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Max Stokburger
Max Stokburger  (Foto: SWR DASDING)
Louis Leßmann
Profilbild von Louis (Foto: SWR DASDING)

Durch den beschädigten Damm fließt das Wasser des Kachowka-Stausees seit Dienstag ungehindert ab und hat schon viele Ortschaften überschwemmt. Tausende Menschen müssen fliehen.

Der Kachowka-Staudamm liegt am Fluss Dnipro bei Cherson – im russisch besetzten südlichen Teil der Ukraine, nahe der Front. Am Dienstagmorgen kam es zur Katastrophe: Der Staudamm wurde schwer beschädigt. Er ist eingebrochen, das angrenzende Wasserkraftwerk zerstört.

Viele Videos und Bilder auf Twitter zeigen das Ausmaß.

Russland hat offenbar den Staudamm von #Kakhovka im Süden der #Ukraine in weiten Teilen zerstört und damit strömen große Wassermassen aus. ⬇️ Ausmass der Bedrohung und Umweltzerstörung noch nicht klar. Kundig sind hier im Land meine Kolleginnen @AndreaBeer2 @barthreb pic.twitter.com/iqbHD851TP

Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms sind Bewohner in der Region Cherson evakuiert worden. Nach russischen Angaben sind 14 Orte und mehr als 22.000 Menschen von Überflutungen bedroht. Russland und die Ukraine machten sich gegenseitig für die Zerstörungen verantwortlich. pic.twitter.com/yPj0ANWOU5

Zerstörter Kachowka-Staudamm: Starke Überflutungen, tausende Menschen fliehen

Die Wassermassen strömen aus dem Kachowka-Stausee – mit schlimmen Folgen. In dem von Russland teils besetzten Gebiet Cherson ist es zu schweren Überschwemmungen gekommen. Experten glauben, dass die Überflutungen fast 100 Städte und Dörfer erreichen können. Etwa 42.000 Menschen sind nach Angaben der Ukraine im Süden des Landes von Überschwemmungen bedroht.

Auch der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths erklärte vor dem Sicherheitsrat, dass der Dammbruch „schwerwiegende und weitreichende Folgen für Tausende von Menschen in der Südukraine auf beiden Seiten der Frontlinie haben wird, da sie ihre Häuser, Nahrungsmittel, sauberes Wasser und ihre Lebensgrundlage verlieren werden“. Das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe werde erst in den kommenden Tagen sichtbar.

Das Erste sendete am Dienstagabend einen Brennpunkt. Hier Aufnahmen einen Tag nach der Zerstörung des Staudamms:

In den von Russland kontrollierten Regionen leben nach offiziellen Angaben etwa 22.000 Menschen und 16.000 in den ukrainisch kontrollierten Regionen. Beide Seiten versuchen, die Menschen mit Zügen und Bussen aus den gefährlichen Gebieten zu bringen. Am Donnerstagabend (8. Juni) meldeten offizielle Stellen sowohl Russlands als auch der Ukraine, dass die Überschwemmungen mindestens 14 Menschen ihr Leben gekostet haben.

Menschen warten auf einen Evakuierungszug an einem Bahnhof. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/AP | Nina Lyashonok)
Sie müssen ihr Zuhause verlassen: Diese Menschen warten auf einen Evakuierungszug an einem Bahnhof.

ARD-Reporterin Isabel Schayani ist vor Ort. Sie kennt die Gegend und berichtete am Dienstag (6. Juni) um 12 Uhr in der Tagesschau von „sehr viel Sorge, sehr viel Angst, vielleicht auch sowas wie Panik“.

Kachowka-Staudamm: Was sagen Kiew und Moskau?

Aktuell wird vermutet, dass der Damm gesprengt wurde. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht von Terror und macht Russland verantwortlich. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sieht für die „Umweltkatastrophe“ nur einen möglichen Verantwortlichen: Russland.

Mit dem #Kachowka-Damm wird ein Staudamm in der Nähe eines Kernkraftwerks als Kriegswaffe missbraucht und Menschenleben in höchste Gefahr gebracht. Für diese Umweltkatastrophe gibt es nur einen Verantwortlichen: Der verbrecherische Angriffskrieg Russlands auf die #Ukraine. 1/3

Die russische Seite hingegen bestreitet ihre Beteiligung und gibt der Ukraine die Schuld an der Katastrophe. Auch vor dem UN-Sicherheitsrat haben sich Kiew und Moskau gegenseitig die Schuld zugewiesen. Der ukrainische UN-Botschafter Serhij Kislizia sprach am Dienstag bei einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung in New York von einem „Akt des ökologischen und technologischen Terrorismus“. Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja sagte dagegen, dass der Vorfall auf „vorsätzliche Sabotage Kiews“ zurückzuführen und wie ein Kriegsverbrechen einzuordnen sei. Die Angaben beider Seiten konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Britische Geheimdienste gehen davon aus, dass sich die Struktur des Staudamms in den kommenden Tagen verschlechtern könnte, was zu weiteren Überschwemmungen führen würde.

Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 07 June 2023.Find out more about Defence Intelligence's use of language: https://t.co/rwUTq4SxS4🇺🇦 #StandWithUkraine 🇺🇦 pic.twitter.com/13Juyo2ZcR

Hier liegt der Staudamm:

Welche weiteren Folgen könnte der Dammbruch haben?

Auf Twitter gibt es eine Karte, die zeigen soll, welches Ausmaß die Überschwemmung haben könnte. Gepostet hat sie der Politiker Anton Gerashchenko. Er ist Berater des ukrainischen Innenministeriums und erklärt, dass die Simulation schon etwas älter ist – das jetzt aber alles wirklich passieren könnte. Die UN warnen sogar vor einer humanitären Krise für Hunderttausende Menschen auf beiden Seiten der Frontlinie.

The destruction of Kakhovka hydroelectric power plant is a terrible technogenic, ecological and humanitarian catastrophe.The aftermath of destroying the dam of Kakhovka HPP have been modeled previously - they are on the video.The future of Zaporizhzhia nuclear power plant… pic.twitter.com/EQDEeR7e7N

Selenskyj: Kachowka-Staudamm hat keine Auswirkungen auf die Gegenoffensive

Am Dienstag meldete sich Selenskyj mit klaren Worten auf Telegram. Die Zerstörung des Staudamms werde die Ukraine nicht daran hindern, die russische Armee zurückzudrängen. Dazu habe er mit den höchsten Militärs gesprochen, welche ihm versichert hätten, dass die ukrainische Armee in höchstem Maß bereit für die Gegenoffensive sei.

Ist das AKW Saporischschja in Gefahr?

Die Angst vor einer nuklearen Katastrophe im nordöstlich, ebenfalls am Fluss Dnipro, gelegenen AKW Saporischschja ist groß. Sollte der Pegel des Stausees zu niedrig sein, könnte das Wasser laut der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) nicht mehr ins Kraftwerk gepumpt werden. Die IAEA betonte aber auch, dass zunächst keine unmittelbare Gefahr für das AKW bestehe. Denn: Nach Angaben der IAEA hat das Atomkraftwerk noch für mehrere Monate Kühlwasser.

The IAEA is aware of reports of damage at #Ukraine’s Kakhovka dam; IAEA experts at #Zaporizhzhya Nuclear Power Plant are closely monitoring the situation; no immediate nuclear safety risk at plant.#ZNPP

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