Die Untersuchungen, warum die Polizei so lange gewartet hat, laufen noch. Solange es keine Klarheit gibt, sei der Polizeichef nicht mehr im Dienst, hieß von den Behörden.
Der 18-jährige Schütze hatte Ende Mai an einer Grundschule in Uvalde 19 Kinder und zwei Lehrerinnen erschossen. Mit einem Sturmgewehr hatte er sich in einem Klassenraum verschanzt. Erst rund 75 Minuten, nachdem der Schütze das Feuer eröffnet hatte, drangen Einsatzkräfte in den Raum vor und töteten den Täter. Obwohl bereits drei Minuten später mehrere Polizisten mit Gewehren vor Ort waren, wie der Leiter der Sicherheitsbehörde des US-Bundesstaates, Steven McCraw, jetzt bekannt gab.
Verantwortlicher Polizist sagt bisher nichts
Probleme in der Kommunikation waren wohl der Grund für das zögerliche Handeln: Der verantwortliche Polizist hatte kein Funkgerät dabei. Bisher gibt es keine Informationen, wie sich die Beamten im Einsatz mit dem leitenden Ermittler ausgetauscht haben. Er war dafür verantwortlich, den Einsatz mit verschiedenen Teams zu organisieren. Der verantwortliche Polizist selbst hat noch nichts dazu gesagt.
Texanischer Sicherheitsbeamter: „Es war die falsche Entscheidung, Punkt“
Schon kurz nach der Tat hatten die texanischen Behörden Fehler der Polizei eingeräumt. Steven McCraw sagte damals, es sei die „falsche Entscheidung“ gewesen, das Klassenzimmer, in dem der Schütze sich befand, nicht früher zu stürmen.
„Im Nachhinein war es natürlich nicht die richtige Entscheidung“, sagte McCraw. „Es war die falsche Entscheidung, Punkt. Dafür gibt es keine Entschuldigung.“ Die Polizisten hatten das Klassenzimmer, in dem der 18-jährige Angreifer sich am Dienstag verbarrikadiert hatte, erst nach mehr als einer Stunde gestürmt.

McCraw sagte, die Einsatzkräfte seien zwischenzeitlich davon ausgegangen, dass der Angreifer kein „aktiver Schütze“ mehr sei und dass keine weiteren Kinder mehr in Gefahr seien. „Der Einsatzleiter vor Ort dachte zu diesem Zeitpunkt, dass es von einem aktiven Schützen zu einem verbarrikadierten Individuum übergegangen ist.“
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Texanisches SEK brauchte auch nochmal 35 Minuten bis zur Erstürmung
McCraw machte auch detaillierte Angaben zum zeitlichen Ablauf des Schulmassakers: Demnach drang der 18-jährige Angreifer am Dienstag um 11:33 Uhr in die Schule ein und feuerte umgehend „mehr als 100 Schüsse“ ab. Nur zwei Minuten später, um 11:35 Uhr, betraten die ersten drei Polizisten die Schule. Zwei von ihnen wurden leicht verletzt, als der Schütze auf sie feuerte.
In der Folge trafen immer mehr Polizisten ein, um 12:03 Uhr waren bis zu 19 Beamte im Schulflur, wie McCraw sagte. Die ersten Mitglieder eines Sondereinsatzkommandos trafen um 12:15 Uhr ein.
Erst um 12:50 Uhr stürmten die Einsatzkräfte schließlich das Klassenzimmer und erschossen den Angreifer. In der Zwischenzeit hatten Schulkinder aus zwei miteinander verbundenen Klassenzimmern mehrfach den Notruf gewählt.
Eltern der getöteten Kinder flehen Polizisten vor der Schule an
Entsprechend dramatische Szenen spielten sich vor der Schule ab: Schon kurz nach Beginn des Amoklaufs hatten frustrierte Passanten laut Augenzeugenberichten die Sicherheitskräfte aufgefordert, die Schule zu stürmen. „Geht rein! Geht rein!“ hätten Frauen Beamten zugerufen, sagte der 24-jährige Juan Carranza, der das Geschehen von der anderen Straßenseite beobachtete.
Unverständnis äußerte auch Javier Cazares, dessen Tochter Jacklyn bei dem Massaker getötet wurde. Er sei zur Schule gerannt, während der Amoklauf im Gange gewesen sei. Dort angekommen, habe er zwei Beamte vor der Schule gesehen. Fünf weitere hätten Schüler aus dem Gebäude eskortiert.
Doch seien 15 oder 20 Minuten bis zum Eintreffen von Beamten vergangen, die Ausrüstung gehabt hätten, um sich dem Angreifer entgegenzustellen. Cazares sagte, es seien immer mehr Eltern zur Schule gekommen. Er und andere hätten die Polizisten angefleht, etwas zu unternehmen:
Viele von uns stritten mit der Polizei und sagten: Ihr müsst alle da reingehen. Ihr müsst alle eure Jobs machen. Deren Antwort war: Wir können unsere Jobs nicht machen, weil ihr euch einmischt.
Er widersprach der Darstellung der Polizei, dass die Beamten in die Schule gerannt seien.
SWR-Korrespondentin Nina Barth berichtet aus Washington – sie hat mit Eltern und Klassenkameraden der Opfer gesprochen:

Nachrichten Nach dem Attentat in Uvalde - Große Trauer und viele Fragen
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Nach dem Attentat in Uvalde - Große Trauer und viele Fragen
Eine Person aus Ermittlerkreisen sagte dagegen, dass die Spezialeinheiten im Gebäude Probleme gehabt hätten, ins Klassenzimmer einzudringen. Schließlich hätten sie ein Mitglied des Schulpersonals bitten müssen, die Tür per Schlüssel zu öffnen.
Amoklauf an Grundschule in Texas: Täter chattet mit 15-jähriger Deutscher
Einem Medienbericht zufolge soll der Täter kurz vor der Attacke mehrere Nachrichten an eine Jugendliche in Deutschland geschickt haben. Der US-Nachrichtensender CNN berichtete, der Angreifer habe der 15-Jährigen aus Frankfurt geschrieben, er werde das Feuer in einer Grundschule eröffnen. Zuvor habe er laut CNN geschrieben: „Ich habe meiner Großmutter gerade in den Kopf geschossen.“ Die Botschaft über den bevorstehenden Angriff auf eine Grundschule schickte er dem Bericht zufolge wenige Sekunden später.
Die 15-Jährige sagte, sie habe vor zweieinhalb Wochen angefangen, sich mit dem Schützen auszutauschen. Der 18-Jährige habe ihr Videos von sich geschickt und auch angekündigt, sie in Europa besuchen zu wollen. Nach eigenen Angaben sprach die Jugendliche täglich mit dem Angreifer.
Biden: „Ich habe es satt, wir müssen handeln“
US-Präsident Joe Biden reagierte erschüttert auf den Amoklauf an einer Grundschule in Uvalde (Texas). Er forderte erneut, die Waffengesetze zu verschärfen, damit man in den USA nicht mehr so einfach Schusswaffen kaufen kann: „Ich habe es satt, wir müssen handeln.“
Als Nation müssen wir uns fragen, wann in Gottes Namen wir der Waffenlobby die Stirn bieten werden.
Die Vorstellung, dass ein 18-jähriger Junge in ein Waffengeschäft gehen und zwei Sturmgewehre kaufen könne, sei einfach falsch. Biden erwähnte auch, dass solche Amokläufe in anderen Ländern selten vorkämen.
NBA-Trainer kritisiert Waffenlobby in emotionaler Rede
Der Headcoach des NBA-Teams Golden State Warriors hat sich in einer emotionalen Rede an die Senatoren von Texas gewandt. In der Pressekonferenz vor der Playoff-Partie bei den Dallas Mavericks forderte er strengere Waffenkontrollen. Gerichtet waren seine Worte direkt an die 50 Senatoren, die das bisher verhinderten.
Der insgesamt achtmalige NBA-Champion Kerr spricht sich schon länger gegen Waffengewalt aus. Sein Vater war 1984 bei einem Terroranschlag in Beirut im Libanon erschossen worden. Die ganze Rede des Trainers kannst du dir hier anschauen:
Prominente fordern schärfere Waffengesetze in den USA
Der ehemalige US-Präsident Barack Obama sprach den betroffenen Familien auf Twitter sein Beileid aus und kritisierte die oppositionellen Republikaner:
Auch Sängerin Taylor Swift hat genug von der Gewalt durch Schusswaffen in den USA. Auf Twitter teilte sie das Video von Kerrs Pressekonferenz:
Der Schauspieler Matthew McConaughey veröffentlichte ein Statement, in dem er mehr Einsatz gegen Waffengewalt forderte. „Dies ist eine Epidemie, die wir kontrollieren können, und egal auf welcher Seite wir stehen, wir wissen alle, dass wir es besser machen können“, schreibt er darin.