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Pirmin Styrnol

Das Tor des Monats der Sportschau wird 50 Jahre alt. Wir könnten jetzt natürlich auf die schönsten Treffer zurückblicken. Machen wir aber nicht. Wir erinnern uns lieber an die Tore, die nie ausgewählt wurden – aber trotzdem unvergesslich sind.

Tor 1: Tomislav Piplica (Energie Cottbus) – ein Eigentor für die Ewigkeit

April 2002: Wahrscheinlich das berühmteste Eigentor der Bundesliga-Geschichte. Im April 2002 spielt Energie Cottbus zuhause gegen Borussia Mönchengladbach. Die Cottbuser führen mit 3:2 – das würde den vorzeitigen Klassenerhalt bedeuten. Doch dann das: Marcel Witeczek versucht einen Torschuss, der jedoch völlig verunglückt und als Bogenlampe auf das Tor von Cottbus-Keeper Tomislav Piplica fällt. Eigentlich eine leichte Übung für einen Torhüter. Doch der bewegt sich nicht. Später sagt er, dass er gedacht hatte, der Ball würde auf das Tor fallen. Fällt er aber nicht. Stattdessen plumpst er direkt auf seinen Kopf und von dort ins eigene Tor. Kein Tor des Monats – aber ein Treffer für die Ewigkeit.

Tor 2: Stefan Kießling (Bayer 04 Leverkusen) – durchs Außennetz zum Sieg

Oktober 2013: Eigentlich hatte sich Leverkusens Stefan Kießling schon weggedreht, die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und verärgert über die knapp verpasste Chance den Rückweg in die eigene Hälfte angetreten. Dann plötzlich der Pfiff von Schiedsrichter Felix Brych: Tor! Kießling dreht sich verdutzt um und sieht: Der Ball liegt im Netz. Recht ungläubig streckt er die Faust in die Höhe und lässt sich feiern. Der „Treffer“ zählt. Erst in der Zeitlupe wird deutlich, dass der Ball durch ein kleines Loch im Außennetz ins Gehäuse der TSG Hoffenheim gelangte. „Ich habe im ersten Moment gedacht, der Ball geht nicht rein“, erklärte Kießling nach dem Spiel. „Dann kamen alle auf mich zugestürmt und haben mich umarmt“. Er sei überrascht gewesen, dass der Ball im Tor gewesen sein soll. Einen Videobeweis gab es damals noch nicht, das Phantomtor zählt also bis heute. Leverkusen gewann übrigens mit 2:1.

Tor 3: Thomas Helmer (FC Bayern München) – das Phantomtor des Jahrzehnts

April 1994: Wo wir schon bei Phantomtoren sind... Schön blöd, wenn ein Tor zählt, bei dem der Ball durchs Außennetz reinflattert. Noch verrückter, wenn das Spielgerät sogar hinter dem Tor liegt. Passiert im April 1994 beim Spiel FC Bayern München gegen den 1. FC Nürnberg. Nach einer Ecke für Bayern wuselt der Ball durch die Beine von Bayerns Thomas Helmer. Der versucht denselben mit viel Beinarbeit irgendwie an Nürnberg-Keeper Andreas Köpke vorbei über die Linie zu drücken. Das klappt aber nicht. Der Ball trudelt am linken Pfosten vorbei über die Grundlinie ins Aus. Abstoß. Sollte man meinen. Schiedsrichter Hans-Joachim Osmers pfeift Tor – angeblich auf ein Zeichen seines Linienrichters. Bayern gewinnt mit 2:1 doch das Spiel wird später anulliert. Die vermeintliche „zweite Chance“ für Nürnberg geht aber nicht gut aus für die Franken. Das Wiederholungsspiel gewinnt der FC Bayern nämlich mit 5:0. Doppelt dumm gelaufen...

Tor 4: Thomas Remark (SV Waldhof Mannheim) – das geklaute Tor des Monats

Oktober 1985: Wie heißt eigentlich das Gegenteil eines Phantomtors? Wie auch immer es heißen mag - so eins hat Thomas Remark 1985 für den SV Waldhof Mannheim gegen Borussia Mönchengladbach erzielt. Tatsächlich schießt Remark in diesem Spiel drei Tore – zwei davon regulär, sein Drittes wird aber wegen vermeintlichem Abseits abgepfiffen. Durch einen Tippfehler bei der Sportschau landet die Szene aber dummerweise in der Abstimmung zum Tor des Monats. In den Archiven der Sportschau steht nämlich anstatt „Abseitstor“ das Wort „Absatztor“ hinter dem vermeintlichen 2:1. Gladbach-Trainer Jupp Heynckes beschwert sich, erklärt, dass das Tor gegen sein Team doch gar nicht gezählt habe - und so fliegt der Treffer aus der Abstimmung. Doch damit nicht genug: Fast 35 Jahre später wird die Entscheidung von Schiedsrichter-Experte Peter Gagelmann neu analysiert. Der erklärt: Der Abseitspfiff war eine Fehlentscheidung. Das Tor hätte zählen müssen. Die Beteiligten nehmen's mit Humor. Als Entschuldigung erhält Remark im Jahr 2019 eine Sportschau-Tasse von Tor-des-Monats-Erfinder Klaus Schwarze. Remark freut sich: „Die werde ich in Ehren halten.“

Tor 5: Oliver Kahn (FC Bayern München) – zwei Fäuste für ein Halleluja

März 2001: „War ein klares Tor eigentlich“, lacht FC-Bayern-Torwart Oliver Kahn auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. „Ich dachte immer, dass der Torwart im 16-Meter-Raum die Hände benutzen darf..?“ Wo er Recht hat... Dumm nur, wenn der Torwart die Hände im gegnerischen Strafraum benutzt. So geschehen bei der 2:3-Niederlage des FC Bayern München gegen Hansa Rostock im März 2001. Im Kampf um Punkte für die deutsche Meisterschaft eilt Oliver Kahn für die letzten Spielminuten nach vorne, um beim Eckball für Verwirrung zu sorgen. Die Eckballflanke prügelt der „Titan“ dann mit beiden Fäusten unhaltbar ins Tor. Schiedsrichter Markus Merk lässt sich vom Torwarttrikot des Bayern-Keepers aber nicht verwirren und zeigt ihm folgerichtig die gelbe Karte. Blöd nur, dass Kahn bereits zuvor Gelb gesehen hatte. Die Folge: Gelb-Rot und Platzverweis. „Das muss man sich mal vorstellen! Man fliegt vom Platz, nachdem man ein Tor geschossen hat! Phänomenal!“, zeigt sich Oliver Kahn humorvoll. Unnötig zu erwähnen, dass der Treffer selbstverständlich nicht zählt – das Spiel endet 3:2 für Rostock. Der FC Bayern verliert durch die Niederlage zwar erst mal die Tabellenführung, wird am Ende aber trotzdem deutscher Meister.

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Pirmin Styrnol

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