Fynn Kliemann hat digitale Kunstwerke, kurze Musikstücke, für mehr als 200.000 Euro versteigert. Nach Recherchen des Magazins Kontraste hat er sich nicht an seine eigenen Auktionsbedingungen gehalten.
Am Sonntag, den 7. März 2021, um 20 Uhr sollte der jeweils Höchstbietende den Zuschlag erhalten – so lautete die Ausschreibung auf der Website, die Kliemanns Firma betreibt. Für mindestens 84 NFTs bestätigt Kliemann Gebote, die erst nach 20 Uhr eingehen und über dem Höchstgebot von 20 Uhr liegen – also laut Kliemanns zuvor verkündeten Auktionsbedingungen überhaupt nicht hätten zugelassen werden dürfen. Vereinzelt akzeptiert er auch Gebote, die unter dem Höchstgebot von 20 Uhr liegen.
Berechnungen von Kontraste ergeben: Weil Kliemann Höchstgebote annahm, die nach der zuvor angekündigten Frist eingegangen waren, steigerte er den Umsatz um rund 68.000 Euro. Jetzt droht Schadensersatz.
Fynn Kliemann rastet auf Instagram aus
Auf einem Instagram-Video war Kliemann am Wochenende zuvor richtig ausgeflippt: wegen der „Böhmermann-Scheiße“, der Medien insgesamt und der linke Szene, die zu „woke“ sei (zu „aufmerksam“) auch wenn es gar keinen Grund dafür gebe:
„Ich weiß, ihr habt mich mit öffentlichen Geldern groß gemacht, dann hab' ich nicht gespurt und jetzt soll ich mit den gleichen öffentlichen Geldern zerstört werden“, tobt Kliemann. Er hat lange mit dem Content-Netzwerk Funk von ARD und ZDF zusammengearbeitet.
Ok, Fynn hat den Kanal voll. Aber hat er deshalb auch Recht? Vielleicht sollte er sich mal das Video des Zapp.Medienmagazins in Ruhe ansehen und -hören:
Kliemannsland ohne Kliemann
Die Mitarbeitenden von Kliemanns Event- und Spaß-Standort „Kliemannsland“ haben jetzt ein eigenes PR-Video veröffentlich – ohne Kliemann selbst:
Der Vorwurf von Böhmermann im Mai gegen Fynn Kliemann
Anfang Mai war Kliemann durch einen TV-Beitrag von Jan Böhmermann in die Kritik geraten. Es ging um Verbindungen zu einer Textilfirma rund um das Geschäft mit Schutzmasken. Im Raum steht die Frage, ob die Produktionsherkunft – Asien statt Europa – bei Geschäften der Firma mit einem Großhändler im Jahre 2020 bewusst verschwiegen worden war. Kliemann und die Firma hatten sich dann unabhängig voneinander mehrmals zu Wort gemeldet und den ziemlich kleinteiligen Fall erläutert (wir erläutern die Details weiter unten – dort könnt ihr auch das Böhmermann-Video sehen).
Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts gegen Kliemann
Kliemann hatte sich nach eigenen Angaben vor allem mit seiner Bekanntheit, seinem Namen und unentgeltlich dafür eingesetzt, dass in der Pandemie schnell Masken hierzulande auf Großhandelsebene organisiert werden.
Jetzt läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts im Zusammenhang mit dem Böhmermann-Beitrag gegen ihn. Der genaue Inhalt ist unbekannt. Die Ermittler haben nach eigenen Angaben mindestens eine Anzeige erhalten und leiteten später das Ermittlungsverfahren ein.
Wer ist Fynn Kliemann?
Mal kauft und renoviert er ein Hausboot und macht später eine Netflix-Doku daraus, mal lebt er easy mit anderen Generation-Y-lern im Kliemannsland, mal macht er ein Album, und mal etabliert er ein Ferien-Wohnungs-Portal für die gute Sache.
Fynn Kliemann gilt als umgänglicher Typ mit dem man gut auskommt, der irgendwie alles kann oder hinbekommt. Alle mögen ihn, er ist auf Galas, bekommt Preise und Auszeichnungen.

Nachrichten Böhmermann über Fynn Kliemanns Maskendeals
- Dauer
Nach dem Böhmermann-Film begann der Shitstorm
Jan Böhmermann und das Team vom ZDF Magazin Royale hatten Kliemann und sein Gut-Menschen-Image Anfang Mai ordentlich in Zweifel gezogen. Der knapp 30-minütige Beitrag plätschert erst mal vor sich hin. Böhmermann erklärt darin, woher wir Kliemann kennen und erklärt, dass der Youtuber selbst schon bei ihm in der Sendung war.
Wir dröseln auf: Wurden Kliemanns Corona-Masken gar nicht fair produziert?
Die beiden Geschäftsmänner Kliemann und Illbruck rühmten sich damit, dass ihre Masken fair in Europa, genauer gesagt Portugal und Serbien, produziert sein sollen. Damit gewannen die beiden auch den Versandhändler aboutyou als Großabnehmer und das Geschäft lief richtig gut:
Doch laut Böhmermann und seinem Team kam ein Großteil der Masken gar nicht aus Portugal und Serbien, sondern wurde in Bangladesch und später auch Vietnam produziert. Die Herkunft sollen Kliemann und Illbruck aber bewusst versucht haben, zu verbergen.
Laut der ZDF-Magazin-Royal-Recherche lag der der durchschnittliche Monatslohn der Angestellten in der Näherei bei 130 Dollar. Dieses Einkommen läge zwar über dem dortigen Mindestlohn, würde aber nur etwa die Hälfte des Existenzminimums betragen, heißt es.
Fynn Kliemann: Fehlerhafte Masken an Flüchtlinge geschickt?
Und dann kam der eigentliche Schock-Moment der Sendung: Eine der ersten Tranchen von 100.000 Masken aus Bangladesch soll von mangelhafter Qualität gewesen sein und damit nicht für den Verkauf in Europa geeignet. Doch die beiden Unternehmer hatten wohl eine Idee: Die fehlerhaften Masken sollen für Flüchtlingscamps nach Bosnien und Griechenland gespendet werden.
Das ZDF-Magazin Royale veröffentlicht dazu den Screenshot eines privaten Chatverlaufs.
Demnach soll Illbruck geschrieben haben:
„kannst du mir 50 K vom dem Bangladesh kram rüberschicken, wir können die sofort in ein camp nach Samos Griechenland und Bihac in Bosnien schicken.“
Antwort Fynn Klymann: „100.000 falsche Masken sind vollzählig hier. Logistik klappt [mit Tränen lachender Smiley]“
Illbruck: „Dann her damit bitte :-)“
Statement von Illbruck und Kliemann
Bereits vor der Sendung hatte sich Kliemann zu den Anfragen, die das ZDF-Magazin-Royal-Team geäußert. Eine Taktik, die von Journalisten kritisiert wird. Allerdings dürfte ihm zu dem Zeitpunkt nicht klar gewesen sein, wie tief das Recherche-Team gegraben hatte. Dass die Masken zum großen Teil aus Asien stammen sollen, erwähnte er nicht.
In einem anderen Video, dass Kliemann auf Instagram veröffentlicht hatte, entschuldigt sich Kliemann nach der Ausstrahlung und weist Vorwürfe zurück: „Ich möchte mich für einiges entschuldigen und anderes dringend richtig stellen, da die Betrugsvorwürfe einfach nicht stimmen.“ Im Video liest Kliemann sein Statement von einem Zettel ab.
Illbruck sagt zur Herkunft der Masken: „Nach dem, was uns an Dokumenten vorliegt, gibt es keine Absprachen mit About You, dass die Masken explizit aus Portugal gekommen sind und das ist an keiner Stelle schriftlich versichert worden.“
Die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis hat Kliemann inzwischen den Sonderpreis des Next Economy Awards aberkannt – wegen Anwendung unlauterer Methoden und Hintergehen der Stiftung durch Greenwashing. Das Datum der Pressemitteilung ist der 6.5.2022. Auf der Webseite lmaafk.de hat das Magazin Royal die gesamte Recherche veröffentlicht.