als es entwickelt wurde. Damals haben noch fünf Menschen in die Rentenkasse eingezahlt, um die Rente von einem Rentner zu finanzieren. Heute sind es nur noch drei, in ein paar Jahren noch zwei. Dann müssen zwei arbeitende Menschen in unserem Land einen Rentner finanzieren. Man kann das ganz gut anhand der sich verändernden Alterspyramide nachvollziehen:


Übrigens verschiebt sich fast überall auf der Welt die Altersstruktur so oder so ähnlich, vor allem in den westlichen Ländern, aber auch in China beispielsweise. Dazu kommt die steigende Lebenserwartung: Weil wir auch immer älter werden, müssen Renten auch länger ausbezahlt werden. Damit alle Rentner überhaupt ihre versprochene Rente erhalten, muss der Staat schon jetzt Geld aus der Steuerkasse dazu schießen. 2019 waren es knapp 100 Milliarden Euro! Und es wird zukünftig eher noch mehr.
Die Rente hat drei wichtige Säulen
Die da wären:
- die gesetzliche Rentenversicherung, in die jede und jeder einzahlen muss bzw. als Selbständiger auch einzahlen kann.
- die betriebliche Altersvorsorge, die viele Arbeitgeber zur Verfügung stellen.
- die private Altersvorsorge, die ebenso zusätzlich ist und jeder für sich abschließen kann.

Für die Säulen zwei und drei geben Betrieb und Staat Zuschüsse. Da fließt also auch nochmal Steuergeld. Und weil die erste Säule so wackelig ist und das rechnerisch immer weniger aufgeht, müssen wir angeblich auf die dritte Säule setzen. Soll heißen: Wir Bürger sollen selber mehr ansparen. Ist das wirklich die einzige Lösung?
Mathematik für Dummies
Eines müssen wir vorab klarstellen: Die folgende Berechnung ist ein Modell. Wir können keine Rente absolut sicher berechnen, die in 30 oder 40 Jahren ausgezahlt wird. Denn es gibt zu viele Variablen, die wir nicht vorhersehen können:
- Wie stark wächst die Wirtschaft?
- Wie stark sinken oder steigen die Einkommen?
- Kommt die Rente mit 68, 69, gar 70?
- Wie hoch ist die Geburtenrate?
- Ziehen ganz viele junge Menschen zu uns nach Deutschland?
- Wie hoch ist die Inflation?
Wie können aber (ausgehend von den Rahmenbedingungen, die heute gelten) ganz gute Vorhersagen machen: Was würde ich als Rentner ausgezahlt bekommen, wenn ich heute 2.000 Euro brutto im Monat verdiene? Schauen wir uns die Fakten dazu an:
Wie viel Rente bekomme ich?
Nehmen wir an, ihr hofft im Alter auf mindestens 2.000 Euro Rente. Brutto. Das entspräche ungefähr 1.800 Euro netto. Denn die Rente muss versteuert werden. Dann müsstet ihr für diese Rente 45 Jahre lang arbeiten und pro Monat ca. 4.500 Euro brutto verdienen – im Durchschnitt.




Falls es nur 40 Arbeitsjahre werden, müsstet ihr schon 5.000 Euro verdienen, um nachher 2.000 Euro Brutto-Rente vom Staat zu erhalten. Wer es diese 40 Jahre auf etwa 3.750 Euro monatlich schafft, bekommt am Ende etwa 1.500 Euro Rente raus. Das ist gerade für manche Ausbildungsberufe hart. Ein top bezahlter Ausbildungsberuf schafft es meist auf circa 2.500 Euro im Monat, nach 40 Jahren gäbe es 1000 Euro brutto als Rente.
Das bedeutet ganz offenkundig: Viele Menschen arbeiten ihr Leben lang hart und bekommen dann eine Rente knapp über dem Existenzminimum ausgezahlt. Die Angst davor, im Alter arm zu werden, ist also völlig berechtigt.
Warum ist die Rente im Osten geringer?
Zwei wichtige Punkte haben wir dabei noch gar nicht berücksichtigt. Erstens: Die Renten sind im Osten von Deutschland immer noch geringer als im Westen – mehr als 30 Jahre nach der Einheit.
Und zweitens: Frauen bekommen weniger Rente, weil sie, zumindest wenn sie Kinder bekommen und diese betreuen, weniger lange arbeiten. Also ganz generell, weil sie ja im Normalfall viele Monate nach der Geburt nicht arbeiten gehen. Aber oft auch, weil sie dann jahrelang in Teilzeit beschäftigt sind. Da verdienen sie natürlich auch weniger. Und wer weniger verdient, bekommt weniger Rente.
Führt die Rente in die Armut?
Schon jetzt ist es so, dass knapp ein Fünftel der Menschen in Deutschland arm sind, und zwar in allen Altersgruppen. Und es werden immer mehr. Aber was heißt „arm“?
Für Armut gibt es eine wissenschaftliche Definition. Arm ist, wer weniger als 60% vom mittleren Einkommen aller Menschen in einem Land verdient bzw. bekommt. 2019 waren das in Deutschland 781 Euro. Das war die Grenze für alleinstehende Menschen. In unseren drei Beispielen von gerade eben wäre also keine der Personen altersarm, zumindest nach dieser Definition. Du müsstest dafür aber eben auch 2500 Euro im Monat verdient haben, ein Leben lang.
Armut trifft drei Gruppen besonders oft
Es gibt drei Gruppen von Menschen, die besonders gefährdet sind: Erwerbslose, Menschen ohne Ausbildung und Alleinerziehende. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen einem leitenden Angestellten und einer alleinerziehenden Mutter. Nicht jeder driftet gleich schnell in die Armut ab. Demnach sind Erwerbslose besonders häufig von Armut betroffen. Fast sechs von zehn aller Erwerbslosen in Deutschland waren 2019 arm. Aber auch etwa die Hälfte der Alleinerziehenden und etwa die Hälfte aller Menschen ohne Schulabschluss sind armutsgefährdet.
Fakten & Hilfsangebote Wo die ärmsten Menschen leben und was es bedeutet, arm zu sein
Armut ist noch immer ein Tabu: Wer betroffen ist, schämt sich oft dafür. Auch deshalb sieht man es den Menschen nicht unbedingt an. Wir wollen darüber sprechen. Wir klären, welche Folgen es haben kann, arm zu sein und wie du helfen kannst.
Was tun, um von der Rente leben zu können?
Müssen wir nun also wirklich alle privat vorsorgen? Wie geht es weiter mit der Rente? Was kann uns noch helfen, damit wir im Alter ein sicheres Einkommen haben?
Unsere Rentenbezüge sind stark davon abhängig, was wir verdienen und natürlich auch was wir erben. Bei vielen häuft sich der Besitz einfach so an. Und wer schon mit 30 ein Haus kauft und es mit 50 oder 60 abbezahlt hat, kann im Alter von 1500 oder 2000 Euro gut leben. Zumal, wenn er oder sie noch Geld in Aktien angelegt hat und noch etwas erbt. Wer ein Leben lang nur 2000 Euro im Monat verdient, kann kaum etwas zurück legen. Die Wahrscheinlichkeit, arm zu werden oder zu sein, wird größer über die Lebensspanne.
Ist das bedingungslose Grundeinkommen eine Lösung?
Das bedingungslose Grundeinkommen versucht diese Gefährdung auszugleichen. Jeder Mensch könnte z.B. 1000 Euro erhalten. Egal ob er oder sie arbeiten geht oder nicht. Das Grundeinkommen würde jede Sozialleistung ersetzen. Also auch die Rente. 1000 Euro ist nicht viel. Aber es könnte Sicherheit geben. Und natürlich kann jede Rentnerin und jeder Rentner auch etwas dazu verdienen; bzw. von einer persönlichen Vorsorge leben.
Was taugt die private Altersvorsorge?
Privat vorsorgen ist das, was seit Jahren die Politik von den Menschen fordert. Es wurden extra staatliche Programme zur Unterstützung aufgelegt: die Riester-Rente und die Rürup-Rente. Wer mit diesen Rentenmodellen privat vorsorgt, bekommt vom Staat noch Geld dazu, vereinfacht gesagt. Das Problem bei der privaten Vorsorge: Jede und jeder muss sich selbst kümmern, Vergleiche tätigen, Angebote einholen. Und vor allem das Kleingedruckte lesen. Gerade bei der Riester- und Rürup-Rente haben einige Versicherungen die Kunden mit versteckten Gebühren extrem belastet. Diese Gebühren waren am Ende höher als der staatliche Zuschuss. Da hat man dann im Ruhestand natürlich wenig davon. Die private Vorsorge muss man sich natürlich auch leisten können. Nicht jeder kann in Aktien oder Immobilien investieren.
Was machen andere Länder mit der Rente?
Können wir von anderen lernen? Schauen wir nach Skandinavien. Norwegen und Schweden haben z.B. einen Staatsfond. Die Idee: Der Staat legt Geld für seine Bürger am Kapitalmarkt an, oft in Aktien oder auch in Immobilien. Die Bürger profitieren von der Wertsteigerung einerseits und müssen sich andererseits nicht selbst kümmern.
Die Skandinavier machen damit gute Erfahrungen, weil das Rentenniveau dadurch deutlich gestiegen ist. Die Verwaltungskosten sind außerdem extrem gering, weil viel Geld nur von einer Handvoll Mitarbeiter verwaltet wird. Daher wollen auch viele große Parteien dieses System bei uns in Deutschland einführen. Das könnte dann so aussehen: Jedes Kind bekommt bei der Geburt 4000 Euro vom Staat als Anlage. Nach 67 Jahren wird es ausgezahlt an die dann 67-jährige Person.
Fazit: Die Rente ist nicht für alle sicher
- Der demografische Wandel sorgt dafür, dass zukünftig nicht mehr genügend Geld in der Rentenkasse sein wird, um alle Bürgerinnen und Bürger mit ausreichender Rente zu versorgen.
- Wer gut verdient, muss sich kaum Sorgen machen. Dauerarbeitslose, Menschen ohne Ausbildung und Alleinerziehende, die wenig verdienen, aber sehr.
- Es gibt Ideen in der Politik, das Rentenproblem zu lösen. Aber umgesetzt ist davon bisher nichts.