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Christian Kreutzer
Christian Kreutzer (Foto: SWR3)

Polizisten, Nothelfer und Feuerwehrleute als legale Ziele von Gewalttätern? Ein Experte erklärt, wie es dazu kommt. Brauchen wir ein radikales Böllerverbot?

Für viele war es ein Schock, was sich an Silvester vor allem auf Berliner Straßen abspielte: Angriffe auf Passanten, Polizisten, Krankenwagen und Feuerwehrleute. Ein Löschtrupp wurde regelrecht in einen Hinterhalt gelockt und angegriffen.

Über 100 Personen hat die Polizei vorübergehend festgenommen. Gegen sie laufen Ermittlungen wegen Brandstiftung, Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz, Landfriedensbruchs sowie tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte.

Silvester-Angriffe eine Mischung aus „Attacke und Scherz“

Was treibt solche Täter an? Der RBB hat mit dem bekannten Sozialpsychologen Ulrich Wagner von der Uni Marburg darüber gesprochen. Wagner sagt, einerseits liege es natürlich am Alkohol und einer enthemmten Stimmung junger Menschen zwischen Ausgelassenheit und Aggression. Entsprechend seien auch die Angriffe auf Beamte und Helfer eine Mischung aus „Attacke und Scherz“.

Aber wer sind die Jugendlichen, die das betrifft? Was Wagner wundert: Insgesamt gehe die Straßengewalt zurück. Gewalt wie die an Silvester aber nehme weiter zu. Wagners Schlussfolgerung: Man habe es mit einer kleinen Gruppe zu tun, „die eigene Vorstellungen zum Umgang mit staatlichen Institutionen und zum Umgang mit Gewalt entwickelt hat“.

Berliner Krawalle: „Die da oben“ als Fremdkörper und legitimes Ziel

Viele sehen dahinter vor allem Gruppen junger Menschen mit ausländischer Abstammung. Wagner ist sich da nicht so sicher: Die Gruppe der 18- bis 26-Jährigen bestehe in vielen urbanen Gegenden sowieso zu 50 Prozent aus Menschen mit Migrationshintergrund.

Wagner glaubt aber auch, dass bei vielen Tätern mit ausländischer Abstammung Integration und Partizipation noch nicht gut gelungen seien. Wenn es da bei der Qualität der Angebote hapere, hier schieflaufe, entstünden solche Subgruppen.

In denen entwickeln sich dann eben eigene Vorstellungen von der Akzeptanz von Gewalt.“

„Die da oben“ würden als etwas Fremdes und Feindseliges angesehen werden, gegen die es legitim sei, vorzugehen.

Und jetzt ein Böllerverbot? Dazu ein Pro und Contra:

Und jetzt? Wie immer werden härtere Strafen gefordert. Dabei erklären Experten wieder und wieder, dass das Problem nicht das Strafrecht, sondern die völlig überlastete Justiz ist: Dadurch landen Fälle teils erst nach Jahren vor Gericht – und enden meist mit Bewährungsstrafen, weil das weniger Arbeit macht, als jugendliche Täter ins Gefängnis zu bringen.

Oder: ein Böllerverbot, wie es die Gewerkschaft der Polizei Berlin verlangt. Aber würde das nicht alle treffen? Wie in ganz Deutschland ist man auch in der ARD geteilter Meinung – Zeit für ein Pro & Contra:

Pro Böllerverbot

Für Sabine Henkel vom WDR ist das Ende des Böllerns die einzig richtige Lösung:

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Nachrichten „Es gibt kein Argument dafür“

Dauer

Sabine Henkel befürwortet ein striktes Böllerverbot.

Contra Böllerverbot

Ganz anders als Sabine Henkel sieht es Björn Dake vom Bayerischen Rundfunk:

Logo SWR3 (Foto: SWR, SWR)

Nachrichten „Die Forderung lenkt nur von den wahren Problemen ab“

Dauer

Björn Dake findet: Die Böller sind nicht das Problem.

Und wie seht ihr das?

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