IT-Sicherheitsexperten zufolge könnte es sich bei der gezielten Sabotage am Kabelnetzwerk der Deutschen Bahn um einen ersten Test gehandelt haben. „Es könnte nur ein Testdurchlauf gewesen sein, um die Auswirkungen einer solchen Sabotage zu sehen“, sagte Michael Wiesner, Sprecher des Expertengremiums Arbeitsgruppe Kritische Infrastrukturen (AG Kritis) den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Sprecher: Zusammenhang zwischen Bahn- und Nord-Stream-Sabotage denkbar
Die zwei in Berlin und Herne durchtrennten Kabel zeigten, „dass es sich um koordiniertes Vorgehen handelt“, so der AG-Kritis-Sprecher und IT-Sicherheitsberater. Die Täter hätten Informationen über die Trassenführung, das GSM-R-System sowie die Folgen eines Ausfalls gehabt.
„Dies lässt auf jeden Fall auf ein hohes Maß an krimineller Energie und umfangreiche Vorbereitung schließen“, sagte Wiesner weiter. Neben einem möglichen Testlauf sei auch ein Zusammenhang mit der mutmaßlichen Sabotage an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 oder mit der Zerstörung der Krim-Brücke denkbar, sagte Wiesner.
Gaslecks bei Nord Stream 1 und 2: Sabotageverdacht erhärtet sich
Ebenso könnte der Zeitpunkt explizit gewählt worden sein, etwa aufgrund von Großveranstaltungen wie der AfD-Demonstration in Berlin oder den Bundesliga-Fußballspielen am Wochenende.
Bahnkabel vorsätzlich durchtrennt – Staatsschutz geht von politisch motivierter Tat aus
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte am Samstag gesagt, es sei mittlerweile klar, dass an zwei Standorten in Deutschland die Kabel vorsätzlich durchtrennt worden seien. „Klar ist, dass es sich um ein gezieltes und mutwilliges Vorgehen handelt.“ Die Hintergründe seien aber noch völlig unklar.
Am Wochenende übernahm in Berlin das Staatsschutzdezernat des Landeskriminalamtes die Ermittlungen. Ein Sprecher der Behörde teilte am Montagvormittag mit, man gehe von einer politisch motivierten Tat aus.

Nachrichten Verkehrsminister Wissing: Tathintergründe sind noch nicht bekannt
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Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP): Tathintergründe der Kabelsabotage bei der Deutschen Bahn sind noch nicht bekannt
Aus Sicherheitskreisen heißt es, es seien am Karower Kreuz in Berlin und in Herne in NRW vorsätzlich so genannte Lichtwellenleiterkabel beschädigt worden. Damit sei auch das Backup-System ausgefallen. Die Täter kannten sich offenbar aus und wussten genau, was sie tun.
SWR3-Reporter Kai Küstner:

Nachrichten SWR3-Reporter Kai Küstner: Täter kannten sich offenbar aus
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Sicherheitsexperten gehen davon aus, dass die Täter, die die Kabel der Bahn beschäditen, sich auskannten.
Verspätungen und volle Züge
Für die Bahnkunden, die am Samstag ihre Reise nicht antreten konnten, gibt es eine „Sonderkulanz“: Die für den Samstag gebuchten Tickets für den Fernverkehr können „bis einschließlich sieben Tage nach Störungsende“ flexibel genutzt werden, so die Bahn. Reservierungen können demnach kostenfrei storniert werden.
Angriff auf die Bahn: Bundespolitiker fordern besseren Schutz
Bundeswehr-General Carsten Breuer warnte am Wochenende vor weiteren Anschlägen auf die kritische Infrastruktur in Deutschland. „Jede Umspannstation, jedes Kraftwerk, jede Pipeline“ könne angegriffen werden, sagte der Befehlshaber des neuen territorialen Führungskommandos der Bundeswehr der Bild am Sonntag. „Das ist der Zustand zwischen nicht mehr ganz Frieden, aber auch noch nicht richtig Krieg.“
Terrorismus-Experte: So kann sich Deutschland besser schützen
Grünen-Chef Omid Nouripour sagte der dpa, es müsse viel mehr Geld für den Schutz kritischer Infrastruktur ausgegeben werden. Außerdem müsste der Zivil- und Katastrophenschutz besser ausgestattet werden und Polizei und Nachrichtendienste verstärkt den Schutz besonders gefährdeter Anlagen in den Blick nehmen.
Der SPD-Bundestagsfraktionsvize Detlef Müller sagte, aus seiner Sicht gehöre auch die digitale Leit- und Sicherungstechnik zur kritischen Infrastruktur. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sowie die Bahn und Behörden müssten jetzt einen Plan erarbeiten, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.