Selten mal klappt es, dass ein Tatort so aktuell auf den Punkt landet wie der hier: Hydra spielt im Dortmunder Neonazi-Milieu. Der Kopf der Dortmunder Rechten liegt erschossen in einer Industrieruine und die Witwe ist sich sicher: Das war die linke Jüdin von der Beratungsstelle gegen rechte Gewalt. Und mehr braucht es eigentlich nicht, um die Emotionen richtig hochkochen zu lassen.
Denn das Böse ist so nah...
Die Verdächtigte wittert in Ermittler Kossick einen Nazi, weil er blond ist und blauäugig, die türkischstämmige Kommissarin Nora Dalay wittert in jedem Nazi einen Völkermörder, die Nazis wittern in jedem Polizisten ein linkes Schwein, und ausgerechnet der sonst permanent rumpolternde Dezernatsleiter Peter Faber versucht halbwegs ausgleichend zu wirken, wobei er sich selbst treu bleibt und Sprüche bringt, die auch nicht so recht weiterhelfen.
Stress im Team passt zur Handlung
Was sonst bei jedem Tatort bis zum Erbrechen nerven kann, nämlich die private Situation mit allem Knatsch und allen Kiebigkeiten – hier wird das zur Perfektion in die Handlung eingebaut: die Stimmung im Team droht nicht nur zu kippen, sie kippt von Anfang an, keiner traut keinem mehr, jeder greift jeden an, keiner kann mehr die nötige Distanz zum Fall halten – und dann kommt ziemlich genau zur Hälfte des Films ein kurzer Dialog, der klarmacht, dass die ganze Nummer, die wir derzeit mit Pegida und Co. erleben, sich schon lang angekündigt hat.
Sehenswerter Tatort
Der Fall – und das ist eine Top-Leistung – geht bei allem Privatknatsch und aller politischen Aussage nicht unter, ist spannend, brillant geschrieben und endet ungeahnt. Diesen Tatort sollte man unbedingt gesehen haben: erstklassig arbeitende Schauspieler, eine Top-Story und vier Ermittler, die in all dem Stress langsam zu einem echten Team zusammenwachsen. Der Ruhrpott-Tatort kann was!