Ursprünglich wollten sich am kommenden Samstag (23. September) wieder eritreische Vereine in Stuttgart treffen. Nach den Krawallen am vergangenen Samstag (16. September) wurden Forderungen laut, weitere Eritrea-Veranstaltungen zu verbieten.
Laut der Stadt Stuttgart habe man sich nach intensiven Gesprächen mit dem Verband der eritreischen Vereine in Stuttgart und Umgebung darauf geeinigt, dass die nächste geplante Veranstaltung abgesagt wird. Der Mietvertrag werde aufgelöst. Der eritreische Verband erklärte, er wolle den Sorgen der Bürgerschaft und der Öffentlichkeit Rechnung tragen und Kooperationsbereitschaft zeigen. Gleichzeitig kündigte er an, weiterhin Veranstaltungen in Stuttgart durchführen und künftig wieder Räume bei der Stadt mieten zu wollen. Das Treffen am Samstag sei nur verschoben – „auf unbestimmte Zeit“.
Der Stuttgarter Polizeivizepräsident Carsten Höfler nennt die Auflösung des Mietvertrags ein „starkes Signal in Richtung einer künftigen gewaltfreien politischen Auseinandersetzung zwischen den beiden eritreischstämmigen Konfliktparteien“. Einsatzkräfte würden am Wochenende dennoch besonders aufmerksam sein und man werde „konsequent und niederschwellig bei der Anreise möglicher Störer reagieren“.
Strobl zu Eritrea-Krawallen: „Wütender, gewaltbereiter und bewaffneter Mob“
Am vergangenen Samstag hatte die Polizei eine Veranstaltung von Eritrea-Vereinen in Stuttgart gegen heftig randalierende Demonstranten verteidigt. Gegner der Veranstaltung griffen Teilnehmer und vor allem Polizeibeamte mit Eisenstangen, Pflastersteinen und Holzlatten, in denen Nägel steckten, an. Dabei wurden 31 Polizisten verletzt.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist sich sicher: Ohne den Einsatz der Polizei bei dem Eritrea-Treffen hätte es Tote unter den rivalisierenden Gruppen gegeben. Er sprach am Montag von einem „wütenden, gewaltbereiten und bewaffneten Mob“, gegen den sich die Polizistinnen und Polizisten in einer Unterzahl hätten verteidigen müssen, um die Veranstaltung zu schützen. Der „Gewaltexzess“ sei unerwartet gekommen.
Polizisten berichten von „Steineregen“
In Gesprächen mit Polizisten sei ihm von einem „Steineregen“ berichtet worden, dem die Beamten ausgesetzt gewesen seien. „Eine Kollegin hat von einer Wand von Steinen gesprochen“, sagte Strobl. Er zeigte sich überzeugt, dass es ohne Polizei ein Blutbad gegeben hätte.
Ein inner-eritreischer Konflikt – ausgetragen in Stuttgart
Mehrere Eritrea-Vereine, die mutmaßlich der Regierung in dem ostafrikanischen Land nahestehen, hatten sich mit rund 80 bis 90 Teilnehmern zu einem „Eritrea-Seminar“ versammelt. Zu einem Gegenprotest kamen schon vor der Veranstaltung mehrere Hundert Menschen am Stuttgarter Hauptbahnhof zusammen. Gegner der Veranstaltung hätten dann Teilnehmer und Polizisten angegriffen.
Ausführliche Infos findet ihr auch bei den Kollegen von SWR Aktuell:
Nach Gewaltexzess bei Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart: Polizei ermittelt gegen 228 Tatverdächtige
Stuttgart: 228 Verdächtige festgenommen
Der Innenminister kündigte harte Konsequenzen für die 228 zwischenzeitlich festgenommenen mutmaßlichen Demonstranten an, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. Gegen sie wird unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Bis auf einen waren sie alle bereits am Sonntag wieder auf freiem Fuß.
Eritrea-Veranstaltung nicht genehmigungspflichtig
Nach den Ausschreitungen wurden schnell Rufe nach einem Verbot solcher Events laut. Der Stadt Stuttgart zufolge hätten allerdings keine Gründe für ein Verbot der Veranstaltung vorgelegen. „Versammlungen im geschlossenen Raum sind nicht anmeldepflichtig“, teilte ein Sprecher am späten Samstagabend mit.
Die Demonstration der Oppositionellen sei überraschend gewesen, sagte der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) am Sonntag. Es sei eine Gegenveranstaltung angemeldet gewesen, diese Anmeldung sei aber wieder zurückgenommen worden.
Nopper und der Polizeivizepräsident verwiesen darauf, dass es zuletzt in Stuttgart störungsfreie ähnliche eritreische Veranstaltungen gegeben habe. Deshalb war die Veranstaltung laut Polizei zu Beginn nur mit 20 Beamten abgesichert worden.
BW-Justizministerin Gentges: Eritreische Gewalttäter abschieben
Die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (CDU) will nach den Ausschreitungen von Samstag darauf dringen, dass Gewalttäter leichter nach Eritrea abgeschoben werden können. Zwar sei Eritrea seit 30 Jahren eine Diktatur, in der es schwere Menschenrechtsverletzungen und Folter gebe, sagte Gentges dem SWR. Deshalb bekämen viele Menschen aus dem Land in Deutschland Asyl. Bei schwersten Straftaten müsse man sich aber fragen, ob man nicht den Schutz für entsprechende Straftäter etwas absenke.