Es sollten die ersten großen Halloween-Feiern nach der Corona-Pandemie werden – und wurde zu einer der größten Tragödien in der jüngeren Geschichte Südkoreas. In einem Ausgehviertel der Hauptstadt Seoul sterben am Samstagabend mindestens 154 Feiernde im Gedränge.
Untersuchung zur Massenpanik angekündigt – Kritik an den Behörden
Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol hat eine gründliche Untersuchung der Katastrophe angekündigt. Die Polizei erklärte am Montag, sie habe eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um die Ursache für die tödliche Massenpanik zu ermitteln. Dazu habe sie Aufnahmen von Überwachungskameras der Gegend um den Unglücksort beschlagnahmt und Zeugen befragt. 137 Beamte seien am Samstagabend im Einsatz gewesen – deutlich mehr als bei den Halloween-Feiern in der Vergangenheit.
Damit reagierte die Polizei auf Kritik, wonach es durch zu lasche Kontrollen zu dem Unglück gekommen sei. Örtliche Medien berichten allerdings, die meisten Polizisten seien vor allem in der Drogenkontrolle eingesetzt worden und nicht, um die Menschenmenge unter Kontrolle zu halten.
Die Behörden räumten indes ein, nicht damit gerechnet zu haben, dass es aufgrund der vielen Menschen zu „so vielen Opfern“ kommen könnte. Innenminister Lee Sang Min hatte am Samstag gesagt, das Unglück hätte aber vermutlich auch dann nicht vermieden werden können, wenn noch mehr Polizisten und Feuerwehrleute in das Viertel geschickt worden wären.
Massenandrang in Ausgehviertel Itaewon
Lokale Medien berichten von etwa 100.000 Menschen, die sich am Samstagabend im Ausgehviertel Itaewon drängten – viel mehr, als man erwartet hatte. In einer leicht absteigenden Gasse kam es Augenzeugen zufolge dann zu einem extremen Gedränge, bei dem nichts mehr ging.
In Itaewon ist es jedes Jahr extrem voll, aber dieses Jahr war es einfach nur verrückt.
Laut Berichten habe es Gerüchte gegeben, dass ein prominenter Youtuber auf dem Weg zu einem Club in der betroffenen Straße oder dort schon angekommen sei. Dadurch hätten sich noch einmal mehr Menschen auf den Weg dorthin gemacht.
Seoul: „Höllisches Chaos“ bei Halloween-Feiern
Das nicht einmal 100 Meter lange Gässchen, das von Bars und Restaurants gesäumt ist, wurde zur Falle: Zahlreiche Besucher seien zu Boden gestürzt, während andere nachgerückt seien. Hinten hätten sich die Mengen gestaut. Viele der Opfer seien erstickt oder niedergetrampelt worden.
Da es viele Menschen auf dem Hügel gab, drückten Menschen die anderen von oben.
Wegen der Last seien die Menschen gestürzt und dabei erdrückt worden. Augenzeugen sprachen von einem höllischen Chaos, in dem Menschen wie Dominosteine zu Boden gegangen seien. Während Retter um das Leben blutender Verletzter kämpften, hätten andere fröhlich weiter gefeiert, möglicherweise weil ihnen gar nicht klar war, in welcher Gefahr sie schwebten.
Über 150 Tote in Itaewon
Die Behörden haben die Anzahl der Toten inzwischen nach oben korrigiert: In dem Gedränge seien mindestens 154 Menschen gestorben, gab das Innenministerium am Montag bekannt. Bei den meisten Toten handelte es sich um junge Leute bis höchstens Ende 20. 149 Personen seien insgesamt verletzt worden, mehr als 30 davon schwer. Unter den Toten seien 26 Menschen aus dem Ausland, unter anderem aus Österreich, Frankreich, China, dem Iran und den USA, gab die Feuerwehr bekannt.
Über den Schock am Tag nach der Katastrophe in Seoul berichtet ARD-Ostasienkorrespondentin Kathrin Erdmann:

Nachrichten Nach dem Unglück von Seoul: eine Stadt unter Schock
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Kathrin Erdmann berichtet aus dem ARD-Studio Ostasien.
Staatstrauer in Südkorea
Der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol hat am Sonntag eine einwöchige Staatstrauer angeordnet. Er sprach Angehörigen der Opfer sein Beileid aus und wünschte den Verletzten eine rasche Genesung. Yoon wolle dafür sorgen, dass es nie wieder zu solch einem Unfall komme.
Auch mehrere Staats- und Regierungschefs aus dem Ausland kondolierten, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Präsident Joe Biden.
Am Montag weihte Präsident Yoon eine Gedenkstätte für die Opfer ein. Er und seine Frau legten jeweils eine weiße Blume vor einem großen Altar nieder, der im Zentrum Seouls zu Ehren der Opfer errichtet worden war. Anschließend wurde der Gedenkort für die Öffentlichkeit geöffnet. Einige Trauernde versammelten sich unter Tränen an der Gedenkstätte.