Der Sturz von Thomas Morgenstern
„Das Angst-Level ist von Jahr zu Jahr gestiegen“
Für Morgenstern ist es der insgesamt dritte schwere Sturz in seiner Karriere. Diesmal verletzt er sich schwer am Kopf und an der Lunge. Er muss auf die Intensivstation. „Dass ich noch lebe, ist ein Wunder“, sagt er später in einem Interview. Bei seinem ersten heftigen Sturz im Jahr 2003 ist Morgenstern gerade mal 16. Kurz nach dem Absprung überschlägt es ihn in der Luft, doch er hat Glück und verletzt sich kaum. Auch wenn er das besser wegsteckt, schon da verschiebt sich etwas in ihm: „Das ganze Angst-Level in mir ist danach von Jahr zu Jahr gestiegen.“
Zurück auf die Schanze
Morgenstern arbeitet nach dem Sturz im Jahr 2003 mit einer Psychologin zusammen, redet auch mit seiner Familie über die Angst, die langsam mehr wird: „Meine Mutter war sehr ängstlich, als ich noch aktiv war. Das heißt, alles habe ich ihr nicht erzählen können.“
Der 10. Januar 2014 verändert sein Leben. Nachdem es dem Österreicher nach dem Horrorsturz wieder besser geht und er wieder zu springen beginnt, lähmt ihn die Angst vor einem erneuten Sturz immer häufiger: „Zuerst habe ich auf einer 90-Meter-Schanze geschaut, dass ich damit zurechtkomme. Das war recht einfach. Aber dann, als es Richtung Großschanze ging, da waren schon Angstgefühle, große Angstgefühle schlussendlich da.“ Wenn die Angst die Oberhand gewinnt, fällt es ihm schwer zu atmen, beim Springen ist er müde und extrem fertig:
Sich ständig wieder überwinden müssen, sich mit der Situation auseinandersetzen zu müssen, war anstrengender, wie jedes Kraft- oder Reha-Training, das ich davor hatte.
Die Angst als ständiger Begleiter
Seine Psychologin kann ihm anfangs zwar noch helfen, aber die Angst bekommt der dreimalige Olympiasieger auf Dauer nicht aus seinem Kopf. Im Herbst vor drei Jahren entschließt er sich als Skispringer aufzuhören. Inzwischen hat er das Ganze verarbeitet, sagt er. Normalerweise ist Morgenstern für sein sympathisches, offenes Lachen bekannt, dafür dass er immer so unaufgeregt, geerdet wirkt. Doch wenn er über seine Ängste von damals redet, dann macht das etwas mit ihm: „Ich bin gerade sehr in Gedanken eigentlich, was da vor drei Jahren passiert ist.“