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Extrembergsteiger Ralf Dujmovits aus Bühl ist schockiert über die Bilder der vergangenen Tage vom Mount Everest. Er war selbst auf dem höchsten Gipfel der Welt und beklagt, dass mittlerweile zu viele unprofessionelle Touristen dort hin wollen.

Ralf will nicht mehr zum Mount Everest. Mit seinen 57 Jahren würde er es vermutlich noch einmal nach oben schaffen – aber nicht mehr nach unten, sagt er im Interview mit SWR3-Moderator Volker Janitz.

In den letzten Tagen wurde der Massenansturm auf den höchsten Berg der Welt heftig kritisiert. Auslöser war ein Foto, das einen Stau von Bergsteigern auf den letzten Metern zum Gipfel zeigt.

Was reizt Menschen auf den höchsten Berg der Erde zu steigen?

Viele suchen vermutlich den Kick und wollen die Lorbeeren einheimsen, es nach oben geschafft zu haben. Aber was genau löst das Verlangen danach aus? Was gibt einem der höchste Punkt der Erde, dass dort so viele Menschen ihr Leben riskieren? Die Antwort liefert Ralf Dujmovits:

Man hat über Wochen hin so viel Energie und Kraft da reingesteckt. Im besten Fall hat man sich ein Jahr lang mit hartem Training vorbereitet und das kommt alles in diesem einen Moment zurück. Das ist wie ein riesiger Flash, den man auf einmal hat, man freut sich irre, die Anstrengungen hören auf und man ist einfach nur glücklich, da oben zu stehen.

Der Extrembergsteiger kann durchaus nachvollziehen, dass jeder gerne einmal im Leben auf dem Gipfel stehen möchte, dass viele Menschen davon träumen. Trotzdem findet er es riskant, dass inzwischen der Großteil der Mount-Everest-Besteiger keine Profis mehr sind.

Es waren dieses Jahr, wenn ich es richtig weiß, zwei Menschen am Everest unterwegs, die es ohne Sauerstoff probiert haben. Ansonsten sind alle mit künstlichem Sauerstoff unterwegs. Das heißt, das sind letztlich alles Touristen, die versuchen sich dort zu schmücken von wegen: Ich stand oben.

Der Abstieg ist das Gefährlichste

Die meisten Unfälle passieren laut des erfahrenen Bergsteigers übrigens beim Abstieg. Nicht umsonst heißt eine alte Bergsteigerweisheit: Der Berg gehört dir erst, wenn du wieder unten bist. Solange gehörst du ihm. Laut alpin.de passiert meist was NACH dem vermeintlichen Triumph auf dem Gipfel. Oberhalb der 8000er-Grenze, in der so genannten Todes-Zone. In den häufigsten Fällen ist die Todesursache Erschöpfung.

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„Auch die Toten lassen dich von deinem Ziel nicht abbringen“

Allein elf Tote gab es schon in diesem Frühjahr. Viele der Leichen können wegen der extremen Höhe nicht oder erst spät abtransportiert werden. Das ist mit sehr viel Aufwand und hohen Kosten verbunden. Die Bergsteiger kommen also nicht umhin an Leichen vorbei zu laufen. Was macht das mit einem?

Ich glaube in dem Moment, wo die Leute so kurz vor ihrem Ziel stehen und auf einmal den Tod vor sich sehen, da wird das einfach ausgeblendet. Man hat natürlich noch mal ganz bildhaft vor sich, was mit einem passieren kann, wenn man einen Fehler macht. Man wird vorsichtiger, zurückhaltender, vielleicht auch ehrfürchtiger – aber davon abhalten weiterzulaufen, lässt man sich nicht. Man hat das Ziel so sehr im Kopf verankert, dass man es einfach erreichen möchte und dann lässt man sich auch nicht von Toten davon abbringen. Das ist eine furchtbare Situation, ganz klar, aber der Tod gehört einfach im Leben dazu und ich habe im Laufe der Jahre mit vielen Besteigungen einfach verstanden, dass das unabwendbar ist.

Was Ralf nicht verstehen kann ist die Tatsache, dass sich die Leute immer alle am gleichen Tag aufmachen den Berg zu erklimmen.

Es war dieses Jahr so, dass das Wetterfenster, also die Möglichkeit während relativ windstillen Tagen auf den Gipfel zu kommen, sehr kurz war und damit haben sich wieder alle gleichzeitig auf den Weg gemacht.

Was kann gegen den Massentourismus am Berg getan werden?

Es wäre eine einfache Lösung, dass man den Fehler bei den Behörden sucht, die die Genehmigungen ausgeben. Während China die Anzahl der Leute reduziert hat, die auf den Berg hoch dürfen, muss man wissen, dass Nepal zu einem Großteil von diesen Einnahmen vom Mount Everest, vom Tourismus lebt. Dujmovits findet, dass es sehr viel mit der Eigenverantwortlichkeit des einzelnen Bergsteigers zu tun hat.

Als verantwortungsvoller Bergsteiger sollte man sagen: Ich geh nicht am ersten oder zweiten Tag eines Wetterfensters, sondern ich lass mir ein bisschen mehr Zeit und geh am vierten oder fünften Tag. Es ist einfach das Problem, dass die Leute sofort losrennen und das sollten sie nicht tun.

Mehr Infos zu Ralf Dujmovits gibt es auf seiner Homepage

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