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Daniel Isengard

Karl-Heinz Schulz aus Emmerich hatte noch diesen einen Wunsch. Sein 20-jähriger Nachbar Torben hat ihm diesen erfüllt – und ist mit ihm über 5.000 Kilometer quer durch Europa gereist.

Carlos, das ist der Spitzname des 93-jährigen Karl-Heinz Schulz aus Emmerich. Carlos hatte in seinem hohen Alter noch einen dringenden Wunsch – noch ein Mal wollte er das Meer sehen. Und er hat es gesehen! Torben Kroker, sein 20-jähriger Nachbar und Freund hat ihm diesen Wunsch erfüllt.

Drei Wochen und über 5.000 Kilometer – inklusive Instagram

In einem alten Mercedes mit über 140.000 Kilometern auf dem Zähler haben sich die beiden ungleichen Freunde auf den Weg gemacht. Erster Stop war Versailles. Die Stationen der Reise hat Torben auf seinem Instagram-Kanal festgehalten.

Wer im Leben Träume hat, der sollte sich diese erfüllen. Wer mit fast 94 Jahren noch einen letzten Traum hat, dem sollten keine Steine in den Weg gelegt werden. Und so haben wir uns in das Abenteuer gestürzt. Mit genug Gepäck und 143.000KM ist die erste Station heute Versailles. Ob wir die Runde durch Europa schaffen werden, wird man sehen. Wir glauben fest daran! #europamitcarlos#mercedesbenz #sommer#emmerich #frankreich

Seinen Spitznamen hat Carlos übrigens aus seiner Zeit in Spanien. Er geriet im Zweiten Weltkrieg in Frankreich in Gefangenschaft und floh dann nach Spanien.

Emotionale Momente und Tränen bei der Reise in die Vergangenheit

Für den 93-Jährigen war der Trip nicht nur die Erfüllung eines Wunsches. Torben Kroker erzählt im SWR3-Interview von vielen Momenten, die Carlos und ihn sehr bewegt haben und bei denen auch Tränen geflossen sind.

Also gerade an den Orten, an denen er gelebt hat und auch im Lazarett in Bregenz. Es waren auch nicht immer nur positive Erinnerungen dabei, sondern logischerweise auch mal negative. Gerade in der Nachkriegszeit war die Zeit leider sehr schwierig und von daher war es an der ein oder anderen Stelle schon sehr emotional.

Der erste Tag unserer Reise, wo wir mal die Koffer offen stehen lassen konnten und das Hotel nicht gewechselt haben. Wir erkundeten die Atlantikküste rund um Deba und machten eine Pause am Strand.☀️Anschließend fuhren wir in das kleine Städtchen Elgoibar. Hier lebte Carlos von 1948-1950. Wie er dahin kam? Er wurde Mitte 1948 in ein Minensuch-Kommando von Loroux-Bottereau (hier waren wir am Freitag) nach Südfrankreich berufen. Dort flüchte er aber nach kurzer Zeit über die Pyrenäen und landete im Baskenland. Hier wurde er interniert und schlief in einem Lager, anschließend als Untermieter bei diversen Familien. Da zu der Zeit jede Arbeitskraft benötigt wurde, verdiente er sich als Dreher in einer Firma seine eigenen Peseten. Nun kam er nach Elgoibar zurück (Bild 5-7) und war erstaunt, dass es sich nach 70 Jahren stark verändert hatte😅😂 Zu Abend aßen wir in Eibar in einem Paulaner Restaurant und hatten ein wenig Heimatgefühle. Wie Carlos den Tag fand, erzählt er lieber selbst😊 #europamitcarlos #spanien #oldbutgold #youngandold #abenteuerlust #mercedesyoungtimer

Rückkehr in die alte Heimat

Auf der Reise quer durch Europa sind Carlos und Torben auch ins Baskenland gefahren – dorthin, wo der 93-Jährige mal zuhause war

Der emotionalste Moment war für Carlos als er im Baskenland in Spanien war und dort in einem kleinen Dörfchen, wo er auch zwei Jahre gelebt hatte. […] Ich hab gemerkt, dass er sich da doch sehr sehr wohl gefühlt hat und er hat mir auch ein paar Mal gesagt: er hatte das Gefühl, irgendwo noch mal nach Hause zu kommen, in eine zweite Heimat

Auch der Moment, als in seinem alten Heimatort ein Hotelier noch den Namen der Firma kannte, in der Carlos 1948/49 als Dreher gearbeitet hatte, sei für den 93-Jährigen sehr emotional gewesen.

Corona hätte die Reise beinahe unmöglich gemacht

Ursprünglich hatten die beiden Freunde und Nachbarn die Reise schon fürs Frühjahr geplant, doch das Coronavirus hatte es damals unmöglich gemacht, quer durch Europa zu fahren. Im Sommer kam dann aber doch noch mal Schwung in die Planung.

Carlos hat dann aus eigener Initiative im Juli wieder gesagt: „Mensch, jetzt können die ersten wieder fliegen und die fahren alle in Urlaub, ich möchte das auch. Ich bin jetzt gerade noch fit. Ich weiß nicht, wie es nächstes Jahr ist. Von daher gehe ich das Risiko ein Stück weit ein. Mit 93 hab ich jetzt eh in Anführungsstrichen jetzt keine 20 Jahre mehr vor mir, auch wenn es sich hart anhört. Aber das hat er dann einfach so für sich auch entschlossen.

Eins meiner Highlights dieser unglaublichen Tour - Monaco. Gestern fuhren wir in den Staat der Schönen und Reichen, tauchten ein in die Welt des Glamours, der teuren Yachten und Autos. Es war ein Erlebnis für uns beide. In der kurzen Zeit schafften wir es zum Hafen und zum Casino, fuhren heute noch die GP-Strecke ab. Doch bevor es nach Monaco ging, machten wir Halt in der Hafenstadt Marseille, hier sind wir beide zuvor noch nicht gewesen. Die Stadt gefiel uns gut, auch wenn es am Samstag in der Innenstadt sehr voll war. Wir machten uns heute auf den Weg nach Mailand. Es sollte die bis dahin anstrengendste Fahrt gewesen sein. Wir brauchten für 320 KM über 6 Stunden, ( auch wenn die ersten 70 KM ab Monaco über die Landstraße am Mittelmeer ging) was einem langen Stau, einer anspruchsvollen Autobahn und sehr schlechtem Wetter (siehe Video) geschuldet war. Morgen geht es weiter Richtung Norden🚘 #europamitcarlos #abenteuerleben #oldbutgold #mercedesw124 #europatour

Von Frankreich und Spanien, ging es dann über Monaco und Bregenz zurück nach Deutschland. Das Verhältnis der beiden sei auf der Reise noch wesentlich inniger geworden. Dabei hätten sie sich auch schon vor der Reise jeden Tag gesehen und gehört, erzählt Torben.

Streit gab es auch – oft wegen Corona

Eine Reise wie die von Carlos und Torben erfordert ohnehin schon viel Planung. Wenn aber in Zeiten von Corona in vielen Ländern unterschiedliche Regeln, Richtlinien und Einreisebedingungen gelten, dann sind spontane Planänderungen nicht wirklich drin. Bei Torben und Carlos gab es deswegen auch die ein oder andere Diskussion.

Das waren einfach so Dinge, das konnten wir nicht umsetzen, dass wir noch mal dort hinfahren und hier noch mal nen Schlenker machen. Er hat nicht immer ganz verstanden, dass wir in Coronazeiten alles planen müssen. Er sagte immer: Mein Gott, wir können doch spontan irgendwo anhalten. Und ich: nein, das geht nicht! Da sind wir schon ab und an aneinander angeeckt

An den letzten Tagen der gemeinsamen Reise gab es noch mehrere Stopps in Deutschland: Stuttgart, Koblenz, Göttingen und schließlich Hamburg.

Bregenz am Bodensee und somit unsere letzte Station im Ausland haben wir am Donnerstag verlassen. Es ging von dort aus nach Stuttgart. Hier haben wir am Freitag das Mercedes-Museum besucht. Wir beide waren fasziniert. Ich erfuhr bei unserem Besuch, dass Carlos Ende der 60er selbst mal einen 190 SL (Bild 5) fuhr, seiner war Baujahr 1961. Nach unserem Museumsbesuch erkundeten wir ein wenig Stuttgarts Innenstadt und hier den Schloßplatz. Am gestrigen Samstag fuhren wir nach Koblenz und machten dort eine Stadtrundfahrt im VW Käfer, danach ging es noch mit der Seilbahn über den Rhein. Anschließend fuhren wir noch bis Göttingen, wo wir nach insgesamt 600KM Fahrt beide kaputt waren. Heute Vormittag setzten wir unsere Reise fort in die Hansestadt Hamburg. Hier werden wir die kommenden zwei Tage bleiben und einiges Spannendes erleben dürfen. #europamitcarlos #mercedesmuseum #w124 #abenteuer #oldbutgold # #hamburg #alterelbtunnel

Ein spannendes Abenteuer – mit Fortsetzung?

Für Torben war es von Anfang an selbstverständlich, Carlos den Wunsch zu erfüllen, noch ein mal ans Meer zu fahren. Aus diesem Wunsch wurde dann eine unvergessliche Reise für beide.

Ich hatte den lebenden Podcast neben mir sitzen. Ich kannte die Geschichten größtenteils schon, aber es war toll, dass ich jetzt auch die Bilder vor Augen hatte an den gewissen Orten und es war wirklich sehr interessant [...] Es war ein Abenteuer. Ich möchte es nicht missen und für Carlos war es noch mal eine Reise in die Vergangenheit.

Und trotz seines stolzen Alters, hat Carlos nach diesem Trip noch mal das Reisefieber gepackt. Es könnte nicht die letzte Reise der beiden Freunde gewesen sein.

Carlos hat schon die nächsten Pläne ein bisschen schmieden wollen. Natürlich nicht mehr die große Reise. Das wird wahrscheinlich jetzt auch einmalig gewesen sein, aber er will noch mal ein paar kleinere Reisen machen und hat da jetzt das Reisefeeling wieder erworben. Mal schauen, was sich da noch alles ergibt

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Daniel Isengard

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