Mitten in dem schrecklichen russischen Einmarsch in die Ukraine, melden sich Menschen aus Russland zu Wort und sprechen gegen die Krieg. So wie der Wissenschaftler und Diplomat Oleg Anisimow: Der soll sich bei einer Schaltkonferenz des Weltklimarats überraschend für den russischen Angriff auf die Ukraine entschuldigt haben.
Wie die Washington Post berichtet, habe der Leiter der russischen Delegation, Oleg Anisimow, nach Angaben von Teilnehmern am Sonntag gesagt: „Lassen sie mich im Namen aller Russen, die diesen Konflikt nicht verhindern konnten, eine Entschuldigung aussprechen.“
Der Klimaforscher fügte demnach bei der Konferenz von 195 Nationen hinzu, dass alle Russen, die wissen, was passiere, keine Rechtfertigung für diesen Angriff finden. Anisimow habe zudem gesagt, er bewundere die ukrainische Delegation dafür, dass sie trotz des Krieges in ihrem Land an den Klimaverhandlungen teilnehme.
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„Wir wollen den Ukraine-Krieg nicht“
Anisimow ist bei Weitem nicht der Einzige: Eine Frau steht in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana inmitten von Demonstranten. Der Schock über den Einmarsch der russischen Soldaten in der Ukraine steht ihr ins Gesicht geschrieben. Sie hält ein Plakat in der Hand: Es zeigt den russischen Präsidenten Putin mit einem blutigen Handabdruck im Gesicht. Darunter steht in dicken, roten Buchstaben das Wort „KILLER“ – ein Wort, für das es keine Erklärung braucht.
Die Frau ist Teil einer Demonstration gegen den Ukraine-Krieg – und sie steht mit ihrem Plakat sinnbildlich für das, was auch viele Menschen in Russland denken: „Wir wollen den Ukraine-Krieg nicht. Putin, hör auf!“
Tausende Wissenschaftler unterschreiben Protest gegen den Krieg
Er scheint nicht der Einzige zu sein: Über 3.000 russische Wissenschaftler sollen ihre Namen in einer Anti-Kriegs-Liste auf der Seite trv-science.ru eingetragen haben.
Dort heißt es unter anderem: „Wir, russische Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten, protestieren in aller Schärfe gegen die von den Streitkräften unseres Landes auf dem Territorium der Ukraine begonnenen Feindseligkeiten. Dieser fatale Schritt führt zu enormen menschlichen Verlusten und untergräbt die Grundlagen des etablierten Systems der internationalen Sicherheit.“

Aber Putin will die Ukraine weiter einnehmen lassen – Hauptsache er zeigt seinem Volk keine Schwäche. Was das Volk will: Zweitrangig. Wenn überhaupt.
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Demos gegen Ukraine-Krieg: Mehrere Tausend Festnahmen in Russland
In den ersten Tagen nach Beginn des Krieges sind in vielen russischen Städten Menschen auf die Straße gegangen, um gegen den Einmarsch der russischen Soldaten zu protestieren. Dabei sollen seit Beginn des Krieges mehrere Tausend Demonstranten festgenommen worden sein, berichten russische Bürgerrechtler.
Das Bürgerrechtsportal Owd-Info hat bis Donnerstagabend allein in 44 Städten in Russland Proteste registriert – obwohl Demonstrationen verboten waren und harte Strafen dafür angekündigt waren.
Direkt vor Putins Haustür – auf dem Puschkin-Platz in Moskau – demonstrierten etwa 1.000 Menschen gegen die Invasion. Sie riefen „Nein zum Krieg!“, denn viele Russen fühlen sich der Ukraine eng verbunden, haben zum Großteil Familie dort. Viele Menschen hatten wegen des russischen Einmarsches in der Ukraine Tränen in den Augen.
Die Flagge der Ukraine geht um die Welt
Nawalny: „Ich bin gegen Krieg“
Einer der bekanntesten Aktivisten gegen den Kreml meldete sich am Donnerstag vor Gericht zu Wort: „Ich bin gegen Krieg“, sagte der im Straflager inhaftierte Putin-Gegner Alexander Nawalny. Ihm drohen in einem neuen Prozess 15 Jahre Haft.
Nawalny sagte, der Angriff auf die Ukraine sei ein Brudermord und verbrecherisch. „Die Kremlbande hat ihn losgetreten, damit sie weiter stehlen kann. Sie töten, um zu klauen“, sagte Nawalny im Gerichtssaal.
Auch die russische Opernsängerin Anna Netrebko ist gegen Putins Krieg: „Ich bin eine Russin und liebe mein Land, aber ich habe viele Freunde in der Ukraine, und der Schmerz und das Leid brechen mir das Herz. Ich möchte, dass dieser Krieg aufhört und die Menschen in Frieden leben können. Das erhoffe ich mir und dafür bete ich“, schrieb sie auf Instagram. Mittlerweile ist der Post auf Instagram aber nicht mehr verfügbar.
Stoppt den Krieg: Tausende Russen appellieren an Putin
Auch andere Menschen in Russland rufen Kremlchef Putin in Petitionen dazu auf, den Krieg in der Ukraine zu beenden. „Wir, russische Ärzte, Krankenschwestern und Sanitäter, sind entschieden gegen kriegerische Handlungen, die von den russischen Streitkräften auf dem Gebiet der Ukraine vollzogen werden“, hieß es in einem Schreiben mit mehr als 300 Unterschriften.
Auch Dutzende russische Hilfsorganisationen veröffentlichten einen offenen Brief an Putin mit der Bitte, den Krieg zu beenden. „Krieg ist eine humanitäre Katastrophe, die Schmerz und Leid vermehrt. (.) Wir halten gewaltsame Methoden zur Lösung politischer Konflikte für unmenschlich und rufen Sie zur Beendigung des Feuers und zum Beginn der Verhandlungen auf.“
Nach Protest gegen Ukraine-Krieg: TV-Mitarbeiterin aus Russland geflohen
So diskutiert die russische Community in SWR3Land über den Krieg in der Ukraine
SWR3-Reporterin Corinne Schwager war mit dem Elch-Bus in Münsingen im Landkreis Reutlingen unterwegs. Sie hat dort russische und russischstämmige Mitbürgerinnen und Mitbürger gefragt, wie sie sich fühlen, wenn sie die Bilder vom Krieg in der Ukraine sehen. Das sagte SWR3-Hörerin Ekaterina Artjuschewskaja:
Ich musste weinen, als ich im Fernsehen gesehen habe, wie die Panzer da rein gefahren sind. Das ist furchtbar.


Highlights anhören So wird der Krieg in der russischen Community in SWR3Land diskutiert
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So wird der Krieg in der russischen Community in SWR3Land diskutiert
Auch die Redaktion der Tagesschau hat mit Menschen mit russischen Wurzeln in Deutschland gesprochen. Die Frage: Was macht der Krieg mit Ihnen?
Russischer Tennisspieler schreibt „Bitte keinen Krieg“ in Kamera
Auch aus dem Sport gibt es immer wieder Aufforderungen an Putin, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Der russische Tennisspieler Andrey Rublev hat beim Tennisturnier in Dubai während eines Spiels „No war please“ – „Bitte keinen Krieg“ – in eine Kamera geschrieben.
Russland verbietet Medien den Begriff „Krieg“
Der Kreml spricht nach wie vor von einer militärischen Operation in der Ukraine und vermeidet das Wort „Krieg“. Auch die Medien in Russland dürfen das Wort nicht benutzen – darauf achtet der Kreml sehr penibel.
In einem großen Gebäude in Moskau, in dem neben russischen Beamten auch viele Diplomaten und Auslandskorrespondenten wohnen, ist seit Tagen das ausländische Fernsehen gekappt. Die Gebäudeverwaltung sagt, dass die Satellitenanlagen ausgefallen seien – stattdessen bietet sie russische Staatssender an.