Es war ein Schock für liberal eingestellte Amerikanerinnen und Amerikaner – darunter US-Präsident Joe Biden: Während der deutsche Bundestag das Werbeverbot für Abtreibungen kippte, hat der Supreme Court am Freitag das seit 1973 landesweit geltende Grundsatzurteil aufgehoben. Es hatte mit der Bezeichnung „Roe v. Wade“ Geschichte geschrieben.
Damit ist es nun den einzelnen Bundesstaaten freigestellt, Abtreibungen zu erlauben, sie einzuschränken oder gänzlich zu verbieten. Mindestens acht konservativ regierte Bundesstaaten haben sofort umfassende Abtreibungsverbote verhängt.
Knapp 20 weitere dürften in Kürze folgen. In Staaten wie etwa Missouri oder Oklahoma drohen Ärzten, die Abtreibungen durchführen, nun lange Gefängnisstrafen. Und das, obwohl eine Bevölkerungsmehrheit für das Recht auf Abtreibung ist.
Green-Day-Sänger will Staatsbürgerschaft aufgeben
Bei einem Konzert in England hat Green-Day-Sänger Billie Joe Armstrong angekündigt: „Ich verzichte auf meine Staatsbürgerschaft“. Er überlege nach Großbritannien zu ziehen. Armstrong sagte, es gebe „einfach zu viel Dummheit“.
Pink streitet sich mit Fans
Die Sängerin Pink hat auf Twitter viele Posts veröffentlicht, um ihrem Ärger Luft zu machen. Sie schrieb unter anderem, dass – falls Menschen gegen Abtreibungen sind – sollten diese nie wieder ihre Musik hören:
Diese Bundesstaaten stehen zum Recht auf Abtreibung
Dagegen haben sich die Gouverneure unter anderem von Kalifornien, Oregon, Washington, Massachusetts, New Jersey und New York zu ihrer liberalen Haltung bezüglich Abtreibungen bekannt. Frauen können nun theoretisch in diese Staaten reisen, um eine Abtreibung durchführen zu lassen – vorausgesetzt, sie können es sich leisten.
Auf den Straßen herrschen frenetischer Jubel auf der einen und unbändiger Zorn auf der anderen Seite. Doch nicht nur die Bürger und die einzelnen Bundesstaaten driften auseinander.
„Für einen kleinen Moment war ich eine Mutter“
Diese Mega-Konzerne wollen Mitarbeiterinnen bei Abtreibungen unterstützen
Jetzt machen auch die großen Konzerne mit: Mehrere große amerikanische Unternehmen bieten ihren Mitarbeiterinnenn an, im Fall eines Schwangerschaftsabbruches mögliche Reisekosten für einen Besuch in einem anderen Bundesstaat zu übernehmen.
Eine Reihe von Konzernen wie etwa Starbucks oder Amazon hatten solche Regelungen angesichts der drohenden Entscheidung des Obersten US-Gerichtshofes bereits zuvor in Aussicht gestellt. Nach der Supreme-Court-Entscheidung kündigten diverse weitere Firmen entsprechende Schritte an. Dazu gehören auch der Unterhaltungsriese Walt Disney, die Bank of America, Uber, H&M, Google und nicht zuletzt der Facebook-Konzern Meta.
Patagonia verspricht Kautionskosten für Demonstranten
Der Outdoor-Spezialist Patagonia sagte am Freitag in einem Beitrag auf dem Online-Portal Linkedin nicht nur Unterstützung bei Reisekosten in andere US-Staaten zu. Das Unternehmen versprach auch, mögliche Kautionskosten zu tragen für Mitarbeiter, „die friedlich für reproduktive Gerechtigkeit“ demonstrierten und festgenommen würden.
Biden stellt Zugang zu Abtreibungspillen sicher
Biden hatte sich bereits am Freitag entsetzt gezeigt und die Entscheidung einen „tragischen Fehler“ genannt. Er kündigte Maßnahmen an, um die Rechte der Frauen zu schützen und zum Beispiel ihre Reisefreiheit zu schützen, wenn sie für eine Abtreibung in einen anderen Bundesstaat reisen müssten.
Biden wies außerdem das Gesundheitsministerium an sicherzustellen, dass der Zugang zu zugelassenen Abtreibungspillen – einschließlich über Telemedizin und des Versands per Post – sichergestellt sei. Insgesamt steht der Präsident der Entscheidung aber relativ machtlos gegenüber.