- Die Lage in der Türkei
- Die Lage in Syrien
- Seuchengefahr wächst
- Visa-Erleichterungen für Betroffene
- Erdbebenhilfe aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg
- Was ist passiert?
- So kannst du helfen
Sieben Milliarden von der internationalen Gemeinschaft
Die internationale Gemeinschaft mobilisiert sieben Milliarden Euro für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien. Gemeinsam habe man die Erwartungen übertroffen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einer Geberkonferenz am 20. März in Brüssel. „Wenn es zu einer Tragödie kommt, gibt es nur eine Antwort, und das ist Solidarität.“
Deutschland kündigte an, die bisher geleistete Erdbebenhilfe für beide Länder auf rund 240 Millionen Euro mehr als zu verdoppeln. Davon werde der größere Teil an die Türkei gehen, „weil da auch der Zugang und die Bedarfe viel klarer und viel einfacher sind als bei Nordwestsyrien“, sagte der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Tobias Lindner.
Nach Angaben von der Leyens unterstützt die EU aus ihrem Haushalt den Wiederaufbau der Türkei mit einer Milliarde Euro. Für humanitäre und erste Wiederaufbauhilfe in dem Bürgerkriegsland Syrien sollten weitere 108 Millionen Euro bereitgestellt werden. Insgesamt sagten die EU und ihre Mitgliedstaaten von der Leyen zufolge 3,3 Milliarden Euro zu. Der Rest kommt aus dem übrigen Kreis der internationalen Gemeinschaft.
Wegen Tötung: Anzeige gegen Erdoğan
Unterdessen haben Anwälte den türkischen Präsident Recep Tayyip Erdoğan und weitere Amtsträger – darunter Gouverneure, Minister und Bauunternehmen – angezeigt. Die rund 60 Juristen werfen ihnen unter anderem vorsätzliche und fahrlässige Tötung sowie Amtsmissbrauch vor. Kritiker sagen, dass die Regierung nicht genügend in die Vorsorge und Erdbebensicherheit der Gebäude in der betroffenen Region investiert hat. Erdoğan wird unter andrem vorgeworfen, die sogenannte Erdbebensteuer für andere Dinge ausgegeben zu haben. Die Steuer wurde nach dem letzten katastrophalen Erdbeben bei Istanbul 1999 eingeführt. Mit dem Geld sollten Häuser im Land eigentlich erdbebensicher gemacht werden. Aber ob das passiert ist, ist unklar.
Junger Mann nach 199 Stunden gerettet
Nach den ersten Erdbeben waren viele Rettungskräfte im Einsatz, um Überlebende in den Trümmern zu finden. Erfolgreiche Einsätze wurden mit der Zeit immer seltener. Doch es gab auch Wunder: So überlebte in der türkischen Provinz Adiyaman der 18-jährige Muhammed Cafer Cetin 199 Stunden unter dem Schutt, bevor seine Retter ihn in einer dramatischen Aktion befreien konnten, während das Gebäude über ihnen weiter in sich zusammenfiel.
Über schöne wie auch unschöne Momente für die Rettungsteams berichteten die Tagesthemen unter anderem am 11. Februar:
Deutsche Rettungsteams beenden Einsatz
Mehrere deutsche Hilfsorganisationen haben ihre Rettungseinsätze in der türkischen Erdbebenregion beendet. Die Helferinnen und Helfer sind seit 13. Februar wieder zurück in Deutschland. Weitere Einsätze in der Türkei seien aber nicht ausgeschlossen, so ein Sprecher des Technische Hilfswerk (THW).
THW-Mitarbeiterin: Rettung von 88-Jähriger war "unbeschreibliches Gefühl"
Auch die in NRW beheimateten Hilfsorganisationen I.S.A.R. Germany und BRH Bundesverband Rettungshunde waren vor Ort. Das gemeinsame Team aus 42 Einsatzkräften war mit sieben Hunden in Kirikhan in der Provinz Hatay seit Dienstag (7. Februar) im Einsatz und hat in der Stadt vier Menschen lebend aus den Trümmern gerettet, wie die beiden Organisationen mitteilten. Darunter war eine 40-jährige Frau, die in einer rund 50 Stunden dauernden Rettungsaktion aus einem eingestürzten Gebäude befreit wurde. Sie starb in der darauffolgenden Nacht im Krankenhaus.
Wie ein Bestatter aus Baden-Württemberg in der Türkei hilft
Während die Rettungsteams abgereist sind, ist die Arbeit für einen Mann aus Baden-Württemberg noch lange nicht vorbei: Bestatter Markus Maichle und sein Team identifizieren und desinfizieren seit kurz nach den ersten Erdbeben unermüdlich Leichen im Katastrophengebiet. Maichle aus Geislingen an der Steige ist Vizepräsident des Bundesverbands deutscher Bestatter und leitet das ehrenamtliche DeathCare Embalmingteam Germany, dem 13 ausgebildete Bestatter aus allen Teilen Deutschlands sowie zwei Dolmetscher angehören.
Wenn man das sieht, dann sind alle anderen Probleme im eigenen Leben so klein.
Seuchengefahr in Erdbebengebiet wächst
In den betroffenen Regionen in Syrien und der Türkei wächst nach der Katastrophe die Gefahr von Krankheiten. „In den Regionen, wo Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, drohen irgendwann Seuchen“, sagte Thomas Geiner, erdbebenerfahrener Mediziner und Teil des Teams der Katastrophenhelfer vom Verein Navis.
Durch die vielen ungeborgenen Leichen könne Wasser verunreinigt werden. Vielerorts hätten Leute zudem keinen Zugang zu irgendeiner Art von Toiletten. Auch dadurch könnten Keime in das Grundwasser gelangen. Geiner sagte, die Situation vor Ort erinnere ihn an die in Haiti nach dem Erdbeben 2010.
Nach Angaben des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan suchen inzwischen mehr als 1,5 Millionen Menschen in Zelten, Hotels oder öffentlichen Notunterkünften Schutz.
Visa-Erleichterungen für Erdbebenopfer
Die Bundesregierung plant deswegen Visa-Erleichterungen für Menschen aus der Türkei und aus Syrien. Familien in Deutschland solle es ermöglicht werden, Angehörige, die vom Erdbeben betroffen sind, vorübergehend bei sich aufzunehmen, wenn sie kein Dach mehr über dem Kopf haben oder medizinische Behandlung brauchen, schrieb Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei Twitter.
Laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sollen die Visa schnell erteilt werden und drei Monate gültig sein. „Es geht um Hilfe in der Not“, sagte sie laut ihrem Ministerium. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, man gehe von fünf Tagen Bearbeitungszeit aus – wenn ein türkischer Reisepass und alle Unterlagen vollständig vorliegen. Seit dem 13. Februar werden in den landesweiten Niederlassungen in der Türkei Termine vergeben, um die Visa zu beantragen.
Da die deutsche Botschaft in Damaskus geschlossen ist, haben es betroffene Syrer schwerer. Sie müssen sich an eine der Auslandsvertretungen in Amman, Beirut oder Istanbul wenden.
Erdbeben: Zahl der geborgenen Todesopfer steigt immer weiter
Bis Mittwoch (22. Februar) sind aus dem Erdbebengebiet mehr als 48.000 Tote gemeldet worden. Damit gehört die Katastrophe zu den zehn tödlichsten Erdbeben der vergangenen 100 Jahre.
Haftbefehle wegen Baumängeln
Hätten viele Schicksale verhindert werden können? Das ist nun die Frage, weswegen die Türkei damit begonnen hat, Bauunternehmer festzunehmen. Ihnen wird Pfusch am Bau vorgeworfen. Teile der Zivilgesellschaft finden, dass auch der Staat eine Verantwortung trägt. ARD-Korrespondent Benjamin Weber berichtet:

Nachrichten Festgenommene Bauunternehmer: Korruption und Pfusch am Bau?
- Dauer
Nach der verheerenden Erdbebenkatastrophe im Südosten der Türkei und Syrien hat die Türkei am Wochenende damit begonnen, Bauunternehmer festzunehmen. Ihnen wird Pfusch am Bau vorgeworfen. Teile der Zivilgesellschaft finden, dass auch der Staat eine Verantwortung trägt. ARD-Korrespondent Benjamin Weber berichtet.
100.000 Retter in der Türkei im Einsatz
Nach Angaben der türkischen Regierung waren in der Türkei etwa 100.000 Helfer im Einsatz. Das Land habe inzwischen Hilfslieferungen von fast 100 Ländern bekommen.
Auch für die Angehörigen in Deutschland ist das Ganze ein Alptraum, wie dieser junge Syrer im Gespräch mit SWR3 berichtet:
Erdbebenhilfe aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg
Auch Helfer aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg haben vor Ort geholfen:
Feuerwehrleute aus RLP retten Mutter und Tochter in der Türkei
Erdbeben in Türkei und Syrien: So hilft Baden-Württemberg
Auch Serkan Eren von der Stuttgarter Hilfsorganisation Stelp ist im Erdbebengebiet:
Eren hat SWR3 erzählt, wie es nach der Katastrophe im Erdbebengebiet weitergeht:

Nachrichten Serkan Eren von Stelp: Wie geht es jetzt weiter?
- Dauer
Serkan Eren von Stelp hat SWR3 erzählt, wie es jetzt im Erdbebengebiet weitergeht.
Er wollte auch von der Türkei nach Syrien reisen, um dort vor Ort zu helfen:

Nachrichten Serkan Eren (Stelp) will auch in Syrien helfen
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Serkan Eren von Stelp will auch nach Syrien reisen, um dort vor Ort zu helfen.
Große Verzweiflung vor allem in Syriens letztem Rebellengebiet
Auf der syrischen Seite der Grenze erschütterte das Beben Regionen, in denen rund vier Millionen Menschen leben – sowohl im Rebellengebiet von Idlib mit seinen vielen Vertriebenen, als auch in dem Teil, den Diktator Baschar al-Assad kontrolliert. Im Rebellengebiet sind erst einige Tage nach den Beben die ersten Hilfslieferungen angekommen.
Syrien: Diskussion um Aufhebung der Sanktionen
Deutschland will bei der Erdbebenhilfe in Syrien nicht mit Präsident Assad zusammenarbeiten. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts hat gesagt, man arbeite mit Organisationen der Vereinten Nationen zusammen – aber ganz konkret nicht mit der Regierung von Herrn Assad. Der syrische Machthaber ist international und auch innerhalb der arabischen Welt weitgehend isoliert. Ihm werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit angelastet, darunter der Einsatz von Chemiewaffen. Gegen die Assad-Regierung wurden internationale Sanktionen verhängt.
Hilfsorganisationen müssen deshalb viele Bedingungen erfüllen, um nicht gegen diese Sanktionen von USA und EU zu verstoßen und Strafen zu riskieren. Es sei ein „Eiertanz“, sagt der Leiter einer deutschen Hilfsorganisation, die in Syrien arbeitet. Deshalb fordert unter anderen die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen, dass die Sanktionen aufgehoben werden:

Hilfe für Erdbebenopfer in Syrien: Linken-Politikerin Sevim Dagdelen fordert Aufheben der Sanktionen
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Nach dem verheerenden Erdbeben müssen nach Ansicht der Links-Fraktion die Sanktionen gegen Syrien aufgehoben werden. Sevim Dagdelen, Obfrau der Fraktion DIE LINKE im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags fordert, dass humanitäre Hilfe nicht politisch instrumentalisiert werden dürfe. "Sie ist bedingungslos zu leisten und es darf dabei um nichts anderes gehen, als darum Menschen in Not zu helfen. Das ist das Gebot der Menschlichkeit."
Das Argument, Staatschef Baschar al-Assad würde von Hilfslieferungen für die Erdbebenopfer profitieren, ließ sie nicht gelten. Sanktionen würden generell nicht die Eliten, sondern immer die Bevölkerung treffen, ergänzte die Linken-Politikerin. Bereits vor dem Erdbeben hätten in Syrien laut UN-Angaben 90 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze gelebt. Vier von fünf Syrern könnten sich keine tägliche Mahlzeit leisten. "Das ist das Ergebnis des jahrelangen Krieges, aber auch der brutalen Wirtschaftssanktionen des Westens."
Warum auch Hilfsorganisationen, die von den Sanktionen ausgenommen sind, zurzeit kein Geld nach Syrien schicken können, erklärt Sevim Dagdelen im Interview mit SWR2 Aktuell-Moderatorin Laura Koppenhöfer.
Das UN-Flüchtlingswerk rechnet damit, dass wegen der schweren Erdbeben allein in Syrien mehr als fünf Millionen Menschen obdachlos sind. Humanitäre Hilfe in dem Bürgerkriegsland sei erschwert, so die UN-Organisation. Die Menschen litten bereits wegen wirtschaftlicher Schocks, der Pandemie und Winterstürmen. Schon vor dem Beben lebten laut Flüchtlingswerk fast sieben Millionen Syrer als Vertriebene im eigenen Land.
Was ist passiert? Zwei Erdbeben im Grenzgebiet Türkei-Syrien
Zwei heftige Erdbeben der Stärke 7,7 und 7,6 haben kurz nacheinander am frühen Montagmorgen (6. Februar) den Südosten der Türkei und den Nordosten Syriens erschüttert. Das Epizentrum lag nach Angaben des Geoforschungszentrums Potsdam in beiden Fällen nahe der türkischen Stadt Gaziantep unweit der Grenze. Demnach ereigneten sich die Beben gegen 2:17 Uhr und 2:28 Uhr unserer Zeit.
Im Laufe des Vormittags kam sogar noch ein weiteres Beben der Stärke 7,5 hinzu. Das Epizentrum habe diesmal in der Provinz Kahramanmaraş gelegen, meldete die Erdbebenwarte Kandilli in Istanbul. In der Woche danach gab es noch mindestens 2.400 Nachbeben.
Das letzte Beben fand hier im Jahr 1114 statt
Gerade die Region um die Stadt Antakya, die früher Antiochia hieß, sei in der Vergangenheit öfter von schweren Beben betroffen gewesen, so Schäfer. Hier träfen drei tektonische Platten aufeinander. Das letzte ähnlich starke und zerstörerische Beben habe an ähnlicher Stelle im Jahr 1114 stattgefunden. „Damit konnten sich über 900 Jahre lang Spannungen an den Plattengrenzen aufbauen, die sich jetzt entladen haben“, erläuterte der Experte.
So kannst du helfen
Geldspenden sind aus Sicht der Caritas der sinnvollste Weg, um den Erdbebenopfern zu helfen. Der Transport von Sachspenden sei langwierig, aufwändig und auch gefährlich, sagt der Leiter von Caritas International, Oliver Müller. Vor allem der Transport nach Syrien sei so gut wie unmöglich. Es sei besser, Hilfsgüter auf lokalen Märkten zu kaufen. Müller lobte die Spendenbereitschaft in Deutschland. Zwei Tage nach dem Erdbeben seien bei der Caritas bereits Spenden in Höhe von einer Million Euro eingegangen.
Wenn ihr für die von den Erdbeben betroffenen Menschen in Syrien und der Türkei spenden wollt, findet ihr hier Informationen:
Spendenmöglichkeiten Erdbeben in der Türkei & in Syrien: So könnt ihr helfen!
Die Erdbeben in der Türkei und Syrien haben zu vielen Todesopfern geführt, Tausende sind verletzt und werden noch vermisst. Viele wollen jetzt helfen oder spenden. Was ihr tun könnt, erfahrt ihr hier.