Nach den Schüssen auf den FDP-Kommunalpolitiker Georg Gallus in Hattenhofen im Kreis Göppingen herrscht Fassungslosigkeit in der kleinen Gemeinde. Der 65-Jährige war am frühen Sonntagmorgen in seiner Wohnung angeschossen worden. Laut Polizei wurden die Schüsse sehr wahrscheinlich von außen durch ein Fenster abgegeben
Gallus steht nach Schüssen unter Polizeischutz
Der Kreisrat wurde dadurch schwer verletzt – schwebt aber nicht in Lebensgefahr, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Er wurde mittlerweile operiert und hat den Eingriff den Angaben nach gut überstanden. Gallus ist noch in der Klinik und steht dort unter Polizeischutz.
Welche Hinweise gibt es für die Schüsse auf den FDP-Politiker?
Mit einer Sonderkommission versucht die Kriminalpolizei, die Spuren auszuwerten. Völlig unklar bleibt bislang, ob der Kreisrat wegen seiner politischen Arbeit zum Ziel geworden ist oder ob es ein vollkommen anderes Motiv für die Schüsse auf dem abgelegenen Hof zwischen Zell und Hattenhofen gibt. Vom Schützen fehlt bis jetzt jede Spur.
Die Sonderkommission prüft einen möglichen Zusammenhang zu weiteren Schüssen, die in den vergangenen Wochen an anderen Orten abgegeben worden waren.
Bürger in Hattenhofen sind verängstigt
In Hattenhofen ist die Bestürzung groß: „Die Menschen hier sind fassungslos und entsetzt, sie sind aber auch nachdenklich geworden und verängstigt“, sagte Jochen Reutter, der Bürgermeister der rund 3.000 Einwohner großen Gemeinde. „Wir leben in einer beschaulichen Region. Und nun ist da so etwas Undenkbares Realität geworden.“
Auch Göppingens Landrat Edgar Wolff zeigte sich in einem Schreiben an die Mitglieder des Kreisrats „zutiefst betroffen und schockiert über diese Gewalttat“.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: „Ich bin entsetzt über die schrecklichen Nachrichten.“ Seine Gedanken seien jetzt bei dem Kommunalpolitiker und seiner Familie.

FDP-Kommunalpolitiker Georg Gallus angeschossen
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FDP-Kommunalpolitiker Georg Gallus angeschossen
Verbindung zu vergangenen Taten?
Die Schüsse erinnern an weitere Vorfälle der vergangenen Wochen. In Stuttgart war am Freitagabend ein Mann vor einem Restaurant im Stadtbezirk Zuffenhausen von Unbekannten angeschossen und schwer verletzt worden. Auch in Plochingen (Kreis Esslingen) und Eislingen (Kreis Göppingen) wurde von Unbekannten auf Menschen geschossen.
Gewalttätige Angriffe auf Politiker kommen leider häufiger vor:
Walter Lübcke: Wegen dessen liberaler Haltung zur Flüchtlingspolitik erschießt ein Neonazi im Juni 2019 den CDU-Regierungspräsidenten von Kassel auf dessen Terrasse.
Andreas Hollstein: Mit den Worten „Ich steche dich ab. Mich lässt Du verdursten, aber holst 200 Ausländer in die Stadt“ hält ein 56-Jähriger dem Bürgermeister der sauerländischen Stadt Altena im November 2017 in einem Döner-Imbiss ein Messer an den Hals. Der CDU-Politiker wird leicht verletzt.
Henriette Reker: Kurz vor der Wahl zur Kölner Oberbürgermeisterin rammt ein Rechtsextremist der parteilosen Kandidatin im Oktober 2015 ein Messer in den Hals. Reker überlebt den Mordversuch nur knapp.
Rüdiger Butte: Im April 2013 erschießt ein Rentner den SPD-Landrat des Landkreises Hameln-Pyrmont in dessen Büro. Das Motiv soll nach Polizeiangaben die drohende Zwangsräumung seines Hauses gewesen sein.
Gerhard Kaindl: Der rechtsextreme Politiker der Partei Deutsche Liga für Volk und Heimat wird im April 1992 in einem Restaurant in Berlin erstochen. Die Täter bezeichnen sich als „Antifaschisten“.
Wolfgang Schäuble: Ein psychisch kranker Mann schießt bei einer Wahlkampfveranstaltung im badischen Oppenau im Oktober 1990 auf den Bundesinnenminister. Der CDU-Politiker bleibt querschnittsgelähmt.
Oskar Lafontaine: Durch den Messerangriff einer psychisch kranken Frau auf einer Wahlkampfveranstaltung in Köln wird der damalige saarländische Ministerpräsident und SPD-Kanzlerkandidat im April 1990 lebensgefährlich verletzt.