Fünf mal haben die Sowjets in den 1980er Jahren versucht, das Pandschirtal im Norden von Afghanistan zu erobern. Fünf mal wurden sie zurückgeschlagen, verloren Männer, Waffen und Hubschrauber – vernichtend geschlagen von Ahmad Schah Massud, dem Herrn des Tals. Sein Spitzname lautet bis heute: „Shir-i-Panjshir“ – „der Löwe des Pandschirtals“.
Pandschirtal in Afghanistan: in 40 Jahren Krieg niemals eingenommen
Kriegsherr Ahmad Shah Massud wird bis heute von vielen verehrt. Man sieht ihn rechts im Tweet, links daneben sein Sohn und Nachfolger Ahmad Massud:
Das legendäre Tal von Pandschir beginnt rund 50 Kilometer nordwestlich von Afghanistans Hauptstadt Kabul. Sein persischer Name lautet übersetzt: „Tal der fünf Löwen“.
Heute ist das Tal einer der letzten Orte Afghanistans, der noch nicht von den Taliban besetzt ist. Dorthin strömen im Moment offenbar viele, die den Kampf noch nicht aufgegeben haben - rund 10.000 Kämpfer bislang, schätzen Experten.
Auch die Taliban konnten das Pandschirtal nie erobern
Schon in den 1990er Jahren war das Pandschirtal die Zentrale der berühmten Nord-Allianz – der vereinigten innerafghanischen Front gegen die Taliban.
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Auch heute wieder stoppt der ansonsten rasante Vormarsch der Taliban vor den Toren des Tals. Es ist der letzte Hort ihrer innerafghanischen Feinde. Angeblich greifen die mehrheitlich tadschikischen Kämpfer aus dem Pandschirtal sogar Nachbarprovinzen an, die die Gotteskrieger schon besetzt haben. Drei Distrikte haben sie zumindest vorübergehend erobert haben.
Afghanistans Ex-Vizepräsident: „Nie werde ich das Erbe meines Helden verraten“
Ihre Anführer kämpfen nicht nur gegen die Taliban, sondern auch für die Erhaltung der gerade untergegangenen Republik. Die wichtigste Leitfigur ist vermutlich Ahmad Massud, der 32-jährige Sohn des „Löwen“. Sein Vater war 2001, kurz vor den 9/11-Anschlägen, von islamistischen Selbstmordattentätern ermordet worden.
Massud kündigte am Sonntag an, er werde das Pandschirtal nicht aufgeben. Sollten die Taliban nicht verhandeln, sei Krieg „unvermeidlich“.
Unversöhnlicher Todfeind der Taliban
Neben Ahmad Massud stehen zwei berühmte Gefolgsleute seines Vaters: Der eine ist Amrullah Saleh, früherer Geheimdienstchef und zuletzt Vizepräsident Afghanistans. Tausende schwer bewaffnete Soldaten sollen mit ihm zusammen ins Pandschirtal geflüchtet sein, um sich dort neu zu formieren.
Saleh gilt als unversöhnlicher Todfeind der Taliban und scheint zu allem bereit zu sein, um ihnen militärischen Widerstand entgegenzusetzen. Außerdem betont er in seinen Tweets, laut afghanischem Recht sei er nach der Flucht des Präsidenten jetzt selbst Präsident von Afghanistan.
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Am Tag des Einmarsches der Taliban in Kabul twitterte Saleh: „Ich werde mich nie und nimmer und unter keiner Umständen den Taliban-Terroristen beugen. Und nie werde ich das Erbe meines Helden Ahmad Shah Massud verraten – Kommandeur, Legende und Anführer.“
Widerstand in Afghanistan zwischen Diplomatie und Gewalt
Der andere ist der langjährige Außenminister Abdullah Abdullah. Er kämpft wie schon früher an der diplomatischen Front: Gemeinsam mit Ex--Präsident Hamid Karzai führt er Gespräche mit den Taliban – auch über seine Heimat, das Pandschirtal.
Langfristig könnte er der Mann werden, auf den es ankommt. Denn das Pandschirtal ist von den Taliban umzingelt. Womöglich müssten sie die Gegend lediglich abriegeln. Experten glauben, dass der Widerstand im Pandschirtal vor allem dazu dienen soll, Druck auf die Verhandlungen in Kabul zu erzeugen.
Ins Tal hineinkommen dürften sie allerdings auch weiterhin nicht. Im Moment sieht es eher umgekehrt aus. Der amerikanische Afghanistan-Reporter Bill Roggio vom bekannten Long War Journal hat am Freitag getwittert:
„Der Widerstand in Pandschir, den Amrulla Saleh leitet, ist noch lang keine Lösung, aber Afghanistans letzte Hoffnung. Er hat einen Riss im Panzer der Taliban entdeckt und drei Distrikte erobert.“