Insgesamt wurden im Südwesten im vergangenen Jahr 550.008 Straftaten erfasst, 4,1 Prozent weniger als noch im Jahr 2019. Die Jahre der Corona-Pandemie gelten zumindest in einigen Bereichen als weniger vergleichbar, da dort – vor allem während der Lockdowns – die Kriminalität zurückging. Das steht in der Kriminalitätsstatistik der Polizei für 2022. Erstmals sind darin auch Taten erfasst, die mit einem Messer verübt wurden. Nach der Statistik wurden 19 Menschen im letzten Jahr bei Messerangriffen getötet.
Neue Kriminalitätsformen nehmen zu
Neue Kriminalitätsformen nehmen dennoch zu: Innenminister Thomas Strobl (CDU) machen vor allem Schockanrufe, Cyberkriminalität und Angriffe auf Rettungskräfte und Polizisten Sorgen.
Cybercrime macht zwar nur rund zwei Prozent der Fälle aus, im letzten Jahr haben solche Straftaten aber um 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Enkeltrick- und Schockanrufe sind um 62 Prozent gestiegen. Die Zahl der Gewalttaten gegen Polizistinnen und Polizisten stieg im Vergleich zum Vorjahr um 8,3 Prozent. Auch Rettungskräfte werden immer öfter Ziel von Angriffen, hier stieg die Zahl der Straftaten sogar um 20,3 Prozent.
Kritik von der Polizeigewerkschaft
Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, zeigte sich besorgt mit Blick auf die Bereiche, in denen die Fallzahlen anstiegen. Die Aufklärungsquoten seien zwar überdurchschnittlich, aber das reiche nicht aus. „Jeder Bürger weiß, dass die Polizei erfolgreicher sein könnte, wenn sie eine bessere Ausstattung und mehr Personal hätte“, kritisierte Kusterer. Die Polizei sei „komplett unterfinanziert“.
Reform der Polizeiposten führte zu mehr Kriminalität
Nach einer reformbedingten Zusammenlegung kleinerer Polizeidienststellen in Baden-Württemberg 2004, nahm die Kriminalität in den betroffenen Gebieten zu. Teilweise gab es bis zu 30 Prozent mehr Autodiebstähle. Das Ifo-Institut in München und das Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle haben die Studie veröffentlicht.

Nachrichten Studie: Weniger Polizeiposten führen zu mehr Kriminalität
- Dauer
Christian Susanka
Mehr Autodiebstähle
Dort gab es 18 Prozent mehr Autodiebstähle und zwölf Prozent mehr Wohnungseinbrüche. Nach der Schließung von Polizeiposten, die zuvor eine hohe Aufklärungsrate von Verbrechen hatten, stellten die Forscher in den betroffenen Regionen sogar 30 Prozent mehr Autodiebstähle fest. Wurden Dienststellen mit niedrigeren Aufklärungsraten geschlossen, betrug der Anstieg lediglich 16 Prozent. Auf die Zahl der Wohnungseinbrüche hatte die vorherige Aufklärungsrate jedoch keinen Einfluss.
Der Ort der Polizeistation ist wichtig
Unterschiede zeigten sich zudem zwischen Schließungen von Polizeiposten in Wohngebieten und im Ortszentrum: Werden Polizeiposten in Wohngebieten geschlossen, gibt es mehr Wohnungseinbrüche. Befanden sich die Posten hingegen im Ortszentrum – etwa im Rathaus oder auf dem örtlichen Marktplatz – blieb die Zahl der Wohnungseinbrüche nach der Schließung gleich.
Für die Studie nahmen die Wissenschaftler eine umfassende Reform der Polizeiorganisation in Baden-Württemberg in den Blick. Bis zum Reformjahr 2004 waren die örtlichen Polizeieinheiten stark dezentral organisiert. Rund ein Polizeiposten kam dabei im Schnitt auf jede zweite Gemeinde. Bei der Reform legte die Landesregierung mehr als 200 kleinere Polizeidienststellen zusammen.
Auf Nachfrage bei der Polizei in Rheinland-Pfalz teilte diese mit, dass in den letzten 20 Jahren keine Polizeistation geschlossen worden sei.
Polizeiposten dienen der Abschreckung
Die Zunahme der Kriminalität „lässt sich nicht durch veränderte Einsatzstrategien der Polizei oder durch eine geringere Inhaftierung von Kriminellen erklären“, erklärte Sebastian Blesse, stellvertretender Leiter des Ludwig Erhard Ifo-Zentrums für Soziale Marktwirtschaft in Fürth. Vielmehr zeige die Studie, dass die Sichtbarkeit von örtlichen Polizeiposten zur Abschreckung beitrage und so der Kriminalitätsbekämpfung diene.