Der Nackte heißt David, ist mehr als fünf Meter groß und über 500 Jahre alt. Und er ist berühmt. Aber nicht als Pornodarsteller, sondern als eine der herausragendsten Statuen der Renaissance.
Für Hope Carrasquilla steht das außer Frage. Sie war Rektorin an einer Schule im US-Bundesstaat Florida – bis sie im März gefeuert wurde, weil unter anderem dieser nackte David im Kunstunterricht gezeigt wurde. Die ganze absurde Geschichte machte weit über die Grenzen Floridas die Runde und erreichte auch das italienische Florenz. Dort, in der Galleria dell'Accademia, steht nämlich der buchstäbliche Stein des Anstoßes.
Einladung nach Florenz zum nackten David
Der Bürgermeister von Florenz, Dario Nardella, lud Carrasquilla daraufhin ein, um ihr im Namen der Stadt Anerkennung auszusprechen. Ende April machte sich die ehemalige Schulleiterin also auf den Weg nach Italien. Dort wurde sie zuerst von der Direktorin der Galleria dell'Accademia, Cecilie Hollberg, persönlich durchs Museum begleitet und zu David geführt.

Am nächsten Tag begrüßte sie Nardella im Palazzo Vecchio und sprach mit ihr darüber, so heißt es, wie wichtig Kunst für die Entwicklung der Kultur sei.
Ich glaube, es ist eine Geste, die dazu dient, der ganzen Welt zu zeigen, was die Schönheit von Florenz ausmacht, was der David von Michelangelo symbolisiert und dass Nacktheit in der Kunst niemals als Vulgarität oder Pornographie angesehen werden kann.
Nackte Statue: Pornographie im Kunstunterricht?
Als Meisterwerk der Renaissance darf David natürlich in keiner Kunststunde über diese Epoche fehlen. An der Tallahassee Classical School, einer weiterführenden Schule im US-Bundesstaat Florida, steht die Renaissance in der sechsten Klasse auf dem Lehrplan. Neben einem Foto von David seien so auch Abbildungen des nicht weniger berühmten Freskos „Die Erschaffung Adams“, auch von Michelangelo, sowie des Gemäldes „Die Geburt der Venus“ von Botticelli gezeigt worden, berichtet die Zeitung Tallahassee Democrat.
Demnach meldeten sich danach drei aufgebrachte Eltern. Der Unterrichtsstoff habe ihre Kinder erschüttert. Zwei der Eltern wären gerne vorab informiert worden, die dritten beschwerten sich, dass die Unterrichtsstunde pornographisch gewesen sei. Seit Februar gelte an der Schule die Regel, dass Eltern zwei Wochen im Voraus darüber in Kenntnis gesetzt werden müssten, wenn Stoff behandelt werde, der „potentiell kontrovers“ sei, sagte Barney Bishop von der Schulbehörde. Wegen „einer Reihe von Missverständnissen“ sei der Brief nicht an die Eltern der Sechstklässler gegangen, erklärte die damalige Schulleiterin Carrasquilla.
Die wurde daraufhin unter Druck gesetzt: Sie könne entweder zurücktreten oder werde gefeuert. Also ging sie. Ein weiterer Lehrer reichte aus Protest seinen Rücktritt ein. Offenbar waren Bishop und Carrasquilla schon in der Vergangenheit nicht immer einer Meinung.
Florenz: David ist nicht porno
Der Bürgermeister von Florenz, Dario Nardella, twitterte, nachdem er von dem Eklat in den USA gehört hatte, Kunst mit Pornographie zu verwechseln, sei einfach lächerlich. Dazu postete er ein Bild von David in seiner ganzen nackten Pracht.
Auch Museumsdirektorin Cecilie Hollberg staunte über den Fall in Florida:
Das ist absurd. Nacktheit ist nicht dasselbe wie Pornographie.
Der italienischen Zeitung La Repubblica sagte sie, die David-Statue sei das Symbol der Renaissance, das den Menschen in all seiner Makellosigkeit, wie er von Gott erschaffen wurde, in den Mittelpunkt stellt. David sei zudem eine religiöse Figur. Sie lädt die Rektorin, die Schulbehörde, Eltern und Schüler ein, um die Reinheit der Statue zu betrachten.
Um eine Assoziation mit Pornographie herzustellen, muss man eine verzerrte Vorstellungskraft haben.