Jörg Meuthen bestätigte seinen Rückzug dem ARD-Hauptstadtstudio. Der Politiker sprach von einer Niederlage im Machtkampf mit dem formal aufgelösten rechtsextremen Flügel der Partei um die Ausrichtung der AfD. Er sagte, das Herz der Partei schlage sehr weit rechts und es schlage permanent hoch. Teile der Partei stünden nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung. „Ich sehe da ganz klar totalitäre Anklänge“, sagte Meuthen der ARD.
Das Herz der Partei schlägt heute sehr weit rechts.
Meuthen: AfD hat sich sektenartig entwickelt
Er sei als Parteichef mit seinem Einsatz für einen anderen Weg gescheitert, räumte Meuthen ein. Gerade in der Coronapolitik habe die AfD etwas Sektenartiges entwickelt. Allenfalls als ostdeutsche Regionalpartei sehe er noch eine Zukunft für die AfD.
Meuthens Verhältnis zu seinem Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla und Parteivize Alice Weidel gilt als zerrüttet. In dem ARD-Interview nannte Meuthen mehrere seiner Widersacher namentlich: „Chrupalla, Weidel, Gauland, Höcke, Brandner nicht zu vergessen - die werden sich richtig freuen, dass der Meuthen nun endlich weg ist“, sagte er – und fügte hinzu: „Haben sie lange dran gearbeitet.“
Im EU-Parlament könnte Meuthen seine Immunität verlieren
Gleichzeitig droht Meuten aber noch aus anderer Richtung Ungemach: Wegen einer Affäre über eine illegale Parteispende könnte seine Abgeordnetenimmunität im EU-Parlament aufgehoben werden. Am Donnerstag stimmte der Rechtsausschuss des EU-Parlaments für den Immunitätsentzug von Meuthen.
Laut einem Bericht des Spiegel soll die Schweizer PR-Firma Goal Meuthen im baden-württembergischen Landtagswahlkampf 2016 mit einer rund 90.000 Euro teuren Werbekampagne unterstützt haben. Die Staatsanwaltschaft Berlin sieht laut Spiegel einen Anfangsverdacht auf eine Straftat wegen der Annahme illegaler Parteispenden.
Der ARD sagte Meuthen, er wolle sein Mandat als Europa-Abgeordneter behalten und auch künftig politisch tätig sein.
Weidel kritisiert Meuthen für Parteiaustritt
AfD-Vizechefin Alice Weidel hat der Stuttgarter Zeitung gesagt, dass Meuthen die Partei mit Schmutz bewerfe, der er lange vorstand, spreche nicht von Charakter. Weidel vermutet einen Zusammenhang zwischen dem Austritt und der Aufhebung von Meuthens Immunität für ein Ermittlungsverfahren durch den zuständigen Ausschuss im EU-Parlament.
Mehrere innerparteiliche Gegner von Meuthen begrüßten seinen Parteiaustritt - darunter auch Vize-Parteichef Stephan Brandner. Meuthens Entscheidung sei gut und konsequent, sagte er. Und weiter: „Er hat in den ersten vier Jahren eine super Arbeit gemacht für die Partei, leider hat er später eingerissen, was er da aufgebaut hatte.“ Der stellvertretende baden-württembergische Landesvorsitzende, Markus Frohnmaier, sagte: „Jetzt haben wir die Chance auf einen kraftvollen Neuanfang.“
Wie geht es mit der AfD weiter?
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hält es für möglich, dass jetzt der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke mehr Macht an sich zieht. Meuthens Austritt sieht er als Zeichen einer weiteren Radikalisierung der AfD. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte Maier: „Diesen Schritt hat die AfD in Thüringen schon vollzogen. Und es ist nur eine Frage der Zeit, dass Björn Höcke den Parteivorsitz auch auf der Bundesebene an sich zieht.“