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Kolja Schwartz, SWR3 Rechtsredaktion
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Carola Knape
Carola Knape (Foto: SWR3)

Fast 40 Prozent der Menschen in Deutschland sind inzwischen vollständig geimpft. Diese Menschen sollen mehr Freiheiten bekommen. Welche – darüber wird heftig diskutiert.

Wenn der Staat Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger einschränkt, braucht er dafür immer einen guten Grund. Auch die Maskenpflicht greift in die Freiheitsrechte ein, wenn auch nicht annähernd so stark, wie Ausgangssperren oder Kontaktverbote.

Die Maskenpflicht wurde bisher auf den Schutz von Leben und Gesundheit der Menschen gestützt

Das ist zweifelsfrei ein guter Grund. Der Staat ist nach dem Grundgesetz sogar verpflichtet, Leben und Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Aber: Jede einzelne Maßnahme muss auch geeignet und erforderlich sein, um das Ziel zu erreichen.

Wenn von vollständig Geimpften keine oder kaum noch eine Gefahr für andere ausgeht, ist auch die Maskenpflicht für sie nicht mehr geeignet, die Gesundheit anderer zu schützen. Das ist deshalb die entscheidende Vorfrage, die man klären muss.

Geimpfte spielen bei der Verbreitung von Corona keine wesentliche Rolle mehr

Klar ist: Das Risiko, das Virus trotz vollständiger Impfung zu bekommen und weiterzugeben, liegt nicht bei Null. Aber: Das Robert-Koch-Institut schreibt: „Aus Public-Health-Sicht erscheint durch die Impfung das Risiko einer Virusübertragung in dem Maß reduziert, dass Geimpfte bei der Epidemiologie der Erkrankung keine wesentliche Rolle mehr spielen.“ Nach dieser Aussage ist der Gesundheitsschutz derzeit wohl kein geeigneter Grund für Corona-Maßnahmen für Geimpfte.

So hatte die Politik auch reagiert und die meisten Einschränkungen für Geimpfte und Genesene aufgehoben. Auch für die Maskenpflicht für alle dürfte der Gesundheitsschutz als Grund nicht mehr dienen.

Sorgt die Delta-Variante dafür, dass auch für Geimpfte wieder mehr Einschränkungen gelten?

Natürlich kann sich das wieder ändern. So gibt es inzwischen erste Daten aus Israel, die zeigen, dass die Impfung bei der Delta-Variante weniger effektiv ist. Wenn sich also bestätigt, dass die Impfung bei bestimmten Varianten keinen oder nur einen geringen Schutz vor der Übertragung liefert, könnte man auch für Geimpfte wieder Maßnahmen erklären. Davon geht das RKI aber derzeit noch nicht aus.

Man könnte natürlich auch drüber nachdenken, ob es andere Gründe gibt, auch Geimpfte weiter die Maske tragen zu lassen. Zumal die Grundrechtseinschränkung nicht besonders stark ist. Aber: Bisher nennt der Staat keine solchen Gründe.

Im Alltag erkennt man kaum wer geimpft ist und wer nicht

Manche Juristen sagen, eine Argumentation könnte sein, dass man in der Bahn oder im Supermarkt nur schwer kontrollieren kann, wer geimpft ist und wer nicht. Oder dass auch die Nichtgeimpften sich dann nicht mehr an die Maskenpflicht halten würden. Ob das als Begründung ausreicht, ist stark umstritten.

Die Frage, ob jeder Impfberechtigte schon ein Impfangebot hatte, mag aus Gerechtigkeitsgründen vielen wichtig sein. Juristisch spielt sie allerdings eher keine Rolle.

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