Zwei Wochen sind es noch bis zur Bundestagswahl. Zum zweiten Mal trafen sich die drei Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU/CSU), Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne) zum TV-Triell – dieses Mal bei ARD und ZDF.
Hier das zweite TV-Triell nochmals komplett anschauen
Die Ausgangslage – zweites Triell zur Bundestagswahl
Bereits beim ersten Triell vor zwei Wochen lag die SPD in den Umfragen vorn. Daran änderte sich bisher wenig. Die Union hingegen rutschte weiter ab – in einer Umfrage sogar auf 19 Prozent. Inzwischen ging es wieder leicht nach oben. Doch der Abstand zur SPD ist weiterhin deutlich. Bei den Grünen ging es in den Umfragen auch eher nach unten als nach oben. Sie liegen weiter auf Platz drei.
Der heftigste Streit: Laschet und Baerbock attackieren Scholz
Scholz wurde auf die Durchsuchungen angesprochen, die kürzlich im Finanz- und Justizministerium stattgefunden haben. Er erklärte, um was es dabei ging. Und stellt dann klar, das habe nichts mit den Ministerien zu tun. Die hätten alles getan, was notwendig sei, so Scholz.
Danach folgte eine längere Auflistung von Modernisierungen und Erfolgen der Financial Intelligence Unit, die in die Amtszeit von Scholz als Finanzminister fallen. Der SPD-Kanzlerkandidat nannte das abschließend eine „ganz beeindruckenden Leistung“.
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„Schönrednerei“ vs. „falscher Eindruck erweckt“
Nun folgte die Attacke von Laschet. Er warf Scholz „Schönrednerei“ vor. Zudem sei es unangemessen gewesen, wie Scholz als Finanzminister im Zusammenhang mit den Untersuchungen über die Justiz geredet habe. Es folgten weitere Vorwürfe wegen der Wirecard- und Cum-Ex-Skandale.
Es begann ein teils hitziges Streitgespräch mit Laschet. Scholz warf seinem Kontrahenten dabei vor, „Dinge“ zu verdrehen. Laschet würde zudem falsche Behauptungen aufstellen. Scholz schien dabei wichtig, zu erklären, dass nicht gegen das Finanzministerium ermittelt werde. „Diesen falschen Eindruck haben Sie mit Absicht erweckt“, sagte er zu Laschet.
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Auch von Baerbock kam ein Vorwurf in Richtung Scholz wegen des Cum-Ex-Skandals. Ansonsten verwies sie auf das allgemeine Problem der Steuerhinterziehung: 50 Milliarden Euro würden dem Staat jährlich durch Steuerbetrug, Geldwäsche und kriminelle Aktivitäten „durch die Lappen gehen“, so Baerbock. Als konkrete Gegenmaßnahme forderte sie, große Immobiliengeschäfte mit Bargeld zu verbieten.
Zweite Triell: Wo wurden Unterschiede deutlich?
Corona-Politik
Beim Thema Corona-Impfpflicht hatten die drei Kandidaten unterschiedliche Ansichten. Laschet sprach sich dagegen aus – auch eine Impfpflicht in bestimmten Berufsgruppen lehnte er ab. Er verwies auf die kürzlich beschlossene Auskunftspflicht. Scholz sprach sich ebenfalls gegen eine Impfpflicht aus, die Auskunftspflicht in einigen Berufsgruppen hielt er für richtig. Baerbock hingegen sagte, eine Impfpflicht für einzelne Berufsgruppen müsse „angegangen werden“ – als Beispiel nannte sie den Bildungsbereich.
Baerbock kritisiert zudem, dass es in Betrieben keine Testpflicht gebe, anders als in Schulen. Das sei eine Ungleichbehandlung. Scholz erwiderte, eine Test-Möglichkeit sei ausreichend, er sprach sich gegen eine Testpflicht aus.
Bezahlbarer Wohnraum
Unterschiedliche Ansätze gab es auch beim Thema Wohnen und der Frage, wie Menschen mit geringem Einkommen künftig noch ihre Mieten bezahlen sollen. Baerbock forderte eine „Mietpreis-Obergrenze“. Scholz sprach von einem Mieten-Moratorium und erklärte, dass bei Neuvermietungen der Anstieg in etwa auf die Höhe der Inflation begrenzt werden solle. Zusätzlich forderte er, dass pro Jahr 400.000 neue Wohnungen gebaut werden müssten – darunter sollten 100.000 Sozialwohnungen sein. Laschet hingegen sprach sich dafür aus, Investitionen in zusätzliche Wohnungen einfacher zu ermöglichen. Nötig sei „mehr und schnelleres Bauen“. Dazu müsse man zum Beispiel die Bauordnung vereinfachen.
Gesundheitssystem
Auch beim Thema Krankenversicherung gab es Einigkeit bei Scholz und Baerbock. Beide sprachen sich für eine Bürgerversicherung aus, in die alle einzahlen sollten. Scholz nannte das eine „Herzensangelegenheit“. Baerbock kündigte an, dafür zu sorgen, dass Privatversicherte, in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln können. Laschet lehnte eine Bürgerversicherung ab – mit der Begründung, dass eine „Einheitsversicherung“ in Dänemark oder Großbritannien zu einem schlechteren Gesundheitssystem geführt habe.
Rente
Bei der Frage zur Zukunft der Rente wurden drei verschiedene Ansätze deutlich. Scholz sagte, man müsse jungen Leuten eine Garantie geben, dass das Renteneintrittsalter und das Rentenniveau stabil blieben. Zudem müsse man bei der Beschäftigung von Frauen voran kommen. Laschet kritisierte Scholz' Plan als nicht seriös. Man könne Menschen, die heute ins Berufsleben starten, nicht sagen, es werde alles so bleiben. Das Rentensystem müsse weiterentwickelt werden, so Laschet – beispielsweise mit einem Rentenfonds für Neugeborene. Auch die Betriebsrenten müssten gestärkt werden. Baerbock nannte drei Ziele: mehr Fachkräftezuwanderung und damit mehr Beitragszahler, zwölf Euro Mindestlohn und mehr Frauen in Vollzeit durch mehr Ganztagsangebote für Kinder.
Digitalisierung
Beim ersten TV-Triell vor zwei Wochen war kritisiert worden, dass Digitalisierung keine Rolle gespielt habe. Nun befragten die Moderatoren Baerbock, Scholz und Laschet danach und alle drei benannten Fortschritte hier als dringliche Aufgabe der neuen Regierung. „Wir haben viel gemacht, aber es reicht nicht“, sagte Laschet. Er bekräftigte seinen Plan, im Fall einer Kanzlerschaft ein Digitalministerium einzurichten. Baerbock lehnte ein solches Ministerium ab, das Zukunftsthema Digitalisierung müsse in den Aufgabenbereich des Kanzlerinnenamtes, forderte sie. Scholz betonte, dass für die Breitbandinfrastruktur schon viel Geld zur Verfügung gestellt worden sei. „Ich glaube, es liegt schon längst nicht mehr am Geld“, so Scholz.
Klimaschutz
Auch hier zeigten sich unterschiedliche Standpunkte der Kandidaten. Scholz möchte Genehmigungsverfahren beim Thema Windkraftausbau beschleunigen. Laschet hingegen warf Scholz aber auch den Grünen vor, in der vergangen Legislaturperiode solche „Entfesslungen“ blockiert zu haben. Baerbock betonte vor allem einen schnelleren Kohleausstieg, den sie auf das Jahr 2030 vorziehen will. Beiden Parteien warf sie vor, sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben.
Koalitionen nach der Wahl
Bei den Fragen zu möglichen Koalitionen schloss Laschet eine Juniorrolle der Union in einer SPD-geführten Bundesregierung nicht aus. Scholz und Baerbock schlossen erneut eine Koalition mit den Linken nicht aus, formulierten aber indirekt Bedingungen wie das Bekenntnis zur Nato und zur EU.
Was meinten die Zuschauerinnen und Zuschauer zum zweiten Triell?
In Blitzumfragen nach der Sendung wurden Zuschauerinnen und Zuschauer nach ihren Eindrücken befragt. Ergebnis: Scholz wurde als Gewinner des zweiten Triells gesehen. Infratest-Dimap ermittelte für die ARD, dass 41 Prozent Scholz am überzeugendsten fanden, gefolgt von Laschet mit 27 und Baerbock mit 25 Prozent. Laut Forschungsgruppe Wahlen (ZDF) sahen 31 Prozent der Befragten Scholz am glaubwürdigsten an, Baerbock lag mit 25 Prozent hinter ihm, Laschet rangierte mit 22 Prozent auf dem dritten Platz.
Das zweite Triell in neun Zitaten
Ich bin klar in den Grundsätzen. Jeder, der mich kennt, weiß, was er kriegt.
Wenn mein Finanzminister so arbeiten würde wie Sie, hätten wir ein Problem.
Diese Gleichsetzung von AfD mit der Linken halte ich für brandgefährlich.
Herr Maaßen wird sich an den Kurs halten müssen, den ich vorgebe als Parteivorsitzender und, wenn ich das Vertrauen habe, auch als Bundeskanzler.
Sie haben jetzt hier beide in ihrer Vergangenheitsbewältigung der CDU und SPD deutlich gemacht, warum wir beim Klimaschutz da stehen, wo wir derzeit stehen.
Das ist ja ein ganz ganz großes Gerücht.
Es geht nicht um uns, es geht um Sie, es geht um Vertrauen.
Schaffen wir einen echten Aufbruch oder verharren wir im Weiter so?
Deshalb setze ich mich dafür ein, dass in diesem Land wieder mehr Respekt herrscht.
Die Unterschiede zum ersten Triell
Deutlichster Unterschied war sicher, dass Scholz emotionaler wirkte. Besonders als er wegen der Durchsuchung im Finanzministerium angegriffen wurde. Neu waren auch Angriffe von Baerbock gegen Scholz. Im ersten Triell hatte sie vor allem Laschet kritisiert. Der wiederum war ähnlich angriffslustig wie vor zwei Wochen. Insgesamt wirkte das zweite Triell etwas straffer, der Einstieg erfolgte ohne große Vorrede, die Themen wechselten teils recht schnell, auf Einspielfilme wurde verzichtet.
So sehen die beteiligten politischen Lager das TV-Triell
Für CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak war die Sache klar: Parteikollege Laschet habe überzeugt, sagte er der Deutschen Presseagentur.
CSU-Chef Markus Söder rechnet jetzt sogar mit einem Stimmungswechsel zu Gunsten der Union.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hingegen sieht Parteikollegen Scholz vorne. Dem ZDF sagte Klingeil: „Er hat gezeigt, dass er Kanzlerformat hat. Er hat gezeigt, dass er Ideen hat, wie wir das Land jetzt in schwierigen Zeiten voranbringen können.“
Und schließlich sah auch Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner natürlich die eigene Kandidatin vorn: „Annalena Baerbock hat so richtig gezeigt, dass sie für einen Aufbruch, für Erneuerung steht, die beiden anderen Herren für ein 'Weiter so'“, sagte Kellner nach der Sendung. Während Laschet und Scholz sich gegenseitig attackiert hätten, habe Baerbock konkrete Lösungen für Probleme in Deutschland aufgezeigt.
Wie reagiert die Opposition auf das zweite TV-Triell zur Bundestagswahl?
Die Spitzen von FDP, Linken und AfD haben die TV-Debatte der Kanzlerkandidaten als enttäuschend bewertet. Der FDP-Chef Christian Lindner hat getwittert, es sei es vor allem um viel Geld gegangen und wie man es umverteile. Wesentliche Themen wie die Bildung etwa seien nicht zur Sprache gekommen.
Der Linke-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch kritisierte ebenfalls fehlende Themengebiete und nannte neben Kinderarmut gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West. Der AfD-Co-Vorsitzende Tino Chrupalla sagte, die Sorgen der Mittelschicht seien inhaltlich zu kurz gekommen.