Mehr als 800 Menschen haben nach der schweren Explosion in Ratingen an einer Solidaritätskundgebung für die verletzten Einsatzkräfte teilgenommen. Das sagte ein Polizeisprecher. Zahlreiche Kerzen wurden aufgestellt. Zu der Kundgebung und Mahnwache auf dem Marktplatz am Samstag hatte eine Ratinger Bürgerin aufgerufen.
Das ist in Ratingen bei Düsseldorf passiert
Es war eigentlich ein Routineeinsatz: Polizei und Feuerwehr wurden am Donnerstagmorgen in ein Hochhaus in Ratingen (NRW) gerufen. Der Briefkasten einer Bewohnerin quoll über. Nachbarn machten sich Sorgen um ihr Wohlergehen.
Ratingen: Feuerball trifft Einsatzkräfte
Die Einsatzkräfte wollten gerade die Tür zu der Wohnung im 10. Stock öffnen, als ihnen der 57-jährige Sohn der Frau öffnete. Er soll dann eine brennende Flüssigkeit auf die Helfer geschüttet haben, wodurch es zu einer Explosion kam. Zwei Polizisten sowie sieben Feuerwehrleute und Rettungsdienstmitarbeiter seien von einem Feuerball getroffen worden und hätten zum Teil schwerste Verbrennungen erlitten, sagte eine leitende Ermittlerin am Freitag. Insgesamt wurden 33 Einsatzkräfte verletzt. Auch der Hausmeister wurde leicht verletzt. Fünf der Verletzten mussten in ein künstliches Koma versetzt werden.
Die Kollegen erlitten Verbrennungen von bis zu 40 Prozent der Körperoberfläche.
Nach Explosion: Leiche in der Wohnung gefunden
Der 57-Jährige wurde bei der Explosion nur leicht verletzt. Spezialeinsatzkräfte nahmen ihn fest. Er soll heftige Gegenwehr geleistet haben. In der Wohnung wurde auch eine weibliche Leiche gefunden: Nach ersten Erkenntnissen handelt es sich dabei um die rund 90 Jahre alte Mutter des Tatverdächtigen. Die Frau sei schon seit mehreren Wochen tot gewesen, teilte die Polizei mit. Hinweise auf ein Tötungsdelikt gebe es momentan nicht.
Über den Stand der Ermittlungen bis Freitagabend berichtet WDR-Reporter Benjamin Sartory:

Nachrichten Explosion in Ratingen: Das weiß die Polizei bisher (Stand Freitag)
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Nach der Explosion mit vielen teils lebensgefährlich verletzten Einsatzkräften gestern in Ratingen suchen die Ermittler noch nach einem möglichen Motiv. Das sagten sie heute auf einer Pressekonferenz bei der zuständigen Polizei in Düsseldorf. Die Rettungskräfte waren zu der Wohnung eines Mannes gefahren, weil ihnen eine hilflose Person gemeldet wurde. Nach dem Öffnen der Tür gab es eine Explosion. Benjamin Sartory berichtet.
Explosion in Ratingen: Haftbefehl wegen versuchten Mordes
Gegen den Tatverdächtigen erging am Freitag Haftbefehl wegen versuchten Mordes in neun Fällen. Nach Ansicht der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft wurde die Tat heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln verübt.
Die Situation in der Wohnung, die Verwendung von dieser brennbaren Flüssigkeit und die Art und Weise, wie diese Flüssigkeit dann gegen die eingesetzten Kräfte verwendet wurde, lassen darauf schließen, dass das durchaus gut durchdacht ist.
Möglicherweise hat der Verdächtige die Einsatzkräfte also in eine Falle gelockt. Ein Motiv für seine Tat steht noch nicht fest. Allerdings: „Wir haben Hinweise darauf, dass er auch ein Corona-Leugner ist, konkrete Hinweise darauf“, sagte Heike Schultz von der Polizei Düsseldorf. Ein möglicher Zusammenhang zur Tat müsse noch geklärt werden.
Tatverdächtiger von Ratingen war polizeibekannt
Im Keller der Wohnung fand die Polizei PTB-Waffen, Messer und Dolche. Der Verdächtige soll zudem der Prepper-Szene angehören. Prepper bereiten sich auf das Überleben im Katastrophenfall vor, zum Beispiel, indem sie sich Lebensmittel- und andere Vorräte anlegen.
Der Mann war in der Vergangenheit bereits wegen drei Körperverletzungen als Gewalttäter aufgefallen. Es seien schon zwei Strafbefehle gegen ihn verhängt worden, so die Ermittler. Erst wenige Tage vor der Explosion habe ein Polizist mit einem Haftbefehl bei ihm geklingelt – da er eine Geldstrafe nicht bezahlt hatte, sollte er eine Ersatz-Freiheitsstrafe antreten.
Gewalt gegen Einsatzkräfte nimmt zu
Es ist entweder ihr Job oder sie opfern ihre Freizeit dem Allgemeinwohl: haupt- und ehrenamtliche Einsatzkräfte. Polizei, freiwillige und Berufsfeuerwehr, Rettungsdienste, Technisches Hilfswerk (THW) sind da, um Menschen zu helfen, und riskieren dabei nicht selten ihre eigene Gesundheit. Umso unverständlicher ist es, wieso gerade diese Helfer immer häufiger attackiert werden.
Woher kommt die Gewalt gegen Rettungskräfte? "So etwas habe ich noch nie erlebt": Wenn Helfer zu Opfern werden
Nachdem Silvesterraketen zum Jahreswechsel auf Feuerwehr und Polizei abgefeuert wurden, wird über Gewalt gegen Einsatzkräfte diskutiert. Was sind die Gründe und mögliche Lösungen?
Seit Jahren steigt beispielsweise die Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten. 2021 waren es fast 40.000 Fälle. Aber auch die Angriffe auf Feuerwehr und Rettungsdienste nehmen laut Bundesinnenministerium kontinuierlich zu. Die Übergriffe mit Böllern auf Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht 2022/2023 machen sprachlos.
Angaben des Innenministeriums Gewalt gegen Einsatzkräfte in BW bleibt ein Problem
Ob beim Einsatz auf einer Demo, bei Sanitätsdiensten oder auf Streife - Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter sind häufig Gewalt ausgesetzt. Eine Trendumkehr ist nicht in Sicht.
Ein konsequenteres Vorgehen der Justiz gegen Gewalttäter – das fordert der Geschäftsführer des Verbandes der Feuerwehren in NRW, Christoph Schöneborn: „Unsere Einsatzkräfte sind immer dann irritiert, wenn Ermittlungsverfahren gegen Gewalttäter sehr früh und lapidar einfach eingestellt werden. Sie wünschen sich ein starkes Ausnutzen der vorhandenen strafrechtlichen Möglichkeiten“, so Schöneborn gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung.
Wie Einsatzkräfte mit Gewalterfahrungen umgehen können
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