Laut einer Bahnsprecherin gibt es nur noch in einzelnen Fällen Verspätungen, die mit der Arbeitsniederlegung der Lokführer zusammenhängen. Auch der Güterverkehr läuft wieder an – nach Angaben von DB Cargo gab es durch den Streik einen Rückstau von rund 220 Zügen.
Vor Reisebeginn besser nochmal rückversichern
Damit alles nach dem Streik wieder regulär laufen kann, müssen zunächst Züge und Personal laut Bahn an ihre Abfahrtsorte gebracht werden. Fern- und Regionalzüge sowie die S-Bahnen sollen weitgehend nach Plan fahren.
Das Unternehmen ruft Kunden aber dazu auf, sich vor Reisebeginn trotzdem über die Webseite, die App oder telefonisch zu informieren, ob ihr Zug wie geplant fährt. Außerdem rechnet die Bahn mit deutlich mehr Fahrgästen im Fernreiseverkehr. Sie rät daher, mit einer Sitzplatzreservierung zu reisen – oder aber später zu fahren. Darum hatte die Bahn schon vorab Kunden gebeten. Wer sein Ticket für den Streik-Zeitraum hier nicht nutzen wollte, konnte es umtauschen oder darf noch bis Samstag, 4. September damit fahren. Das geht auch bei Fahrkarten mit Zugbindung.
Bahnstreik forderte Geduld von Pendlern und Urlaubern
48 Stunden hatten die Lokführer große Teile des Zugverkehrs lahmgelegt. An den beiden Streiktagen fielen laut Bahn mehr als zwei Drittel der Fernzüge und mehr als die Hälfte der Regionalzüge aus. Das traf vor allem Urlauber und Berufspendler. Die Bahn arbeitete unter anderem mit einem Notfallfahrplan – sie setzte zum Beispiel extralange ICE im Fernverkehr ein. Der Ersatzverkehr funktionierte laut Bahn gut. Viele Reisende hätten sich auf die Situation eingestellt.
Geduld brauchte man dennoch überall in Deutschland – auch in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Streik-Schwerpunkte waren zum Beispiel Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg und Tübingen. Zwischen Wörth und Bad Bergzabern in Rheinland-Pfalz waren nur Ersatzbusse unterwegs.
Vermittlungsversuch gescheitert: Corona-Prämie lehnte die GDL ab
Die Bahn scheiterte am Sonntag mit dem Versuch, den Streik im Personenverkehr noch abzuwenden. Sie erklärte sich bereit, über eine Corona-Prämie für die Beschäftigten, eine der GDL-Forderungen, zu verhandeln. Die GDL sah darin jedoch ein „Scheinangebot“ und hielt an den Streikplänen fest:
Weselsky drohte der Bahn in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bereits am Montag mit weiteren Streiks: „Ich spreche im Eisenbahnsystem nie über unbefristete Arbeitskämpfe. Aber wir können auch länger streiken als bisher.“ Auch jetzt – nach Ende des Streiks – ist eine Annäherung im Tarifstreit zwischen Unternehmen und Gewerkschaft noch nicht in Sicht. Die GDL will zunächst eine Bilanz ihres Streiks ziehen.
Bahnchef Richard Lutz hingegen sieht gute Chancen für eine schnelle Einigung. Die Unterschiede in den Vorstellungen von Bahn und GdL seien überhaupt nicht groß. In der strittigen Frage der Laufzeit des künftigen Tarifvertrags könne eine Lösung auch sehr schnell erfolgen, sagte Lutz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Donnerstag. Er rief den GDL-Chef dazu auf, vor einer möglichen neuen Streikrunde zu verhandeln. „Wir werden gewiss nicht mit leeren Händen kommen“, sagte Lutz.
Kritik: Streik mitten in der Urlaubszeit und während der Pandemie
Der August ist eine der reisestärksten Zeiten, viele Menschen fahren in Urlaub. GDL-Chef Claus Weselsky sagte vor dem ersten Streik, es gebe keinen günstigen Zeitpunkt für einen Streik.
Kritik gab es allerdings, dass solche Streiks während der Corona-Pandemie stattfinden. SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach befürchtete zum Beispiel zu viele Menschen in überfüllten Zügen – ausgerechnet zu Beginn der vierten Corona-Welle. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CDU) kritisierte den Streik nach einer langen Covid-Durststrecke.
Weselsky ließ diese Kritik nicht gelten: Die Menschen im Eisenbahnsystem hätten über die gesamte Corona-Zeit den Verkehr aufrechterhalten. Lauterbach bezeichnete er spöttisch als „Gesundheitspapst der Sozialdemokraten“.
GDL und EVG: Zwei konkurrierende Gewerkschaften
Die GDL fordert 3,2 Prozent mehr Lohn und eine Corona-Prämie von 600 Euro. Die Bahn hatte bereits die 3,2 Prozent angeboten – allerdings mit einer längeren Laufzeit, eine weitere Lohnerhöhung wäre also erst später möglich. Das Unternehmen erklärte, mehr sei nicht drin – wegen neuer Milliardenverluste während der Corona-Pandemie und großen Flutschäden.
Anders als die größere, konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will die GDL in diesem Jahr auch keine Nullrunde bei den Gehältern akzeptieren. Die EVG wirft der GDL einen Machtkampf bei der Bahn vor. EVG-Chef Klaus-Dieter Hommel sagte der Zeitung Die Welt, der GDL gehe es um Mitgliederwerbung. Ähnlich äußerte sich auch der Bahn-Personalvorstand Martin Seiler: Der GDL gehe es nicht nur um Löhne und Laufzeiten, sondern um einen Konkurrenzkampf mit der Gewerkschaft EVG. Den Streik bezeichnete er als „unnötig und überflüssig“
Zweiter Streik der Lokführer im August
Anfang August hatten sich die Mitglieder der GDL mit großer Mehrheit für einen Arbeitskampf ausgesprochen. Am Dienstagabend, dem 9. August, ging es im Güterverkehr los. Am Mittwoch, den 10. August, haben die Lokführer dann auch im Personenverkehr der Deutschen Bahn die Arbeit niedergelegt – mit deutlich spürbaren Folgen.
Im Fernverkehr fuhr nur ein Viertel der Züge, im Nahverkehr war das von Region zu Region unterschiedlich. Mehrere Anbieter fuhren, wie beispielsweise Go Ahead, Abellio, National Express, Vlexx oder die SBB, bei denen der Streik kaum Auswirkungen hatte.