Wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einschätzt, dann heißt es nicht, dass die gesamt AfD bereits den Stempel „gesichert rechtsextrem“ trägt.
Es heißt aber, dass das BfV davon ausgeht, dass die Partei rechtsextrem ist – und nicht nur einzelne Parteimitglieder. Es ist also noch nicht abschließend gesichert, aber es gibt bereits einige belastende Hinweise.
Und es heißt, dass der Verfassungsschutz die Partei jetzt beobachten darf. Der Verfassungsschutz wollte sich dazu bisher nicht äußern.
Prüffall, Verdachtsfall, gesichert extremistisches Beobachtungsobjekt
Generell unterscheidet der Verfassungsschutz zwischen Prüffall, Verdachtsfall und gesichtert extremistischen Beobachtungsobjekt. Bislang war die Bundes-AfD noch als Prüffall geführt worden, während die AfD-Landesverbände Thüringen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und zuletzt Sachsen bereits als Verdachtsfall galten.
Im März 2020 hatte der Verfassungsschutz den inzwischen aufgelösten „Flügel“ der AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft.
Welche Konsequenzen die Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall auf die kommenden Landtags- und Bundestagswahlen und auf AfD-Parteimitglieder haben könnte, erklärt SWR3-Berlin-Korrespondent Kilian Pfeffer im Interview:

Nachrichten AfD ist Verdachtsfall - Welche Konsequenzen hat das auf Wahlen und Parteimitglieder?
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Was heißt Verfassungsschutz darf AfD „beobachten“?
Der Verfassungsschutz darf mit der jetzigen internen Einstufung der AfD als Verdachtsfall nachrichtendienstliche Mittel einsetzen. Er kann zum Beispiel V-Leute anwerben, also Informanten aus dem Umfeld der Partei. Außerdem kann er Personen observieren und unter Umständen deren Telefongespräche mithören oder deren E-Mail mitlesen.
Aber: Wenn sich die Beobachtung durch den Verfassungsschutz auch auf gewählte Abgeordnete des Bundestages erstrecken soll, gelten besonders hohe Hürden. Das Bundesverfassungsgericht hat 2013 entschieden, dass die Beobachtung eines Abgeordneten durch Behörden einen besonders schweren Eingriff in das freie Mandat darstellt. Das sei nur in Ausnahmefällen zulässig.
Und der Verfassungsschutz hat sich in einem laufenden Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Köln dazu verpflichtet, vorerst auf eine geheimdienstliche Überwachung von Abgeordneten in Bund, Ländern und im Europaparlament zu verzichten. Das gilt auch für Kandidaten bei den Wahlen in diesem Jahr.
Reaktionen aus der AfD zur Einstufung als Verdachtsfall
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel erklärte zu der Entscheidung, der Verfassungsschutz agiere „rein politisch“. Angesichts der bevorstehenden Wahlen in Bund und Ländern sei dies besonders bemerkenswert. Die AfD werde gegen die mutmaßliche Einstufung als Verdachtsfall weiter juristisch vorgehen. Sie sei sich sicher, „dass eine solche Einstufung der AfD vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben wird“.