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Franziska Thees
Franziska Thees (Foto: SWR3)

In den USA haben Videoaufnahmen einer tödlichen Verkehrskontrolle Entsetzen ausgelöst. Sie zeigen, wie ein 29-jähriger Afroamerikaner von fünf ebenfalls schwarzen Polizisten brutal verprügelt wird.

Die Bilder sind nur schwer auszuhalten. Sie zeigen, wie Polizisten einen Mann mit Tränengas und einer Taser-Pistole zu Boden bringen. Ihr Opfer kann zunächst flüchten, die Beamten rennen hinterher.

Der Mann heißt Tyre Nichols und ist Afroamerikaner. Auf den Videos sieht man, dass Nichols ruhig reagiert. Er sagt den Polizisten mehrmals, sie sollen aufhören. Er wolle nur nach Hause, er habe nichts getan. Schließlich gelingt es Nichols, sich loszureißen und zu Fuß zu fliehen.

Polizisten prügeln Nichols fast tot – er stirbt im Krankenhaus

Die Polizisten kriegen ihn wieder zu fassen. Die Videos zeigen weiter über viele Minuten hinweg, wie die fünf Beamten Nichols ungehemmt verprügeln. Mit Fäusten und Schlagstöcken prügeln sie auf Nichols ein und treten gegen seinen Kopf. Tyre Nichols stirbt später im Krankenhaus an seinen Verletzungen.

Polizei gibt Videoaufnahmen frei

Die Polizei von Memphis hatte die Aufnahmen jetzt freigegeben. Die Videos sind etwa eine Stunde lang und stammen aus den Bodycams der Polizisten, außerdem aus einer Überwachungskamera. Zeitweise ist nur der Ton zu hören: Nichols schreit nach seiner Mutter. Passiert ist die schreckliche Tat bereits am 7.Januar.

Triggerwarnung – in diesem Video sind Szenen von der Tat zu sehen:

Protests began Friday night after the release of the video showing Tyre Nichols' confrontation with Memphis police. https://t.co/rLr8RClV3k https://t.co/7n9ER5cJAH

Die fünf Polizisten wurden aus dem Dienst ausgeschlossen, seit Donnerstag sind sie wegen Mordes angeklagt. Die Polizei in Memphis hat die Sonderheit aufgelöst, die für den Tod Nichols' verantwortlich gemacht wird. Alle fünf Polizisten waren Teil der Einheit, berichtet der Sender CNN.

SWR3-Korrespondent Sebastian Hesse berichtet aus den USA:

Logo SWR3 (Foto: SWR, SWR)

Nachrichten Polizei von Memphis veröffentlicht Polizeigewalt-Videos

Dauer

Die Bilder, die zur besten Sendezeit auf allen amerikanischen TV-Kanälen zu sehen waren, sind nur schwer zu ertragen. Sie zeigen über viele Minuten hinweg, wie fünf Polizeibeamte ungehemmt einen Mann verprügeln. Sie dreschen mit einem Schlagstock auf ihn ein. Sie treten auf den am Boden Liegenden ein. Sie richten ihn auf, nur um ihm immer wieder mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. Die Polizei von Memphis hatte die Aufnahmen freigegen: Bilder aus den Bodycams der Polizisten, ein Video aus einer Überwachungskamera. Zu hören ist, wie das 29-jährige Opfer äußerst brutaler Polizeigewalt nach seiner Mutter schreit.
US-Präsident Biden hat gestern mit der Mutter des Opfers, Tyre Nichols, telefoniert. Nichols war am 7. Januar bei einer Verkehrskontrolle angehalten worden, wegen angeblich rücksichtslosen Fahrens. Warum die nächtliche Situation so eskalierte konnte noch nicht vollständig rekonstruiert werden. Tyre Nichols erlag wenige Tage später seinen Verletzungen. Seine Peiniger wurden ni

NBA: „Unnötig verkürztes Leben“

Auch in der amerikanischen Basketball-Liga NBA löste der Tod von Tyre Nichols Entsetzen aus. Vor dem Spiel zwischen Memphis und Minnesota gab es eine Schweigeminute. Die NBA schrieb auf Instagtam: „Die Bilder des unnötig verkürzten Lebens von Tyre Nichols sind entsetzlich.“

Demonstranten in Memphis – der Stadt, in der Nichols starb – blockierten eine Autobahn, einige zogen auch vor das Hauptquartier der Polizei. Polizisten in Schutzausrüstung und mit Schlagstöcken stellten sich ihnen entgegen. Sie hatten mit Ausschreitungen gerechnet, aber es blieb friedlich.

#BREAKING Protests begin in #Memphis in support of Tyre Nichols Live streams of these events will be sourced and reported on #TyreNichols #TyreNicholsVideo #Protest https://t.co/9NygbqtuFr

Parallelen zum Mord an George Floyd: „I can't breathe“

All das ist auch so entsetzlich, weil es an den Tod von George Floyd erinnert. Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai 2020 bei einer Festnahme getötet worden. Der Ex-Polizist Derek presste dem am Boden Liegenden sein Knie über neun Minuten auf den Hals, obwohl dieser mehrmals sagte, dass er keine Luft mehr bekomme („I can't breathe“). Floyd verlor das Bewusstsein und starb wenig später. Passanten dokumentierten den Vorfall mit ihren Handys. Die Beamten hatten Floyd wegen des Verdachts festgenommen, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben.

Die Tötung Floyds löste weltweite Demos der Anti-Rassismus-Bewegung „Black Lives Matter“ aus. Unter dem Motto „I can't breathe“ protestierten die Teilnehmenden gegen Polizeigewalt, Diskriminierung und Rassismus.

Biden ist geschockt und telefoniert mit der Familie des Opfers

Nach der Veröffentlichung der Videos sind in Memphis Menschen gegen Polizeigewalt auf die Straße gegangen, friedlich blockierten sie eine Autobahn. US-Präsident Joe Biden zeigte sich von dem Polizei-Video schockiert. Er telefonierte mit Nichols' Familie und sprach ihnen sein Beileid aus. Die Tat erinnere an die tiefe Angst, das Trauma, den Schmerz und die Erschöpfung, die viele schwarze Amerikaner und Amerikanerinnen jeden Tag verspürten, sagte Biden.

Unsere Quellen

Transparenz ist uns wichtig! Hier sagen wir dir, woher wir unsere Infos haben!

Die dpa ist eine Nachrichtenagentur. Dort arbeiten Journalisten, Kameraleute, Fotografen. Sie sind in Deutschland und weltweit bei wichtigen Ereignissen dabei. Informationen, Bilder und Videos stellen sie anderen zur Verfügung. Das hat den Vorteil, dass Zeitungen, Sender und Online-Portale über Themen berichten können, bei denen sie keine eigenen Leute vor Ort hatten. Weitere Nachrichtenagenturen, mit denen wir arbeiten, sind zum Beispiel Reuters, AFP, AP und SID.

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Franziska Thees (Foto: SWR3)

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