Jetzt also Armin Laschet, Spitzenkandidat von CDU und CSU. Am Montag hatte Annalena Baerbock den Anfang gemacht, am Mittwoch war dann SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zum Interview in den ARD-Popwellen aufgetreten. Baerbock werden angesichts der Umfragewerte praktisch keine Chancen aufs Kanzleramt mehr eingeräumt, Scholz scheint dagegen auf dem aufsteigenden Ast. Und Laschet? Er ist der Mann, der von Scholz erst einmal überholt wurde.
Am Donnerstag stellte auch er sich den Fragen von Ulrich und Zöller. Auch Hörerinnen und Hörern kamen dabei zu Wort. Das ganze Interview gibt es in der Audiothek zum Anhören – und hier zum Anschauen:
Laschet und seine Parteifreunde sind im Kampfmodus
Es war die Gretchenfrage und Ulrich und Zöller stellten sie in mehrfacher Ausführung: Was tut man und wie ist einem zumute, wenn man in den Umfragen immer mehr zurückfällt? „Söder (CSU) hat ja gesagt, er hat keinen Bock auf Opposition“, bemerkt Ulrich. Laschet natürlich auch nicht: „Wir werden kämpfen“, sagt er, klingt dabei aber ein bisschen nachdenklich.
Oder, ähnliche Frage: Wie ist die Stimmung in der Union angesichts der Umfragen? Laschet sagt, er sei gerade in Mönchengladbach gewesen. Die Stimmung: „kampfesmutig“.

Eigentlich mag Laschet alle ganz gern...
Eines muss man Laschet wirklich lassen: Er ist nicht der Mann, der über andere böse ablästert. Konkurrent Scholz? „Kenne ich lange, ein sachlicher Mann.“
Konkurrentin Baerbock? „Auch sie ist unfair behandelt worden. Ich schätze sie ... menschlich.“ Quer- und Antreiber Söder? „Wir telefonieren oft.“ Und: „Söder hat immer Recht, in vielen politischen Thesen, weil wir ja in ähnlichen Parteien sind.“
... nur Rezo nicht so sehr
„Böse“ – zumindest ein kleines bisschen – wird Laschet, als die Rede auf Rezo kommt. Der hat gerade mal wieder mit einem Video die CDU „zerstört“. Hat Laschet sich das Video angeschaut? „Nein.“ Er könne sich nicht alles angucken, was da rumgehe, sagt er.
Er weiß aber, Rezos Thesen seien „wie immer falsch“. Klar, der Lachpatzer nach dem Hochwasser: „Dass der Lacher blöd war, weiß ich selber, dazu brauche ich keinen Rezo, der mir das sagt.“
Rezo interessiere sich nicht mehr für sachliche Infos, findet Laschet. Er sei jetzt Aktivist und wolle halt verhindern, dass die CDU und CSU wiedergewählt würden.
Beispiel Kohle: „Der dreht das jetzt so, als sei ich für die jahrzehntelange Kohlepolitik in Nordrhein-Westfalen zuständig“, sagt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident. Rezo vertrete auch nicht die Jugend, glaubt Laschet zu wissen: „Es ist eine Gruppe.“
Laschet zum Klimaschutz: „Müssen ein klimaneutrales Industrieland werden“
Bei sich selbst wolle er vor allem „das Authentische“ bewahren. Wenn er auf der Straße ein Eis essen oder im Wahlkampf mit Jugendlichen boxen wolle, ja dann mache er das halt.
Und wofür, wird Laschet gefragt, würden die 30 Milliarden Euro Fluthilfe ausgegeben, die sein Land neben Rheinland-Pfalz ja besonders betreffen? Erst einmal unkomplizierte Soforthilfe, sagt Laschet. Dann der Wiederaufbau. Der solle auch dem Klimawandel angepasst sein: Vielleicht würden nicht alle Häuser an der gleichen Stelle wiederaufgebaut. Die Kommunen müssten widerstandsfähig gegen den Regen werden.
Klimaschutz will er, aber dabei Deutschland zukunftsfähig halten und nicht die Industrialisierung rückgängig machen. Zusammengefasst: „Wir müssen ein klimaneutrales Industrieland werden.“ Sonst werde der Stahl – der bald klimaneutral mit Wasserstoff statt mit Kohle hergestellt werden solle – künftig einfach in China statt in Deutschland produziert.
Laschets heiße Eisen: Digitalisierungsministerium, Planungsverfahren
Und unkompliziert soll es werden, wenn Armin Laschet Bundeskanzler wird: Ein Digitalisierungsministerium müsse her. „Im Moment redet da ja jeder mit“ – und die Digitalisierung an den Schulen blieben weiter auf niedrigstem Niveau.
Planungsverfahren gehen ihm, wie vielen, viel zu langsam. Da will er als erstes das Planungsrecht verändern. Womöglich noch vor der Schaffung des Digitalisierungsministeriums. Verbände hätten viel zu viele Möglichkeiten Planverfahren im Nachhinein durch Klagen aufzuhalten.
Laschet zu Afghanistan: „Wir dürfen jetzt nicht aufgeben“
Das Interview mit Laschet beginnt rund zweieinhalb Stunden, nachdem sich am Kabuler Flughafen ein oder mehrere Selbstmordattentäter in der wartenden Menschenmenge in die Luft gesprengt haben. Das Thema Afghanistan wäre auch so schon nicht erfreulich geworden. Die Afghanistan-Politik der Regierung sei ein Desaster, sagt Laschet. Und er bestätigt auf Nachfrage: Ja, er meine diese Regierung, die ihm ja ziemlich nahe steht.
Doch für Laschet lautet das Motto wie im Wahlkampf: „Wir dürfen jetzt nicht aufgeben.“ Man müsse mit den Taliban sprechen, freies Geleit für die Gefährdeten erwirken. Irgendwann werde der Flughafen wieder geöffnet. „Dann sind wir bereit“, sagt er. Und noch eine Forderung hat Laschet:
Wie könne man sich, wie angeblich geschehen, akribisch um den Abtransport von Bier und Wein nach Deutschland kümmern, aber nicht um die Ortskräfte, die ihre Leben für die Bundeswehr riskiert haben, will eine aufgebrachte Hörerin wissen. Laschet gibt ihr Recht. Die hätten das Recht, herausgeholt zu werden.
Er sei auch von Biden enttäuscht und überhaupt von den USA: Den Trump-Plan einfach umzusetzen, die Tradition der Luftbrücke aufzugeben, das habe ihn mitgenommen. Mit Geld und Entzug von Anerkennung, glaubt Laschet, werde man die Taliban unter Druck setzen können. Dass die bereits Hilfe von China und Russland bekommen, hält er für vernachlässigbar. Auch hier also: Kämpfen bis wirklich nichts mehr geht.

Laschet: „Ein Kanzler muss die Leute zusammenführen“
Kämpfen will er auch um den Zusammenhalt der Gesellschaft in einer Zeit spaltender Sozialer Medien und Trump'schen Wahlschlachten. Ein Kanzler müsse die Leute zusammenführen, beim Umweltbewusstsein, beim Kohleausstieg und beim Thema Arm und Reich.
„Wenn Sie die Wahl eventuell, möglicherweise, unter Umständen verlieren, bleiben Sie dann Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen“, fragt ein Hörer süffisant? „Ich tue alles, damit ich gewinne“, verspricht Laschet noch einmal. „Ich gehe mit ganzem Herzen nach Berlin. Es gibt keine Rückfahrkarte.“