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Kira Urschinger
Kira Urschinger (Foto: SWR3)

Egal ob Anfänger oder Profi: Man kann sich die besten Tipps nicht oft genug durchlesen, um sicher durch den Berg-Urlaub zu kommen. Wir zeigen dir, was wirklich zählt für Erholung und Spaß.

„Das Hauptproblem bei Wanderern ist, dass sie die Tour und ihre eigenen Fähigkeiten nicht richtig einschätzen. Interessanterweise stellen wir fest, dass die Menschen besser ausgestattet sind, als sie fit sind“, erklärt Andrea Händel vom Deutschen Alpenverein. Da hat man schnell den falschen Fokus:

Man kauft sich neue Schuhe und einen super Rucksack und fühlt sich dann gewappnet. Aber die eigene Fitness, Leistungsfähigkeit und Trittsicherheit hat man nicht so im Blick.

Von einfachen Waldwegen bis Routen mit eventueller Absturzgefahr bieten die Alpen alles. Viele Wanderer nehmen die Gefahren aber offenbar nicht ernst genug, immer wieder kommt es zu Unfällen.

Wandern kann gefährlich sein

Besonders gefährlich ist es, wenn man alleine Berge besteigt. Das zeigt auch der Vorfall vom Wochenende: Eine junge Heidelbergerin stürzt im Kleinwalsertal 200 Meter in die Tiefe und kommt dabei ums Leben.

6 Tipps: So bist du in den Bergen sicherer unterwegs

Nicht jeder Unfall ist vermeidbar. Rettungsdienste kritisieren dennoch, dass vor allem immer mehr unerfahrene Touristen Bergsport betreiben und dabei Risiken eingehen, die sie nicht einschätzen und schon gar nicht kontrollieren können. Deshalb ist es wichtig, sich auf so einen Trip gut vorzubereiten. Wir zeigen die Risken und geben Tipps.

1. Informiere dich gut über den Berg und die Route

Auf einen Berg zu steigen, mit dem man sich nicht anständig befasst hat – das ist ein bisschen, als würde man mit verbundenen Augen über eine vielbefahrene Kreuzung in einer Großstadt laufen: total bescheuert und lebensgefährlich.

Also erst einmal informieren: Was ist das für ein Berg, wie lang ist genau die Route, wie schwierig ist sie zu bewältigen? Welches Schuhwerk brauche ich, gibt es Abschnitte, auf denen ich klettern muss? Kann ich irgendwo einkehren? Wie sind die Wetterbedingungen da oben? Viele wichtige Fragen, mit denen du dich vorher ganz genau auseinandersetzen solltest. Wenn du nicht allzu viel Wander- oder Bergsteigerfahrung hast, kannst du dich von Experten oder erfahreneren Sportlern beraten lassen.

2. Sei ehrlich zu dir und übernimm dich nicht

Der Berg bestraft Eitelkeit, Übermut und Selbstüberschätzung. Du solltest keinen Weg antreten, der dich überfordert. Wenn du nicht so viel Erfahrung hast, fang lieber erst einmal leicht an, teste dich bei niedrigen Bergen aus, gewöhne deinen Körper und deinen Kopf an den Sport und teste auf ungefährlichen Strecken Ausdauer und Kondition. Du musst niemandem etwas beweisen – lerne deine Grenzen kennen und akzeptiere sie auch.

Viele Wanderrouten sind eingeteilt in Kategorien, damit kannst du aber eigentlich erst richtig arbeiten, wenn du ein paar Routen gelaufen bist. Deshalb: Lasse dich unbedingt von trainierten Wanderern und Bergsteigern beraten und auch begleiten.

3. Suche dir gute Begleiter – Vertrauen ist wichtig

Deine Begleiter wählst du am besten genauso sorgfältig aus wie den Berg, auf den du läufst. Wie schätzt derjenige sich selbst ein, wie viel Erfahrung hat er oder sie tatsächlich, wie übermütig kann die Person auch werden? Geht ihr zu zweit, zu dritt oder in einer größeren Gruppe?

Grundsätzlich solltest du nur mit Leuten unterwegs sein, von denen du glaubst, dass du sie erstens einschätzen und ihnen zweitens vertrauen kannst.

Sollte dein Freundes- und Bekanntenkreis nicht so bergaffin unterwegs sein, kannst du auch geführte Touren buchen.

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4. Nimm dir Zeit fürs Packen

Lasse dich gut beraten, welche Ausrüstung du für deine Wanderung brauchst. Anständige Schuhe und Kleidung sind grundlegend, je nach Wetterbedingungen gehören auch Sonnencreme und Kopfbedeckung mit dazu. Ganz wichtig ist, Trinken und Essen genau zu kalkulieren – abhängig davon, wie lange du weg bist. Orientierung ist natürlich auch ein Thema, befasse dich mit den Bergwegekonzepten und nimm eine Karte mit.

Am besten machst du dir eine Liste und fängst frühzeitig an, den Rucksack zu packen. Teste außerdem, wie schwer er ist – du musst ja damit laufen können.

Je nach Anspruch deiner Wanderung solltest du dich auch um Sicherungen, Seile oder einen Helm kümmern. Wenn du auf diesem Level unterwegs bist, brauchst du aber unsere Tipps vermutlich nicht mehr.

Anders gesagt: Wenn du keine Ahnung hast von Seilen und Karabinern, ist es besser, zu keiner Wanderung aufzubrechen, bei der du auch zwischendurch klettern musst. Immer wieder hört man von Leuten, die beispielsweise einen Klettersteig komplett ohne Sicherung machen. Das ist dann, als würdest du die Kreuzung in der Großstadt nicht nur mit verbundenen Augen überqueren wollen, sondern dich mitten drauf stellen und warten, bis ein Auto kommt.

Am besten machst du dir eine Liste und fängst frühzeitig an, den Rucksack zu packen. Teste außerdem, wie schwer er ist – du musst ja damit laufen können.

Je nach Anspruch deiner Wanderung solltest du dich auch um Sicherungen, Seile oder einen Helm kümmern. Wenn du auf diesem Level unterwegs bist, brauchst du aber unsere Tipps vermutlich nicht mehr.

5. Sei vorbereitet und denke an den Notfall

Selbst wenn du gut vorbereitet bist, kann in den Bergen immer etwas Unvorhergesehenes passieren. Es ist wichtig, das Wetter ständig im Blick und ein Handy mit der Notfallnummer 112 griffbereit haben. Einige Gebiete haben auch spezielle Notrufnummern für die Bergrettung. Zur Sicherheit einfach ins Handy einspeichern.

Polizei, Feuerwehr oder Krankenwagen? In diesen Fällen solltest du den Notruf wählen

Immer wieder hört man skurrile Geschichten, in denen die Polizei gerufen wurde. Damit dir das nicht passiert, sagen wir dir, wann du den Notruf 110 und 112 wählen solltest.

Auch wichtig: Du solltest sicher erste Hilfe leisten können, wenn's drauf ankommt. Und denk daran, dass Bergrettungen im Zweifel mehrere Tage dauern können, wie Einsatzleiter Axel Mill von der Bergwacht Garmisch-Patenkirchen bestätigt.

Setze dich mit den Szenarien auseinander. Kommt es zum Ernstfall, ist es gut, wenn du angemessen und kontrolliert reagieren kannst. Es bringt nichts, einfach zu hoffen, dass es schon gutgehen wird.

5. Hab keine Angst vor dem Abbruch

Ja, es ist ärgerlich, wenn man eine Bergbesteigung abbrechen muss. Aber Ehrgeiz kann an der falschen Stelle gefährlich werden. Wenn du merkst, dass du nicht mehr kannst, dein Begleiter an die Grenzen kommt, der Proviant zu wenig ist ... dann ist das eben so. Wenn das Wetter zu kippen droht und ein Unwetter aufzieht ... dann kannst du das auch nicht ändern.

Viele erfolgreiche und erfahrene Bergsteiger haben sich an einzelnen Bergen abgekämpft und haben mehrere Anläufe gebraucht, um die Gipfel zu erzwingen. Vernunft ist wichtig – oft hilft es hier, mit einem vertrauenswürdigen Partner darüber zu sprechen und gemeinsam die Entscheidung zu treffen, ob es weitergeht oder ob man besser umkehrt.

6. Vorsicht vor dem Abstieg

Viele Bergsteiger unterschätzen den Abstieg. Dabei passieren hier viel mehr Unfälle als beim Aufstieg, wie uns auch Extrembergsteiger Ralf Dujmovits im Gespräch bestätigte. Nicht umsonst heißt es in der Wanderwelt: „Der Berg gehört dir erst, wenn du wieder unten bist. Solange gehörst du ihm.“

Trendsportarten führen auch in den Alpen zu mehr Unfällen

Wie gefährlich es in den Bergen werden kann, zeigen die vielen – teilweise tödlichen – Unfälle in dieser Saison. Woran liegt das? Kommen einfach zu viele Menschen in die Berge, die auf die Gefahren nicht ausreichend vorbereitet sind? Tatsache ist: Es wird immer trendiger, in die Berge zu gehen: Hiking, Trekking, Wandern, Klettern, Bergsteigen, Klettersteig, Canyoning (das Wandern in einer Schlucht, von oben nach unten, meist mit Tauchen, Springen, Rutschen und Schwimmen im Wasser) sind im Massentourismus angekommen.

Allein die Bayerische Bergwacht vermeldet den traurigen Rekord von 8.516 Einsätzen in diesem Jahr. Die Einsatzzahlen hätten sich damit in den letzten Jahren verdoppelt. Der Grund liegt für die Bergwacht durchaus in den neuen Sommertrendsportarten, andererseits in der Mentalität der Touristen, die sich daran versuchen:

Oft überschätzen sich die Leute einfach. Jedem muss klar sein, dass er in den Bergen auch eine Eigenverantwortung hat und vorher abschätzen sollte, wie lang und wie schwierig zum Beispiel eine Tour ist und ob er dafür fit genug ist.

Regeln für Wanderer auf dem Mount Everest?

Auch auf dem Mount Everest gab es in dieser Saison viele Notfälle, elf Menschen sind gestorben. Die Saison 2019 (geht von März bis Mai) ist damit eine der schlimmsten an dem 8.848 Meter hohen Himalaya-Gipfel.

Den Bergsteigerbehörden wurde vorgeworfen, zu viele untrainierte und unerfahrene Touristen auf den höchsten Berg der Erde zu lassen. Nun empfiehlt ein Regierungskomitee, Regeln für Wanderer festzulegen – einen Katalog von Zulassungsbedingungen quasi, die man erfüllen muss, bevor man hoch darf.

Der Wanderer sollte...

  • wenigstens schon einmal einen Berg mit 6.500 Metern Höhe bezwungen haben.
  • einen erfahrenen Bergführer dabei haben.
  • ein angemessenes Training absolvieren.
  • gute Gesundheit nachweisen.
  • eine Versicherung haben, die mögliche Rettungskosten zahlt.

Wie genau man die Bewerber überprüfen will und wie sie welche Nachweise vorzulegen haben, ist noch nicht detailliert geklärt.

Bisher ist es so, dass jeder, der den Mount Everest besteigen möchte, eine Genehmigung von der Tourismusbehörde benötigt. Die Genehmigung kostete bislang außerdem rund 10.000 Euro. Das Komitee fordert nun, dass erstens die Genehmigung unter strenger Überprüfung der Regeln ausgestellt wird und zweitens auch die Gebühr dafür steigt. Der Vorschlag: eine Erhöhung auf rund 31.000 Euro.

In der Diskussion ist ebenfalls, eine Obergrenze festzulegen: Künftig sollten höchstens 150 Menschen pro Tag den Berg besteigen dürfen. Tatsächlich war dieses Jahr die Rede von einem „tödlichen Stau“ am Everest.

Die Verantwortung trägt auch der Bergsteiger

Wir haben mit dem Extrembergsteiger Ralf Dujmovits im Mai über die Lage am Mount Everest gesprochen. Er war selbst auf dem höchsten Gipfel der Welt und beklagt, dass mittlerweile zu viele unprofessionelle Touristen dorthin wollen. Er erklärte in der SWR3-Nachmittagsshow, dass es nötig sei, die Regierung in die Pflicht zu nehmen – das sei aber nur das halbe Problem. Wichtig sei, dass vor allem auch die Bergsteiger verstehen, dass sie für sich selbst verantwortlich sind:

Als verantwortungsvoller Bergsteiger sollte man sagen: Ich geh nicht am ersten oder zweiten Tag eines Wetterfensters, sondern ich lass mir ein bisschen mehr Zeit und geh am vierten oder fünften Tag. Es ist einfach das Problem, dass die Leute sofort losrennen und das sollten sie nicht tun.

Ein Wetterfenster ist ein kurzfristiger Zustand, in dem es ein bestimmtes Wetter an einem Ort gibt. Also zum Beispiel Sonne, wenn es vorher geregnet hat oder gewittrig war. Wer eine längere Tour vor sich hat, ist sicherer damit unterwegs, sich erst einmal zurückzulehnen und zu warten, ob das wirklich hält oder nicht doch wieder umschlägt.

Zitat Extrembergsteiger Reinhold Messner (Foto: picture alliance/APA/picturedesk.com; bearbeitet: SWR3)

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