Es waren diesmal nicht nur die drei Kanzlerkandidaten und -Kandidatinnen sondern die Spitzenkandidaten und -Kandidatinnen von CDU, CSU, SPD, Grünen, FDP, AfD und Linke, die im TV-Studio saßen. ARD und ZDF wollten in der letzten großen TV-Debatte vor der Bundestagswahl – die „Schlussrunde“ – Themen ausloten, die noch nicht so sehr im Fokus standen, erklärte Moderator Theo Koll am Anfang der Sendung. Eine Möglichkeit für Unentschlossene, sich nochmal ein Bild zu machen und für die Parteien ebendiese abzuholen. Und so waren es einige Themen, die in den 90 Minuten diskutiert wurden: Von der Finanzpolitik über Mieten, Außenpolitik bis Corona und Klimawandel. Wegen der großen Runde kamen dann auch nicht alle bei jeder Frage zu Wort.
Teilnehmer fordern konsequente Maßnahmen gegen Hasskriminalität
Los ging es allerdings mit einem Thema, das derzeit für Schlagzeilen sorgt, die Bluttat von Idar-Oberstein. Ein Mann soll dort einen jungen Tankstellen-Mitarbeiter erschossen haben – wegen eines Streits ums Masktentragen.
Das ist bei der Bluttat von Idar-Oberstein passiert
Alle Teilnehmer der Runde forderten konsequentere Maßnahmen gegen Hasskriminalität. „Ein klares Stoppschild“, verlangte CSU-Chef Markus Söder. Nur AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel prangerte stattdessen die staatlichen Schutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie an. Annalena Baerbock, die Kanzerkandidatin der Grünen kritisierte, dass es zu lange gedauert habe, bis ein Gericht erst in zweiter Instanz die Entfernung der von Rechtsextremen platzierten „Hängt die Grünen“-Plakate anordnete.
Baerbock, Scholz & Laschet antworten auf eure Fragen – hier Videos anschauen!
Scholz und Söder wollen mehr Geld für die Bundeswehr
Die Ausgaben für die Bundeswehr weiter zu erhöhen, steht für SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz fest. „Ich will gerne zusagen, dass wir im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten auch in den nächsten Jahren weitere Steigerungen des Verteidigungshaushaltes brauchen“, sagte er.
Janine Wissler, die Vorsitzende der Linkspartei, sieht das anders. Ihre Partei wolle nicht weiter aufrüsten.
Auch CSU-Chef Söder verlangte „mehr Geld für die Bundeswehr“. Die deutschen Soldaten müssten alle benötigte Ausrüstung erhalten, zum Beispiel auch bewaffnete Drohnen. Bei der Frage, wie eine künftige Bundesregierung auf den Expansionsdrang Chinas reagieren sollte, warb Weidel für ein „entspanntes Verhältnis mit den Chinesen“ und Baerbock für „eine gemeinsame europäische China-Politik“. Christian Lindner (FDP) betonte: „Wir müssen unsere Interessen und unsere Werte gleichermaßen vertreten.“
Streit beim Thema Mieten
Ein weiteres Thema der Runde waren die steigenden Mietpreise. CDU-Chef Laschet will 1,5 Millionen Neubauten in den nächsten vier Jahren. Dabei soll es sich vor allem um Sozialwohnungen handeln. Grünen-Chefin Baerbock warf der Bundesregierung Versäumnisse vor. Sie will außerdem mehr Mittel für den sozialen Wohnungsbau und in Städten mit angespannten Märkten dafür sorgen, dass Mieten nicht willkürlich weiter erhöht würden.
Die Programme zur Bundestagswahl: Der große Parteivergleich
Linke-Spitzenkandidatin Wissler verlangt einen bundesweiten Mietendeckel und sprach erneut die Möglichkeit von Enteignungen von Wohnbauunternehmen an. Diese Möglichkeit wollte auch Baerbock nicht vollkommen ausschließen – allerdings nur als letztes Mittel. Enteignungen lehnt SPD-Chef Scholz wiederum komplett ab. Er sieht die Lösung in einem Moratorium. Es soll dafür sorgen, das Mieten nicht über die Inflationsrate hinaus erhöht werden können.
Koalitionen – wer kann mit wem?
Wer nach der Bundestagswahl zusammen regieren wird, ist noch komplett offen und es bieten sich zahlreiche Koalitionsmöglichkeiten. Diese waren am Abend immer wieder Thema oder wurden mit Aussagen der Kandidatinnen und Kandidaten bestärkt oder entkräftet. SPD-Kanzlerkandidat Scholz distanzierte sich beispielsweise inhaltlich von der Linkspartei bei Themen wie Verfassungsschutz oder Nato.
Wissler betonte dagegen die programmatische Übereinstimmung von Linken, Grünen und SPD. Unions-Kanzlerkandidat Laschet und CSU-Chef Söder warnten erneut vor einem Linksbündnis.
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FDP streckt Fühler ganz leicht zur SPD aus
FDP-Chef Lindner sagte zu Scholz, ein Ergebnis in den 20er-Prozentzahlen bedeute keinen klaren Regierungsauftrag. Dennoch machte er beim Thema Finanzpolitik einen Schritt auf die SPD zu. Zwar wäre es ein Ausschlusskriterium, die Schuldenbremse aufzuweichen, doch das bedeute nicht, dass man gar keine Schulden mehr machen dürfe. Und auch die Abschaffung des Soli sei kein absolutes Muss. Zugleich betonte er jedoch, inhaltliche Schnittmengen seien in einer Jamaika-Koalition mit Union und Grünen am größten.
Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock wiederum machte keine klare Aussage zugunsten eines grün-roten Bündnisses, sondern warf Union und SPD mangelnde Entschlossenheit in der Klimapolitik vor. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz macht hingegen keinen Hehl daraus, dass die Grünen sein Lieblings-Koalitionspartner seien.