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Louis Leßmann
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Mit dem Schlafhormon in Gummibärchen sollen die Kinder schneller einschlafen – und die Eltern mal entspannen. Warum der Trend nicht unbedenklich ist, lest ihr hier.

Es mag verlockend klingen: Ein paar Gummibärchen mit Melatonin für die Kleinen und sowohl Eltern als auch Kinder können endlich mal wieder durchschlafen. Die Tarnung als Süßigkeit scheint die Sache noch einfacher zu machen – ein absoluter Lifehack, finden viele Eltern auf Social Media. In den USA werden die Melatonin-Gummibärchen sogar als Einschlafhilfe für Babys beworben. Videos dazu erzielen Millionen Klicks auf TikTok:

Was bewirkt Melatonin eigentlich?

Melatonin ist ein körpereigenes Hormon mit schlaffördernder Wirkung, die Ausschüttung wird von der Zirbeldrüse im Gehirn reguliert. Wenn wir tagsüber ins Licht schauen, wird die Ausschüttung von Melatonin gestoppt, damit wir fit und aktiv sein können. Wenn es abends dunkel ist, wird wieder Melatonin ausgeschüttet und wir werden müde. Melatonin steuert dadurch unseren Schlafrhythmus. Kinderarzt Ekkehart Paditz bricht es ganz einfach herunter:

Vitamin D kennen alle, das ist das Hormon des Tages. Melatonin ist der Gegenspieler, das ist das Hormon der Nacht.

Das sind die Nebenwirkungen von Melatonin

Nun kann Melatonin heutzutage auch künstlich zugeführt werden, beispielsweise über Sprays, Tabletten oder eben Gummibärchen. Wichtig: Melatonin wird vom Körper komplett wieder abgebaut, macht also nicht süchtig. Diese Nebenwirkungen können trotzdem auftreten, wie Anja Braun aus der SWR-Wissenschaftsredaktion erklärt:

  • Tagesmüdigkeit
  • Kopfschmerzen
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • depressive Stimmung
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Nachrichten Kinderärzte warnen vor Melatonin-Gummibärchen für Kleinkinder

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Kinderärzte warnen vor Melatonin-Gummibärchen für Kleinkinder

Melatonin bei Babys: Was wissen wir darüber?

Paditz berichtet von mehreren Todesfällen von Kleinkindern in den USA, die in zeitlichen Zusammenhang mit Melatonin-Überdosierungen zu stehen scheinen. Ob das die Todesursache war, konnte aber nicht ermittelt werden.

Die Auswirkungen von Melatonin auf Kleinkinder sind noch zu wenig erforscht. Sicher ist laut Kinderarzt Paditz nur, dass der Melatonin-Stoffwechsel langsamer abläuft als bei Erwachsenen. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass der Pubertätseintritt bei Jugendlichen durch längerfristige Einnahme von Melatonin beeinflusst werden kann.

Wann ist es überhaupt sinnvoll, Kindern Melatonin zu geben?

Aufgrund der Unsicherheiten warnt Paditz davor, seinen Kindern einfach Melatonin-Produkte zu geben, ohne das vorher mit einem Arzt abgesprochen zu haben. Sollten Kinder wirklich unter Schlafstörungen leiden, so gebe es Melatonin auf Rezept. „Kinder gehören zum Kinderarzt“, so Paditz. Durch einen Arzt könnten auch andere Ursachen für Schlafprobleme ausgeschlossen werden.

SWR-Wissenschaftsredakteurin Anja Braun erklärt, dass Melatonin in der Medizin bei Kindern und Jugendlichen im Autismusspektrum eingesetzt wird und bei den Betroffenen tatsächlich den Schlaf verbessern kann. Ebenso wird es bei Einschlafstörungen, die in Verbindung mit ADHS stehen, oder auch bei Gehirnerschütterungen eingesetzt – um wieder zurück in den Schlafrhythmus zu finden. Auch hier sollte eine Einnahme ärztlich abgeklärt werden:

Dafür gibt es dann zugelassene Präparate mit eindeutiger Melatonin-Dosierung und die sollten nach ärztlicher Anordnung eingenommen werden. Denn wie empfindlich der menschliche Körper auf Melatonin reagiert, ist individuell unterschiedlich.

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Nachrichten Wo Melatonin Kindern helfen kann

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Wo Melatonin Kindern helfen kann

Statt Melatonin-Produkten: Diese Tipps können Kindern beim Einschlafen helfen

  • Schaut, ob die Schlafzeit dem Schlafbedarf entspricht: Vielleicht ist das Kind noch gar nicht müde.
  • (Selbst gesungene) Schlaflieder haben nachgewiesen eine positive Wirkung auf das Einschlafen.
  • Melatonin, aber auf natürliche Art und Weise durch Abendrituale im Dämmerlicht.

Als häufige Ursache für Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen hat sich zudem die exzessive Handy- und Mediennutzung erwiesen. Durch das Einhalten einer Schlafhygiene erledigten sich die meisten Probleme aber von selbst, so der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V., Jakob Maske.

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