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AUTOR/IN
Leo Eder
Leo Eder (Foto: SWR3)
INTERVIEW
Ferdinand Vögele

Die Ukraine erlebte am Montag den wohl heftigsten Beschuss seit Kriegsbeginn. Wieso es aber doch einen Unterschied zum Großangriff vom Februar gibt, erklärt Journalist Denis Trubetskoy.

In fast allen Teilen des Landes gab es am Montag Luftalarm. Bei den Raketenangriffen sind ukrainischen Angaben zufolge mindestens 19 Menschen getötet und etwa 100 verletzt worden. Allein in der ukrainischen Hauptstadt Kiew kamen nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko fünf Menschen ums Leben, mindestens 52 wurden verletzt. Viele Menschen waren gerade auf dem Weg zu Arbeit.

Trubetskoy: „Habe keine wirkliche Angst mehr“

Der Journalist Denis Trubetskoy lebt in Kiew. Die Stadt wurde am Montag zum ersten Mal seit Monaten wieder angegriffen. Laut ukrainischen Medien soll der Luftalarm dort mit 5 Stunden und 37 Minuten der längste seit Kriegsbeginn am 24. Februar gewesen sein. Aber: Bei der Einstellung der Menschen scheint sich seitdem viel getan zu haben. Das stellt Trubetskoy auch bei sich selbst fest.

Ich habe vor dem Beginn des großen russischen Angriffskriegs gedacht, dass ich mental darauf vorbereitet bin. Und am Ende habe ich in den ersten zwei, drei Wochen kaum arbeiten können, weil ich ehrlicherweise komplett fassungslos war.

Die neuen Angriffe nehme er ernst, aber er habe bei sich persönlich gemerkt, dass er keine wirkliche Angst mehr habe. Es sei eine völlig andere Reaktion. Die wenigen Menschen um ihn herum, die Panik bekommen hätten, habe er versucht zu beruhigen.

Ich glaube, der Mensch passt sich an wirklich alles an.

Was ihm Kraft gebe, sei die Art und Weise, wie die anderen Menschen die Situation wahrnehmen, und die Atmosphäre, „die einen positiv auflädt“. Er berichtet von einer Bekannten, die mit anderen Menschen im Luftschutzkeller Wein trinkt: „Ich glaube, sowas ist die absolut richtige Antwort auf diesen Terror Wladimir Putins. Auch sich selbst zu zeigen, dass das Leben weitergeht.

Welche Ziele Russland am Montag in der Ukraine ins Visier genommen hat, ob die Ukrainer mit so einem Schlag gerechnet haben und welche Absichten Putin damit wohl verfolgt hat, seht ihr hier im kompletten Interview mit Denis Trubetskoy:

Ukraine: Heftigster Raketenbeschuss seit Kriegsbeginn

Insgesamt habe Russland 83 Raketen abgefeuert, davon seien 43 abgefangen worden, teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit. Die Angriffe zielten wohl vor allem auf die Energie-Infrastruktur. Einige Gebiete waren laut Ministerpräsident Denys Schmyhal von der Außenwelt abgeschnitten. Die Großstadt Charkiw soll teilweise ohne Strom und Wasser gewesen sein.

Von einem massiven Raketenangriff mit Toten und Verletzten sprach auch der Militärgouverneur der Region Dnipropetrowsk um die Industriestadt Dnipro, Walentyn Resnitschenko, am Montag. Über Einschläge berichteten ebenfalls die Behörden von Lwiw im Westen des Landes, Chmelnyzkyj und Schytomyr. Schulen sollen bis 14. Oktober auf Distanzunterricht umstellen.

Putin: Raketenangriffe sind Reaktion auf „Terror“

Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete die massiven Luftangriffe auf die Ukraine als Reaktion auf „terroristische Aktionen“. Dazu gehöre auch der Angriff auf die Krim-Brücke vom Samstag, sagte Putin am Montag. Das russische Militär habe Präzisionswaffen aus der Luft, vom Wasser und vom Boden aus auf wichtige Kommandoeinrichtungen der ukrainischen Streitkräfte und auf die Energieinfrastruktur abgefeuert. Sollte die Ukraine weitere „Terroranschläge“ verüben, werde Moskaus Reaktion hart und angemessen sein, sagte Putin.

Deutschland und USA versprechen Ukraine Luftabwehrsysteme

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) teilte nach den Raketenangriffen mit, Deutschland unterstütze die Ukraine mit einem hochmodernen Luftabwehrsystem. Sie betonte die Wichtigkeit einer schnellen Lieferung. Russlands Angriffe und Drohnen terrorisierten vor allem die Zivilbevölkerung. Das erste Exemplar werde in den nächsten Tagen bereitgestellt. Einen Termin gibt es aber laut Ministerium noch nicht. Das Luftabwehrsystem Iris-T SLM kann zur Abwehr von Raketen in einer Höhe bis zu 20 Kilometern und in einer Entfernung von bis 40 Kilometern eingesetzt werden.

Auch die USA wollen der Ukraine Luftabwehrsysteme liefern. US-Präsident Joe Biden habe seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj bei einem Telefonat zugesichert, „die Ukraine weiterhin mit allem zu versorgen, was sie für ihre Verteidigung benötigt“, erklärte das Weiße Haus am Montag.

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