„JJ4“ ist in die Falle gegangen. Der kryptische Name ist die offizielle Bezeichnung für das Bärenweibchen, das in der norditalienischen Provinz Trentino einen 26-jährigen Jogger getötet hat. Nach dem Vorfall hatten Förster eine Falle mit einem Köder aufgestellt. Die Bärin ist mit zwei ihrer drei Jungen dort hineingetappt und wurde anschließend betäubt. Die Behörden haben die Bärin in einem mit Strom gesicherten Gehege des Tierpflegezentrums Casteller in der Provinz Trentino untergebracht. Die zweijährigen Jungtiere wurden hingegen freigelassen.
Im Audio: SWR-Italien-Korrespondent Jörg Seisselberg berichtet, wie die Bärin in die Falle getappt ist.

Nachrichten So wurde Bärin „JJ4“ gefangen
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SWR3-Italien-Korrespondent Jörg Seisselberg berichtet, wie die Bärin in die Falle getappt ist und was jetzt mit ihr geschehen soll.
Wird Problembärin „JJ4“ eingeschläfert?
Das weitere Schicksal der Bärin könnte allerdings recht düster aussehen. Die örtlichen Behörden wollen, dass „J44“ eingeschläfert wird. Geht es nach dem Wunsch von Italiens Umweltminister Gilberto Fratin soll der Bär nicht getötet, sondern umgesiedelt werden. „Wir müssen einen Ort finden, wo wir den Bären hinbringen. Ihn zu erlegen ist keine Lösung“, sagte er in einem Radiointerview.
Bis zum 11. Mai wolle er eine Lösung für eine Umsiedlung finden, so der Minister. Dann wird es eine Anhörung vor dem Gericht geben, um über das Schicksal der Bärin zu entscheiden. So lange bleibt sie in dem Tierpflegezentrum.
Provinz Trentino: Abschussbefehl für Bärin wurde zunächst aufgehoben
Das 17-jährige Bärenweibchen ist in der Gegend keine Unbekannte. Das Tier hatte etwa im Sommer 2020 einen Vater und seinen Sohn auf dem Monte Peller angegriffen. Und schon damals hatte es einen Abschussbefehl gegeben, der später aufgehoben wurde.
Nun, nach der tödlichen Attacke auf den Jogger wiederholte sich die Geschichte: Die Provinz ordnete erneut die Erlegung des Tieres an. Doch wieder hob das Verwaltungsgericht in Trient den Abschussbefehl auf, nachdem Tierschutzvereine Berufung eingelegt hatten.
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Trentino: Bärin JJ4 tötet Jogger – das ist passiert
Nach bisherigen Informationen hat sich die tödliche Attacke auf den 26-jährigen Jogger folgendermaßen abgespielt: Der Mann war am 5. April nach einem Trainingslauf im Wald von Val di Sole nicht mehr zurückkehrt. Seine Familie informierte die Behörden. Nach einer stundenlangen Suchaktion wurde der Mann dann am nächsten Morgen gefunden. Seine Leiche lag nahe der Ortschaft Caldes neben einem Forstweg, teilte die Provinz Trentino mit. Der Körper war übersät von schweren tiefen Kratzern und Bisswunden.
Weil JJ4 schon öfter auffällig gewesen war, lag ihre DNA den Behörden vor. Ein Abgleich mit den Spuren an der Leiche brachte schließlich die Gewissheit: JJ4 hat den Jogger attackiert und getötet.
SWR-Italien-Korrespondentin Lisa Weiß berichtet über die Bärenattacke und wie die Menschen in der Region damit umgehen:

Nachrichten Bärenattacke im Trentino – und jetzt?
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SWR-Italien-Korrespondentin Lisa Weiß berichtet.
Bärendame ist Schwester von „Problembär“ Bruno
JJ4 ist aber auch aus einem weiteren Grund keine Unbekannte. Ihr Bruder ist Bruno, auch bekannt unter dem Code JJ1. Er war in Bayern als sogenannter Problembär bekannt: Er riss Schafe, plünderte Bienenstöcke und Kaninchenställe. Den Namen „Problembär“ bekam er vom damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Bruno wurde 2006 erschossen.
Die Eltern von JJ4 und JJ1 sind zwei slowenische Bären, Jose und Jurka, die zwischen 2000 und 2001 im Rahmen des EU-Projekts Life Ursus nach Italien gebracht wurden. Bruno wanderte damals nach Bayern aus.

WWF Deutschland: Wir müssen das Zusammenleben mit Wildtieren wieder lernen
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Nach der tödlichen Bärenattacke in Italien auf einen Jogger fordern dort viele, die Bären abzuschießen. Moritz Klose vom WWF Deutschland hält das nicht für den richtigen Weg: "Wir müssen das Zusammenleben mit Wildtieren wieder lernen. Viele Wildtiere wie Bär, Wolf und Luchs, waren lange Zeit ausgestorben, weil sie von uns Menschen verfolgt wurden." Dass viele inzwischen wieder ein Comeback in Europa erlebten, sei für den Artenschutz eine Erfolgsgeschichte.
Gleichzeitig dürfe man aber nicht verdrängen, dass es Konflikte geben könne, so Klose. Wichtig sei hier Prävention, um Zusammenstöße von Menschen und Wildtiere für die Zukunft zu vermeiden. Zum einen müssten Menschen Verhaltensweise für den Umgang mit Wildtieren lernen, zum anderen sei auch nicht jeder Ort im dicht besiedelten Mitteleuropa für eine Ansiedlung von Wildtieren geeignet, erklärt Klose im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Florian Rudolph.
Menschen und Bären im Trentino – ein Problem?
Landeshauptmann Maurizio Fugatti will die Zahl der Bären im Trentino grundsätzlich verringern. Aktuell seien es mehr als 100, das sei für das Gebiet zu viel. Als vor rund 20 Jahren wieder Bären im Trentino angesiedelt wurden, war das Ziel, dass 40 bis 60 Bären in der Region leben sollten, so der Landeshauptmann.
Wie gefährlich sind Bären in den Alpen?
Darüber, ob und wie Bären und Menschen im Trentino zusammenleben können, wird in der Region seit Jahren gestritten. Die Familie des nun getöteten 26-Jährigen will offenbar die Provinz Trentino und den Staat verklagen, weil zugelassen wurde, dass in der Region so viele Bären leben, berichtet Il Nuovo Trentino.
Bär auch im Süden Bayerns neu entdeckt
Dass Bären und Menschen wohl wieder enger zusammenleben betrifft auch uns in Deutschland: In den Landkreisen Miesbach und Rosenheim seien vergangenes Wochenende nahe der Grenze zu Österreich Pfotenabdrücke im Schnee entdeckt worden, heißt es vom Bayerischen Landesamt für Umwelt. Die Auswertung der Trittsiegel habe nun ergeben, dass es sich um die Spuren eines Braunbären handele.
Trentino, das nächstgelegene Gebiet mit einer Bärenpopulation, ist etwa 120 km von Bayern entfernt. Junge Bären-Männchen streiften aber auf der Suche nach einem Weibchen zum Teil sehr weit umher, heißt es von der Behörde. Dabei könnten sie mehrere Monate oder wenige Jahre unterwegs sein. Das Amt geht allerdings nicht davon aus, dass sich Bären in Bayern dauerhaft ansiedeln.
Vom Bären skalpiert Eine Woche nach Angriff: Tierfilmer Kieling fühlt sich „erstaunlich gut“
Der Bär kam wie aus dem Nichts, griff den Tierfilmer an und verletzte ihn schwer. In einem Video zeigt er seine Verwundungen und erzählt erstaunlich ruhig vom blutigen Angriff.