Chinas Staatsführung lässt keinen Zweifel zu: Es reicht. In chinesischen Großstädten wie Shanghai, Hangzhou und in der Hauptstadt Peking waren Polizisten Montagabend unter anderem verstärkt in Universitätsvierteln im Einsatz. Auch wurden die Straßen abgesperrt, an denen es zuvor zu den Versammlungen gegen die Null-Covid-Politik gekommen war.
Festnahmen und strenge Kontrollen in China
An anderen Orten gab es vereinzelt Kundgebungen. In der Sonderverwaltungszone Hongkong versammelten sich dutzende Menschen an der Chinesischen Universität. „Schaut nicht weg, vergesst nicht“, riefen die Demonstranten. In Hangzhou, rund 170 Kilometer südwestlich von Shanghai, gab es trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen sporadische Proteste im Stadtzentrum, dabei wurden zehn Menschen festgenommen, wie ein Teilnehmer berichtete.
SWR3-Korrespondent Benjamin Eyssel berichtet aus Peking:

Nachrichten War es das? Proteste gegen Corona-Maßnahmen in China
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Nach den landesweiten Demonstrationen vom Wochenende hat es in China in der vergangenen Nacht keine größeren Proteste gegeben. Die Polizei war in großen Städten des Landes mit verstärkter Präsenz unterwegs. Benjamin Eyssel:
Polizei in China verhindert weitere Proteste
Mehrere große Universitäten schickten offenbar Studenten nach Hause, Seminare und Abschlussprüfungen sollen online stattfinden.
Die Nachrichtenagentur AP berichtet, einige Unis hätten Busse organisiert, um die Studenten zu Bahnhöfen zu bringen. Offizielle Begründung: Man wolle damit eine weitere Ausbreitung des Coronavirus verhindern. Beobachter gehen aber davon aus, dass man so die Studenten von weiteren Demos und Protesten abhalten will.
Proteste China will noch härter gegen Demonstranten vorgehen
Präsenz mit Panzerfahrzeugen, Kontrollen von Personen und Handys: China setzt seinen "Null-Covid"-Kurs weiter fort.
Demonstranten werden ausspioniert
Teilnehmer der Kundgebungen vom Wochenende berichteten, sie hätten Anrufe von Polizeibeamten erhalten, die sie zu ihren Aktivitäten befragt hätten. An einem Platz in Shanghai, auf dem am Wochenende Demonstranten auch den Rücktritt von Präsident Xi Jinping gefordert hatten, mussten Restaurants und Cafes aus Gründen der „Seuchenbekämpfung“ um am Abend schließen. Polizisten waren an U-Bahn-Ausgängen stationiert. Vier Menschen wurden vorübergehend festgenommen.
Verbotene VPN und Messenger in China
In zahlreichen Fällen wurden Menschen auf der Strasse angehalten und mussten ihre Smartphones vorzeigen. Die Polizisten forderten sie unter anderem auf, Bilder von den jüngsten Protesten zu löschen. Außerdem überprüfte die Polizei Berichten zufolge, ob verbotene VPN-Programme auf den Telefonen installiert waren, mit denen man die staatliche Zensur umgehen kann.
Eine chinesische Polizeistreife befiehlt Menschen, Inhalte auf ihren Smartphones zu löschen:
Vor allem junge Chinesinnen und Chinesen hatten sich am Wochenende mit verschlüsselten Messengern wie Telegram zu Demonstrationen verabredet und Bilder und Videos von den Protesten auf Plattformen wie Twitter verbreitet. Beide Dienste sind in China nicht ohne VPNs nutzbar.
"Wachsende Unzufriedenheit, die sich in dieses System reinfrisst"
Nach Einschätzung des Experten Mikko Huotari vom Mercator Institute for China Studies wird China das Polizeiaufgebot auch in den nächsten Tagen „dramatisch hochfahren“ sowie die sozialen Medien stärker kontrollieren, sagte er in den Tagesthemen.
Doch auch wenn die Proteste für Chinas Staatschef Xi Jinping erst einmal keine Gefahr darstellten, zeige sich „eine schleichende und immer wachsende Unzufriedenheit, die sich in dieses System jetzt reinfrisst“, sagt Huotari.
China kündigt erneut mehr Impfungen an
Eine Abkehr von der strikten Null-Covid-Politik stellte Chinas Gesundheitskommission in einer Pressekonferenz nicht in Aussicht. Stattdessen wurde – wie bereits mehrfach zuvor – angekündigt, die Impfkampagne für ältere Menschen vorantreiben zu wollen. Aktuell seien noch immer nur rund 40 Prozent der Menschen im Alter von über 80 Jahren dreifach geimpft.
Wie haben die Protest in China begonnen?
In China protestieren seit einigen Tagen zahlreiche Menschen gegen die strenge Null-Covid-Politik des Landes, bei der bereits geringe Infektionszahlen zu Ausgangssperren und Massentests führen. Ausgelöst wurden die Proteste durch einen Wohnungsbrand in der Stadt Urumqi in der westlichen Region Xinjiang, bei der zehn Menschen ums Leben kamen. Kritiker werfen der Regierung vor, dass die strengen Corona-Maßnahmen den Rettungseinsatz behindert hätten. Derartige große Kundgebungen sind in China äußerst selten, da die Behörden mit großer Härte gegen jegliche Art von Protest vorgehen.
Die Menschen wehren sich gegen ständige Tests, Ausgangssperren, Zwangsquarantäne, lückenloser Überwachung durch Corona-Apps und Kontaktverfolgung.
Diese Aufnahmen zeigen die Polizei in Shanghai:
China: Festnahmen und massive Zensur
Bei den Demonstrationen waren Parolen wie „Hebt den Lockdown auf“ und „Wir wollen keine PCR-Tests, wir wollen Freiheit“ zu hören. Augenzeugen zufolge soll eine Gruppe in Shanghai „Nieder mit der Kommunistischen Partei! Nieder mit Xi Jinping!“ gerufen haben. Als Symbol des Widerstands und des Protests gegen die Zensur halten viele unbeschriebene weiße Blätter hoch. Wenn etwas darauf stünde, wäre das als Polizei-Beweis noch gefährlicher als es sowieso schon ist, in China auf die Straße zu gehen.
Wie viele Menschen festgenommen wurden, ist unklar. In China herrschte praktisch eine Nachrichtensperre. Soziale Medien waren voll mit Videoaufnahmen, die von der Zensur aber schnell wieder gelöscht wurden.