STAND
AUTOR/IN
Christian Spöcker
Christian Spöcker (Foto: SWR3, privat)

Weil sie eine verletzte Katze nicht erschießen konnten, entschieden sich Polizisten für den Dienstwagen. Der Staatsanwalt ermittelt. Unter Tierschützern ist die Aktion umstritten.

Es war noch früh am Dienstagmorgen, als Polizisten nach Barntrup (NRW) zu einer verletzten Katze gerufen wurden. Jemand hatte sie wohl angefahren und verletzt liegen gelassen. Was tun, gegen 6:30 Uhr, in einem solchen Fall?

Polizisten überfahren verletzte Katze

Einen Tierarzt konnten die Streifenbeamten nach Angaben ihres Reviers um diese Uhrzeit nicht erreichen, jedenfalls keinen in „erreichbarer Nähe“, berichtet die Polizei der Kreisstadt Lippe in einer Pressemitteilung. Sie beschreibt den weiteren Ablauf so:

Die Polizisten entschieden, das Leid der Katze selbst zu beenden. Eine Schussabgabe an der Fundstelle des Tieres war zu gefährlich und auch ein Bewegen des Tieres schlossen die Polizeibeamten aufgrund der schweren Verletzungen aus, so dass der Streifenwagen eingesetzt wurde.

Ein Anwohner war offenbar entsetzt darüber, wie die Polizisten vorgingen. Er hat sie nun angezeigt, berichtet das Revier. Die Staatsanwaltschaft ermittelt den Angaben zufolge „wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz“. Handelt es sich bei dem Vorfall in NRW um Tierquälerei? Ja, sagt zumindest der Landestierschutzverband Baden-Württemberg.

Tierschützer: Katze überfahren „absolutes No-Go“

„Ich würde es ganz klar als Tierquälerei einstufen“, sagt Stefan Hitzler. Der Chef des Verbands sagt im SWR3-Interview, je nach Fall wäre es aus seiner Sicht angemessen, ein schwer verletztes Tier mit der Dienstwaffe zu erschießen – „aber niemals, das Tier dann mit einem Fahrzeug (zu) überfahren“, kritisiert Hitzler. Grund dafür sei, dass Polizisten nicht wissen könnten, ob und wie genau sie mit ihrem großen Dienstwagen das kleine auf dem Boden liegende Tier treffen. Es sei dann möglich, dass die Polizisten ihm dadurch weitere Schmerzen zufügen.

Das sagt Stefan Hitzler im SWR3-Interview über das Thema:

Logo SWR3 (Foto: SWR, SWR)

Nachrichten „Tierquälerei“ – Das sagen Tierschützer aus BW über den Fall

Dauer

Stefan Hitzler vom Landestierschutzbund BW findet, die Polizisten in NRW hätten Tierquälerei begangen. Grund dafür sei, dass Polizisten nicht wissen könnten, wie sie mit ihrem großen Dienstwagen das kleine auf dem Boden liegende Tier treffen.

SOKO Tierschutz: Polizisten handelten korrekt

Die Aktivisten des Vereins SOKO Tierschutz, der vor Kurzem im SWR-Magazin Report Mainz von unhaltbaren Zuständen in einem Schlachthof in der Region Stuttgart berichteten, sehen es dagegen anders.

Ein schwer leidendes, nicht zu rettendes Tier muss sofort erlöst werden, darum war die Maßnahme zwar sicher grausig, aber aufgrund von Alternativen, die das Leiden des Tieres erheblich verlängert hätten, die einzige Option.

Der Verein mit Sitz in München fügt noch hinzu: „Wir wünschten, man würde ebenso Empörung bei Hunderttausenden so genannten Nutztieren anbringen, die über Tage oder Wochen unter schlimmsten Schmerzen zu Grunde gehen.“

Polizei Lippe: Ermittlungen laufen

Was sagt die Polizei Lippe selbst zu dem Vorwurf der baden-württembergischen Tierschützer, es handle sich um Tierquälerei? Hätte es vielleicht noch andere Möglichkeiten gegeben?

Auf Nachfrage von SWR3 teilt eine Polizeisprecherin am Donnerstagnachmittag mit, weil die Staatsanwaltschaft nun gegen die Beamten ermittele, könne sie „über die veröffentlichte Pressemitteilung hinaus zuständigkeitshalber keine Auskünfte erteilen“.

Unsere Quellen

Transparenz ist uns wichtig! Hier sagen wir dir, woher wir unsere Infos haben!

Die Presseabteilung der Polizei verfasst zu vielen Einsätzen einen kurzen Bericht. Der wird den Medien zur Verfügung gestellt. Sie liefern Informationen zum Beispiel zu Unfällen, Ermittlungen und Festnahmen. Außerdem veröffentlicht die Polizei auch Zeugenaufrufe oder Bilder von vermissten Personen und bittet die Medien darum, die Informationen zu verbreiten.

Wenn Personen, Vereine oder Unternehmen Neuigkeiten direkt kommunizieren, dann ist das eine Nachrichten-Quelle für uns. Das können zum Beispiel exklusive Interviews oder Pressemitteilungen sein. In der Regel kennzeichnen wir bereits im Text, auf welche Quelle wir uns konkret beziehen – vor allem dann, wenn es keine zweite unabhängige Bestätigung zu der Neuigkeit gibt.

Wenn Personen, Vereine oder Unternehmen Neuigkeiten direkt kommunizieren, dann ist das eine Nachrichten-Quelle für uns. Das können zum Beispiel exklusive Interviews oder Pressemitteilungen sein. In der Regel kennzeichnen wir bereits im Text, auf welche Quelle wir uns konkret beziehen – vor allem dann, wenn es keine zweite unabhängige Bestätigung zu der Neuigkeit gibt.

STAND
AUTOR/IN
Christian Spöcker
Christian Spöcker (Foto: SWR3, privat)

Meistgelesen

  1. Zu high zum Fliegen Hier dröhnen sich Schwäne mit Opium zu

    Ein harmloses Mohnfeld im Süden der Slowakei wird plötzlich zum Schauplatz einer Drogenparty für Schwäne. Und bringt einen Biobauern zum Verzweifeln. Hier liest du es!

  2. Deine Rechte Darf ich im Hotel das Shampoo mitnehmen?

    Im Hotel übernachten, einfach die kleinen Fläschchen einpacken und dann mit nach Hause nehmen – ist das erlaubt? Und wie siehts mit der Dose Cola aus der Minibar aus?

  3. Liveblog: Der Krieg in der Ukraine Scholz sieht in Angriff auf Staudamm „neue Dimension“ des Ukraine-Kriegs

    Russland versucht weiter, die Ukraine einzunehmen. Der Krieg hat auch Auswirkungen auf Europa und die ganze Welt. Alle Infos dazu.

  4. Wie schlimm ist die Lage in der Südukraine? Kachowka-Staudamm zerstört: Tausende fliehen vor dem Wasser

    Durch den beschädigten Damm fließt das Wasser des Kachowka-Stausees seit Dienstag ungehindert ab und hat schon viele Ortschaften überschwemmt. Tausende Menschen müssen fliehen.

  5. K.O.-Tropfen und blaue Flecken Rammstein reagiert nach heftigen Sex-Vorwürfen – so lautet das Statement

    Eine junge Frau erhob Vorwürfe gegen Till Lindemann – dann meldeten sich noch mehr: Bei Konzerten würden Frauen für Sex mit dem Star rekrutiert. Darauf hat Rammstein jetzt reagiert.

  6. 20 Jahre zu Unrecht im Gefängnis „Schlimmste Serienmörderin Australiens“ ist gar keine

    Stell dir vor, du hast vier Kinder. Alle sterben. Die Gesellschaft denkt, du hättest sie umgebracht. Hast du aber nicht. Und nach 20 Jahren in Haft wird dir endlich geglaubt.