Bisher war unklar, ob die Besitzer eines Diesels mit Thermofenster Schadenersatz verlangen können. Dem Urteil nach können sie es jetzt, wenn dieses Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft wird und dem Käufer dadurch Schaden entstanden ist, sagt der Europäische Gerichtshof (EuGH).
Bei diesem EuGH-Urteil geht es nicht um Diesel mit Schummelsoftware, sondern um Motoren mit Thermofenster, die die Abgasreinigung bei bestimmten Temperaturen ausschalten.
EuGH-Urteil gibt Autobesitzern recht
Alle Prozesse dazu lagen in Deutschland gerade auf Eis, denn alle haben auf dieses Urteil gewartet. Bisher waren die Kläger, die Schadenersatz fordern, in Deutschland nicht so erfolgreich. Gigi Deppe aus der SWR-Rechtsredaktion meint, das wird sich jetzt ändern.
Ich stelle mir vor, dass da jetzt einige Manager in der Autoindustrie das Fürchten bekommen. Denn sehr viele Autobesitzer könnten jetzt klagen, weil ja bei ganz unterschiedlichen Herstellern solche Temperaturfenster verwendet wurden. Allerdings ist die Frage, wann das Ganze verjährt ist und inwiefern sich die Autobesitzer auch anrechnen lassen müssen, wie viel sie mit dem Auto schon gefahren sind. In der Vergangenheit haben deutsche Gerichte gesagt, jeder gefahrene Kilometer ist anzurechnen mit der Folge, dass manche Autobesitzer dann nichts mehr bekommen würden.
Was passiert nach dem EuGH-Urteil?
Es bleibt auch danach noch länger für alle Betroffenen spannend, denn das EU-Urteil muss noch in nationales Recht umgesetzt werden – dafür hat der Bundesgerichtshof für den 8. Mai schon mal einen Termin eingeplant.
Mehr zum EuGH-Urteil hörst du auch im SWR3 Topthema:

Topthema vom 21.03.2023 EuGH-Urteil im Diesel-Abgasskandal
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Heute ist der Tag, auf den Zehntausende Dieselfahrer gewartet haben. Der Europäische Gerichtshof hat ein Urteil zu den sogenannten Thermofenstern gefällt – das gehört in die Reihe der Abgasskandale. Diese Thermofenster reduzieren die Abgasreinigung bei bestimmten Temperaturen – dadurch soll eigentlich der Motor geschützt werden.
So reagiert Mercedes auf das EuGH-Urteil
Mercedes gibt sich nach dem Urteil gelassen: „Mercedes-Benz-Fahrzeuge, die von einem Rückruf betroffen waren oder sind, können nach entsprechenden Software-Updates dauerhaft weiter uneingeschränkt genutzt werden. Wie nationale Gerichte die Entscheidung des EuGH in Bezug auf das nationale Recht anwenden werden, bleibt abzuwarten“, teilte der Autohersteller mit.
Hintergrund: Der Diesel-Skandal für Einsteiger
Seit 125 Jahren gibt es den Dieselmotor. Besonders für Vielfahrer bot er auch eine Menge Vorteile: Kfz und Kraftstoff haben steuerliche Begünstigungen. So kostete ein Liter Diesel teilweise bis zu 20 Cent weniger als ein Liter E10. Jetzt sind es allerdings nur noch wenige Cent. Außerdem verbrauchen Diesel-Autos im Vergleich zum Benziner auf der gleichen Strecke bis zu 25 Prozent weniger. Das spart zum einen Geld. Zum anderen: Wenn ein Auto weniger Kraftstoff braucht, stößt es auch weniger vom klimaschädlichen CO2 aus. Doch der als so umweltfreundlich geltende Diesel ist eigentlich eine Dreckschleuder.
Der Dreck aus dem Auspuff: Giftiges Stickstoffdioxid
Die immer strenger gewordenen Euro-Normen sollten eigentlich dafür sorgen, dass die Luft sauberer wird. Doch die Untersuchungen des Umweltbundesamtes zeigen, dass Diesel-Autos die Auflagen unter realen Bedingungen nicht einhalten. Der Grenzwert eines Euro-6-Norm-Diesel liegt bei 80 Milligramm Stickoxid pro Kilometer, das Umweltbundesamt kam bei Messungen aber im Schnitt auf 507 Milligramm. Der Grenzwert eines Euro-4-Norm-Diesel liegt bei 250 Milligramm, die Messungen kamen im Schnitt auf 674 Milligramm. Das Ausmaß der Tricksereien der Autobauer wurde durch den Abgas-Skandal bekannt.