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AUTOR/IN
Patrick Hünerfeld, SWR3

Gebärmutterhalskrebs tritt nicht häufig auf, aber wenn, dann ist er oft tödlich. Jedenfalls, wenn er nicht früh genug erkannt wird. Aber wie gut sind die Vorsorge- und Früherkennungsmethoden, die wir bereits haben?

Test für Gebärmutterhalskrebs: 100 Prozent zuverlässig!?

Es gibt einen neuen Test, der zu 100 Prozent zuverlässig sein soll. Und in ersten Studien hat er tatsächlich 100 Prozent der Krebsgeschwüre erkannt. Das schaffen andere Tests, die bereits auf dem Markt sind aber auch. Und das alleine ist auch noch gar nichts Besonderes – auch wenn es toll klingt. Angenommen, von 10 Frauen hat eine Krebs. Wenn der Test bei allen 10 anschlägt, entdeckt er tatsächlich jeden Krebs – aber er gibt auch ganz oft falschen Alarm. Richtig gut ist ein Test, wenn er alle Krebsfälle findet und dabei nur sehr selten falschen Alarm gibt. Ob das neue Testverfahren das kann, muss sich erst noch zeigen. Dafür ist es noch nicht weit genug entwickelt. Der große Durchbruch ist das neue Testverfahren also sicherlich nicht – zumal es bereits einen Test auf dem Markt gibt, der mit einer anderen Technik bereits gezeigt hat, dass er alle gefährlichen Veränderungen findet.

Was ist bei diesem Test anders?

Wir wissen mittlerweile sehr gut, wie Gebärmutterhalskrebs entsteht: Am Anfang steht eine Infektion mit bestimmten Viren, den Humanen Papilloma-Viren. Die machen eine Infektion, die in den allermeisten Fällen wieder abheilt. In selten Fällen aber kann die Infektion dazu führen, dass die Zellen beginnen sich zu verändern – mit der Gefahr, dass sie sich langfristig zu Krebszellen entwickeln.

Gebärmutterhalskrebs (Foto: dpa/picture-alliance)
Idealerweise wird Gebärmutterhalskrebs erkannt, bevor sich ein solcher Tumor gebildet hat.

Bei dem schon seit Jahrzehnten eingesetzten Abstrichtest, den eigentlich alle Frauen kennen sollten, dem sogenannten Pap-Test, wird ein Abstrich vom Gebärmutterhals genommen und man sucht nach Zellen, die verdächtige Veränderungen aufweisen – möglicherweise Krebsvorstufen. Ganz oft kommt beim Pap-Test aber nur heraus: Da ist eine komische Zelle, aber viel mehr kann man nicht sagen. Und dann muss man noch mal testen, und nochmal. Die neuen Testverfahren sind da viel genauer.

Die erkennen, ob aus einer HPV-Infektion eine solche spezielle Infektion geworden ist, bei der es zu einer solchen Transformation, also Veränderungen in den Zellen, gekommen ist. Und damit kann man viel gezielter sagen: Da schauen wir nochmal nach. Dann schaut sich die Frauenärztin den Gebärmutterhals genau an und kann direkt eine Gewebeprobe nehmen und dann hat man Gewissheit.

Und das ist genau die Entwicklung, vor der wir jetzt stehen: Nur Pap-Test wie bisher, das gibt es nicht mehr lange. Schon jetzt können wir verschiedene Testverfahren kombinieren, die es schon gibt, und damit den Frauen schneller und verlässlicher sagen, was Sache ist.

Was ist mit der Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs? Durchbruch oder kritisch?

Dass die Impfung vermeintlich so umstritten ist, liegt leider vor allem an uns Medien. Viel zu oft wird großer Blödsinn über die Impfung erzählt. Es ist, sagen die Experten, eine sehr sichere Impfung. Es kann zwar ernste Nebenwirkungen geben, aber die sind extrem selten. Und die einzelnen schlimmen Fälle, die dann durch die Medien gehen – schwerste Schädigungen bis hin zu Todesfällen, sind nach allem, was wir bisher wissen – und diese Fälle werden genau untersucht – keine Folgen der Impfung, sondern treten nur zufällig in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung auf.

HP-Viren (Foto: picture alliance / obs / Dr. rer. nat. Ralf Hilfrich/Cytoimmun Diagnostics GmbH)
Der rot gefärbte Zellkerne zeigen, dass das L1-Kapsid-Protein der humanen Papillomviren (HPV) vorhanden ist.

Das Risiko ist also sehr klein. Der Nutzen dagegen sehr groß, denn die Impfung schützt vor der Infektion mit den gefährlichsten HP-Viren-Stämmen – das bestätigt unter anderem die Deutsche Krebsgesellschaft. Sie verhindert also, dass er Krebs überhaupt entstehen kann.

Warum gibt es die Impfung auch für Jungs?

Seit letztem Jahr wird nämlich auch die HPV-Impfung für Jungen bezahlt. Jetzt könnte man sage: Wieso das denn? Wir Jungs haben doch keine Gebärmutter. Stimmt – aber wir können unsere Partnerin beim Geschlechtsverkehr infizieren. Wenn künftig die meisten Männer und Frauen gegen HPV geimpft wären, dann wäre damit Schluss. Denn dann hätten wir die meisten HP-Viren schon erfolgreich aus unserem Bett geschmissen und viele neue Infektionen von vorne herein verhindert.

Das wäre echte Vorsorge, weil wirklich verhindert wird, dass der Krebs überhaupt entsteht. Wenn auch nicht zu 100 Prozent – deshalb sollten Frauen auch nach der Impfung die Früherkennung nutzen. Die Kombination Impfung und Früherkennung – vor allem mit den neuen Tests, die jetzt zur Verfügung stehen, hat das Zeug dem Gebärmutterhalskrebs den Schrecken zu nehmen und vielen Frauen diese Krebserkrankung zu ersparen.

Wie sieht es in anderen Ländern aus?

Skandinavien, Österreich, Schweiz, USA – sehr viele Länder impfen bereits auch die Jungs gegen HPV. Australien gilt da als Vorzeigeland: Dort werden schon länger Mädchen und Jungs geimpft und die Impfung wird da sehr gut angenommen und hat schon jetzt, nach wenigen Jahren, einen großen Effekt. In der geimpften Altersgruppe finden sich keine Genitalwarzen mehr – und das ist die erste Veränderung, die durch die Infektion entsteht. Und die Experten sagen: Das zeigt schon jetzt, dass die Impfung auch vor den Krebsvorstufen und dem Krebs schützen wird, wie es zuletzt auch eine große finnische Studie gezeigt hat.

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Patrick Hünerfeld, SWR3

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