Der demokratische Amtsinhaber Raphael Warnock hat die mit Spannung erwartete Senats-Stichwahl im US-Bundesstaat Georgia gewonnen und damit die Mehrheit der Partei von Präsident Joe Biden im Senat gestärkt. Warnock habe über den von Ex-Präsident Donald Trump unterstützten früheren American-Football-Star Herschel Walker von den Republikanern gesiegt, berichteten die US-Fernsehsender am Dienstagabend (Ortszeit).
„Danke Georgia, wir haben es mal wieder geschafft“, twittert Sentor Waranock nach dem Wahlsieg:
Trump weiter im Sinkflug
Die Stichwahl in Georgia war zwar nicht mehr das Zünglein an der Waage für die Machtverteilung im US-Senat. Trotzdem wurde ihr große Aufmerksamkeit zuteil – unter anderem, weil Walkers Abschneiden als weiteres Indiz für die eher schwachen Chancen von Ex-Amtsinhaber Trump bei dessen bereits verkündeter Bewerbung für die Präsidentschaftswahl 2024 galt.
Zudem hatte die Demokratische Partei von Biden bei den Kongress-Zwischenwahlen am 8. November ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren und ihre Mehrheit im Senat nur hauchdünn verteidigen können. Durch die Wiederwahl Warnocks erhöht sich diese Mehrheit im Senat nun auf 51 zu 49 Sitze, was den Demokraten die parlamentarische Arbeit erleichtert.
Zuvor hatte es 50 zu 50 für die Demokraten gestanden. Im Notfall konnten sie aber auf die zusätzliche Stimme von Vizepräsidentin Kamala Harris zurückgreifen.
Rechte Medien setzen sich von Trump ab
Vor Kurzem hatte sich auch die rechte Presse von Trump distanziert – nach einer jahrelangen engen Freundschaft: Mehrmals wöchentlich sendete beispielsweise Foxnews lange, gefällige Exklusiv-Interviews mit dem damaligen US-Präsidenten; dazu kamen täglich unterstützende Berichte, bei denen Nachricht und Meinung meist brutal vermischt wurden.
Und auch andere Medien des rechten Australiers Rupert Murdoch, wie das Wall Street Journal oder die Boulevard-Zeitung New York Post stießen ins gleiche Horn. Erst als Trump behauptete, ihm sei die Wahl gestohlen worden und tausende Anhänger zum Sturm auf das Kapitol hetzte, gingen die Murdoch-Blätter ganz langsam und vorsichtig auf Distanz. Jetzt ist die Freundschaft endgültig vorbei.
Erschütternde Bilder aus der US-Hauptstadt Sturm aufs US-Kapitol – das geschah in der Krawallnacht von Washington
In der amerikanischen Hauptstadt Washington haben Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Trump das Kapitol gestürmt. Die Polizei brauchte Stunden, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Fünf Menschen starben. Videos aus der Nacht zeigen kaum vorstellbare Szenen.
Wall Street Journal über Trump: „Größter Verlierer der Republikanischen Partei“
So bezeichnete das Wall Street Journal den Rechtspopulisten am Donnerstag in seinem Leitartikel als den „größten Verlierer der Republikanischen Partei“. Trump sei bei Wahlen 2018, 2020, 2021 und 2022 „gefloppt“. Bei den Midterms in dieser Woche hätten von Trump unterstützte republikanische Kandidaten in Bundesstaaten verloren, die „klar“ hätten gewinnen können.
Fox News - lange Zeit Trumps Lieblingssender – fand harsche Worte für den 76-Jährigen und lobte zugleich in den höchsten Tönen Trumps innerparteilichen Rivalen Ron DeSantis, der bei der Gouverneurswahl in Florida mit großem Vorsprung wiedergewählt wurde.
Ron de Santis dürfte Trump als starker Mann ablösen
„Der größte Gewinner der Midterms war ohne Zweifel Gouverneur DeSantis, dessen Erdrutschsieg im Bundesstaat Florida atemberaubend war“, schrieb Fox-News-Kolumnistin Liz Peek. „Der größte Verlierer? Donald Trump.“
Trump, dem auch Teile der Partei das mäßige Abschneiden bei den Midterms anlasten, reagierte tief getroffen: Er sei mit Fox News ohnehin fertig. „Für mich war Fox News immer weg“, schrieb der Ex-Präsident auf seiner Online-Plattform Truth Social.
New York Post spottet über Trumps „tiefen Fall“
Selbst der prominente ultrarechte Fox-Moderator Tucker Carlson macht zwar das republikanische Establishment für den Wahlausgang verantwortlich, sagte aber auch, Trump sei politisch immer ein „zweischneidiges Schwert“ gewesen.
Die ebenfalls zum Murdoch-Konzern gehörende Boulevard-Zeitung New York Post setzte Trump in einer Karikatur auf ihrem Titelblatt auf eine Mauer und bezeichnete ihn als „Trumpty Dumpty“, der einen „tiefen Fall“ erlitten habe – eine Anspielung auf ein bekanntes Kinderlied, in dem eine Figur namens Humpty Dumpty von einer Mauer fällt:
Die Zeitung zitierte dazu einen Experten mit der Einschätzung, zwei Wörter könnten erklären, warum die Republikaner bei den Midterms ein enttäuschendes Ergebnis eingefahren hätten: „Donald Trump“.
Haben die US-Wähler genug von Trumps Wahl-Lüge?
Auch bei den Republikanern nimmt die Debatte Fahrt auf. Die Hoffnungen der Republikaner auf einen deutlichen Wahlsieg bei den Midterms hatten sich am Dienstag zerschlagen: Vor allem Kandidaten, die auf Trumps Lüge von der gestohlenen Wahl gesetzt hatten, wurden von den Wählern abgestraft (mittlerweile ist bekannt, dass nicht mal Trump selbst daran geglaubt hat). Die Konservativen dürften zwar eine Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen. Sie dürfte aber viel knapper ausfallen als erwartet.
Dazu kommt: Trump hat angedeutet, dass er in der kommenden Woche seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2024 verkündet.
Prominente Ex-Trump-Unterstützerin: „Genug ist genug“
Der frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, nennt Trump jetzt eine „Belastung“, die die Chancen der Partei bei den Präsidentschaftswahlen 2024 verschlechtere. „Wir wollen das Weiße Haus gewinnen und wir wissen, dass wir mit Trump viel wahrscheinlicher verlieren werden“, sagte er.
Die Vizegouverneurin von Virginia, Winsome Earle-Sears, einst eine lautstarke Unterstützerin Trumps, sagte, die Wähler hätten am Dienstag "eine sehr deutliche Botschaft" ausgesandt: „Genug ist genug.“ Sie erklärte: „Die Wähler haben gesprochen und sie haben gesagt, dass sie einen anderen Anführer wollen. Und ein echter Anführer versteht, wenn er zur Belastung geworden ist.“