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Christian Kreutzer
Christian Kreutzer (Foto: SWR3)

Das Monster, das die Kratzer vor vielen Jahrtausenden hinterlassen hat, ist bekannt. Begegnen möchte man ihm nicht.

Das Höhlensystem „Cueva del Arco“ im Südosten Spaniens ist ziemlich gut erforscht. Man weiß: Menschen haben schon vor 50.000 Jahren hier gelebt. Und danach immer wieder, das verraten ihre Spuren. Die letzten menschlichen Überbleibsel sind rund 7.000 Jahre alt.

Der Höhlenkomplex ist also praktisch wie ein Mehrfamilienhaus, das über mehr als 40.000 (!) Jahre hinweg immer wieder bewohnt war. Jetzt weiß man: Es waren nicht nur Menschen hier drin, sondern auch Wesen, die weit gefährlicher waren.

„Da ist irgendwas“: Einer der Ausgräber hat einen Luftzug wahrgenommen und gräbt sich zur anderen Seite einer Öffnung durch. (Foto: Universität Murcia)
„Da ist irgendwas“: Einer der Ausgräber hat einen Luftzug wahrgenommen und gräbt sich zur anderen Seite einer Öffnung durch. Universität Murcia

Ein Luftzug schickt die spanischen Höhlenforscher auf die Reise

Schon 2018 beginnt die faszinierende Grabung von Forschern der Universitäten Murcia und Jaume I in Castelló (hier ihr Bericht). Einen Erdbuckel haben sie bald im Verdacht, er könne einen weiteren Höhleneingang verdecken. Wegen der Corona-Pandemie wird die Grabung dann unterbrochen und erst im vergangenen Jahr fortgesetzt.

Als einer von ihnen an der gleichen Stelle gräbt, nimmt er plötzlich einen Luftzug war. Er buddelt sich durch und am Ende trauen die Forscher ihren Augen nicht: Vor ihnen öffnet sich der Weg in ein riesiges System unbekannter Kammern und Hallen. Manche sind bis zu 20 Meter hoch.

Mehrere tausend Jahre lang muss ihr Zugang verschüttet gewesen sein. Das sieht man an der Größe und Form der störungsfrei gewachsenen Tropfsteine:

Drinnen warten ein paar unheimliche Überraschungen: Kratzspuren, im Fels – lang, grob und tief. Sie sehen aus, als sei das „Alien“ von Regisseur Ridley Scott hier gewesen und habe sich die Krallen gewetzt. Einige der Spuren seht ihr im folgenden Bild. Noch mehr davon gibt es im Video weiter unten:

Kratzspuren auf der Höhlenwand: Ein riesiger Höhlenbär muss sie hinterlassen haben. (Foto: Screenshot: Universität Murcia)
Kratzspuren auf der Höhlenwand: Ein riesiger Höhlenbär muss sie hinterlassen haben. Screenshot: Universität Murcia

Die Kratzer ziehen sich an mehreren Stellen bis zu drei Meter lang über Wände und Felsen. Urheber sind offensichtlich Höhlenbären – eine vor rund 15.000 Jahren ausgestorbene Gattung. Größenmäßig sind sie etwa mit Eisbären oder auch Kodiak-Bären zu vergleichen, den größten aller Grizzlys, die in Alaska leben.

Eine Frau blickt auf den Schädel eines ausgewachsenen Höhlenbären (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Andrew Milligan/PA Wire/dpa | Andrew Milligan)
Mensch gegen Höhlenbär: Eine Frau blickt bei einer Auktion in London auf den Schädel eines ausgewachsenen Höhlenbären, der hier versteigert werden soll. picture alliance / Andrew Milligan/PA Wire/dpa | Andrew Milligan

Irgendwann vor 15.000 Jahren oder früher waren sie hier und man möchte niemandem wünschen, dass er ihnen dabei unerwartet begegnet ist. Später überspülte dann vielleicht eine Überschwemmung mit viel Schlick im Gepäck den Eingang und die Kratzspuren waren für viele tausend Jahre verschwunden. In dem extrem spannenden kurzen Video der Universität Murcia könnt ihr sehen, wie die Höhle entdeckt wurde:

Eigentlich sollte es in Südeuropa keine Höhlenbären geben

Grabungsleiter Ignacio Martín Lerma hält den Fund für eine Sensation, weil Wissenschaftler bisher davon überzeugt waren, Höhlenbären gäbe es eigentlich nur in Nordeuropa. Jetzt ist klar, dass sie auch den Süden des Kontinents bevölkerten (der britische Guardian hatte bereits in der vergangenen Woche darüber berichtet).

Er und andere Archäologen halten die Höhle ohnehin für faszinierend: In Spanien sind Homo Sapiens (unsere Vorfahren) und Neandertaler vor 40.000-50.000 Jahren definitiv aufeinander getroffen – also etwa über die letzten zehntausend Jahre hinweg, bevor die Neandertaler vom Angesicht der Erde verschwanden.

Das Verhältnis zwischen beiden ist immer noch ungeklärt: Hat der Homo Sapiens den Neandertaler vernichtet oder „eingemeindet“? Oder hatte der Neandertaler ganz andere Probleme? Jedenfalls haben die meisten von uns einige Prozent Neandertaler-Gene, wie seit Längerem bekannt ist.

Höhlen waren für beide Menschenarten ein natürlicher Lebensraum. In der Cueva del Arco könnten sie rein theoretisch zusammengelebt haben.

In vielen Höhlen in Europa hat man wunderbare Zeichnungen aus der Zeit nach den Neandertalern entdeckt. Gerade vor Kurzem hat ein britischer Laie in mehreren ganz frühe Vorläufer von Schrifzeichen gefunden – und es verrückterweise geschafft, sie zu „übersetzen“:

Stuttgart

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