Die Bundesregierung bietet den Ländern mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr und für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen an. Wichtigster Punkt der Gespräche dürften aber die Pläne des Bundes sein, die stark gestiegenen Preise für Gas und Strom für die Bürger zu drücken.
Das waren die Themen bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch:
Das sind die Beschlüsse, die dir Erleichterung bringen:
Weitere Beschlüsse:
Die Pressekonferenz zu den Ergebnissen des Bund-Länder-Gipfels seht ihr hier:
Finanzierung des Entlastungspakets laut Wüst „Kompromiss“
Die Konferenz in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin war um kurz nach elf mit den Länderchefs losgegangen. Am Nachmittag kam dann auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) dazu. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bezeichnete im Anschluss die Einigung von Bund und Ländern auf ein Paket zur Finanzierung der geplanten milliardenschweren Entlastungen als „Kompromiss“. Die Gaspreisbremse und das dritte Entlastungspaket des Bundes in Höhe von 65 Milliarden Euro könnten damit nun kommen, sagte Wüst. Den Beschluss im Wortlaut findet ihr hier.
49-Euro-Ticket: Bundesweites Ticket für Bus und Bahn
Bund und Länder haben sich auf einen Nachfolger des 9-Euro-Tickets geeinigt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will ein bundesweites 49-Ticket „so schnell wie möglich“ einführen – und zwar unter dem Namen Deutschlandticket. Es soll im monatlich kündbaren Abonnement angeboten werden, wie es in einem Beschlussvorschlag des Kanzleramts heißt.
Dass es so ein Ticket geben werde, darauf hatte man sich bereits in der Verkehrsministerkonferenz Mitte Oktober geeinigt. Die Länder wollten dafür aber mehr Zuschüsse vom Bund. Jetzt seien auch die Finanzierungsfragen geklärt, so Wissing. Beide Seiten stellen demnach zur Finanzierung jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung.
Die Regionalisierungsmittel sollen laut Wissing ab 2022 um eine Milliarde Euro steigen. Dazu sollen sie jährlich – statt wie bisher um 1,8 – künftig um 3 Prozent angehoben werden. Die Länder hatten von diesem Jahr an 1,5 Milliarden Euro mehr gefordert. Zusätzlich sollte der Bund nach den Vorstellungen der Länder die Regionalisierungsmittel 2022 und 2023 aufgrund der gestiegenen Energiepreise jeweils um 1,65 Milliarden Euro erhöhen.
Attraktiv, digital, einfach: Jetzt ist der Weg frei für die größte Tarifreform im öffentlichen Personennahverkehr in Deutschland.
Kritik am 49-Euro-Ticket
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert ein bundesweites Sozialticket für maximal 29 Euro im Monat. Wichtig sei zudem eine Finanzierungssicherheit bis 2030, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell: Der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs sei nur mit erheblichen Investitionen in neue Netze, Fahrzeuge und in Personal machbar.
Entlastung im Dezember
Erst am Montag hatte die Bundesregierung Pläne für die Entlastung von Gas- und Fernwärmekunden vorgelegt. Diese sehen vor, dass der Staat einmalig die Abschlagszahlung für Dezember übernimmt, damit die Bürger schnell in der Energiekrise unterstützt werden. Bund und Länder haben die Soforthilfe bei der Konferenz am Mittwoch beschlossen. „Bei Mieterinnen und Mietern, deren Verbrauch von Gas oder Fernwärme erst mit zeitlicher Verzögerung über die jährliche Betriebskostenabrechnung des Vermieters abgerechnet wird, erfolgt die Entlastung über eine Gutschrift auf die Betriebskostenabrechnung“, heißt es zudem im Beschluss.
Pläne für die Gaspreisbremse
Außerdem soll der Gaspreis für Privatkunden ab März, möglichst auch rückwirkend zum Februar, gedeckelt werden. „Eine Rückwirkung zum 1. Februar 2023 wird angestrebt“, heißt es in dem Beschlussvorschlag des Kanzleramts. Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs soll das Gas 12 Cent pro Kilowattstunde kosten. Wer mehr verbraucht, muss mehr zahlen. Haushalte mit höheren Einkommen sollen die Staatshilfe als geldwerten Vorteil versteuern.
Claudia Plaß aus dem ARD-Hauptstadtstudio erklärt die Entlastungen in der Energiekrise:

Nachrichten Welche Entlastungen gibt es in der Energiekrise?
- Dauer
Claudia Plaß aus dem ARD-Hauptstadtstudio berichtet.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) forderte erneut einen Start zu Jahresbeginn, damit es keine „Lücke“ bei den Entlastungen nach der nun im Dezember geplanten Übernahme der Abschlagszahlungen für Gas- und Fernwärmekunden gebe. Auch der thüringische Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) hatte einen Start des Gaspreisdeckels schon zum 1. Januar gefordert. Alle 16 Bundesländer raten der Regierung nach Worten von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), keine Lücke aufreißen zu lassen bei den geplanten Entlastungen von den hohen Energiekosten.
Wüst betonte, es dürfe keine „Gerechtigkeitslücke“ geben: Auch die Menschen, die mit Öl und Holzpellets heizten, litten unter den Energiepreisen. Für diese plane der Bund eine Härtefallregelung.
Gasrechnung im Dezember So wenig müsst ihr tun, damit der Staat eure Gas-Rechnung zahlt
Im Dezember übernimmt der Staat die Gas- und Fernwärmerechnung für uns. Was das für euch heißt, und was ihr dafür tun müsst, erfahrt ihr hier.
Strompreisbremse kommt
Die Bundesregierung will außerdem den Strompreis für Privathaushalte ab Anfang kommenden Jahres auf 40 Cent pro Kilowattstunde deckeln. Dies soll wie bei der Gaspreisbremse für ein Grundkontingent von 80 Prozent des Jahresverbrauchs gelten. Zur Mitfinanzierung der Strompreisbremse sollen „Zufallsgewinne“ von Unternehmen auf dem Strommarkt rückwirkend ab 1. September abgeschöpft werden. Das betrifft etwa Produzenten von Ökostrom aus Wind und Sonne, die zuletzt von hohen Preisen an der Börse profitiert haben. Das Bundeskabinett wird am 18. November über die Gas- und Strompreisbremse entscheiden, sagte Bundeskanzler Scholz.
Energiekrise: Was für euch wichtig ist
Kosten für Flüchtlingsunterbringung
Auch auf die Forderung der Länder nach mehr Unterstützung bei der Aufnahme der vielen Flüchtlinge aus der Ukraine und über die Balkan-Route will die Bundesregierung reagieren. Sie bietet Ländern und Kommunen in diesem und im nächsten Jahr zur Versorgung von Flüchtlingen aus der Ukraine jeweils zusätzliche 1,5 Milliarden Euro. Hinzu kommen 1,25 Milliarden Euro für die Versorgung von Flüchtlingen aus anderen Ländern.
Liveblog: Aktuelle Infos zum Krieg in der Ukraine und seinen Folgen
Finanzierung des Wohngelds
Bund und Länder teilen sich die Kosten für die geplante Reform des Wohngelds. Die staatliche Hilfe für Geringverdiener werde wie bisher zur Hälfte von den Ländern finanziert, heißt es im Beschluss. Eigentlich wollten die Länder das Wohngeld finanziell nicht mehr mittragen.
Im Januar soll der staatliche Mietzuschuss wegen der hohen Energiepreise um durchschnittlich 190 Euro pro Monat steigen und an 1,4 Millionen Bürger zusätzlich gezahlt werden. Es geht um Kosten von 5,1 Milliarden Euro.
Reaktionen auf Bund-Länder-Beratungen
Die Beschlüsse des Bund-Länder-Gipfels zu Entlastungen in der Energiekrise stoßen auf Lob und Kritik. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) äußerte sich am Abend zufrieden. Dreyer sagte, die Ergebnisse seien ein großer Schritt zur Entlastung der Bevölkerung.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte, beide Seiten hätten sich aufeinander zubewegt. Jetzt gehe es darum, die Beschlüsse zügig umzusetzen, damit sie ihre Wirkung entfalten.
Kretschmann will Erleichterungen schnell umsetzen
Kritik kommt aus der Opposition: AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla sagte im Morgenmagazin von ARD und ZDF, die Regierung doktere an Symptomen herum. Ursache der Probleme seien die Sanktionen gegen Russland. Der Parlamentsgeschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, sagte der Rheinischen Post mit Blick auf den unklaren Start der Gaspreisbremse, es sei bedauerlich, dass die Winterlücke nicht geschlossen worden sei.
Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte im Morgenmagazin, er sei froh, dass die Bundesregierung signalisiert habe, eine Lösung auch für Januar finden zu wollen. Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke betonte, die Bundesregierung halte ihre Versprechen zum Entlastungspaket. Hundertprozentige Gerechtigkeit werde es aber nie geben.
Vor allem die Kommunen halten die Kostenzusagen für die Versorgung von Flüchtlingen für unzureichend – ebenso sehen sie die Einigung auf ein 49-Euro-Ticket skeptisch. Der Präsident des Deutschen Städtetages und OB von Münster, Markus Lewe, sagte, mit den versprochenen Mitteln könne das Angebot nicht verbessert werden. Er befürchtet, dass stattdessen Fahrpläne ausgedünnt würden, um alle Kosten zu decken.